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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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und wand sich, aber der Bausch wurde mit eisernem Griff festgehalten. Sie glaubte zu ersticken, ihr schwindelte, es brauste in ihren Ohren …

18
     
    A ls Victoria wieder zu Bewusstsein kam, hatte sie das Gefühl, es sei unendlich viel Zeit verstrichen. Sie versuchte vorsichtig sich aufzusetzen. Sie lag anscheinend auf einem Bett. Ihr Kopf schmerzte und ihr schwindelte. Sie war noch benommen, furchtbar benommen. Sie sank wieder in Schlaf.
    Als sie das nächste Mal erwachte, war ihr Kopf klarer. Es war jetzt Tageslicht und sie konnte ihre Umgebung viel deutlicher erkennen.
    Sie lag in einem kleinen, aber sehr hohen Zimmer, trübselig blaugrau getüncht. Der Fußboden war aus gestampftem Lehm. Die einzigen Möbelstücke im Zimmer waren anscheinend das Bett, auf dem sie unter einer schmutzigen Decke lag, und ein wackeliger Tisch mit einem gesprungenen Waschbecken darauf und einem Blecheimer darunter. Das Zimmer hatte ein Fenster mit einer Art Holzgitter an der Augenseite.
    Victoria wandte ihre Aufmerksamkeit zunächst der Tür zu, die groß und massiv war. Sie war versperrt. Victoria ging zurück und setzte sich auf den Bettrand.
    Wo war sie? Nicht in Bagdad, das war klar. Und was sollte sie jetzt tun? Es fiel ihr nach ein bis zwei Minuten ein, dass die letzte Frage nicht richtig gestellt war. Sie sollte vielmehr lauten: Was würde man mit ihr tun?
    Schritte näherten sich draußen und sie hörte das Knarren eines Riesenschlüssels in einem verrosteten Schloss. Die Tür bebte in ihren Angeln und flog auf. In der Türöffnung erschien ein Araber. Er brachte ein altes Blechtablett mit Speisen. Er schien guter Laune, grinste vergnügt, sagte einige ihr unverständliche Worte auf Arabisch und stellte endlich das Tablett nieder. Er öffnete seinen Mund und deutete mit dem Finger den Hals hinunter, dann entfernte er sich wieder und sperrte die Tür hinter sich zu.
    Victoria näherte sich neugierig dem Tablett. Da stand eine große Schüssel voll Reis, etwas, das wie gerollte Kohlblätter aussah, und ein großer Fladen arabischen Brots. Es war auch ein Krug Wasser da und ein Glas. Victoria stürzte zuerst ein großes Glas Wasser hinunter und machte sich dann über den Reis, das Brot und die Kohlblätter her, die mit einem eigentümlich schmeckenden, gehackten Fleisch gefüllt waren. Als sie alles restlos aufgegessen hatte, fühlte sie sich bedeutend wohler.
    Es folgten ein paar Stunden qualvoller Langeweile.
    Am Abend erschien ihr Kerkermeister wieder und brachte erneut ein Tablett mit Speisen. Diesmal wurde er von zwei Frauen begleitet. Sie waren verschleiert und ganz in Schwarz gekleidet. Sie kamen nicht ins Zimmer, sondern blieben direkt vor der Tür stehen. Victoria ging auf sie zu, aber der arabische Diener trat schnell dazwischen und versperrte ihr den Weg. Er winkte den Frauen zurückzutreten, ging selbst hinaus und versperrte die Tür. Ehe er die Tür abschloss, sagte er mehrmals das Wort: » Bukra – Bukra …«
    Es war ein Wort, das Victoria kannte. Es bedeutete morgen. Sie setzte sich aufs Bett, um zu überlegen. Morgen? Morgen würde irgendjemand kommen oder irgendetwas geschehen. Morgen ging ihre Gefangenschaft vielleicht zu Ende? Morgen ging es vielleicht mit ihr selbst zu Ende? Alles in allem wollte der Gedanke an morgen Victoria nicht recht gefallen. Sie fühlte instinktiv, dass es viel besser wäre, wenn sie sich morgen irgendwo anders befände.
    Aber war das möglich? Zum ersten Mal schenkte sie diesem Problem ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie prüfte zuerst die Tür. Da war nichts zu machen. Das war nicht das Schloss, das man mit einer Haarnadel öffnen konnte – wenn sie überhaupt fähig gewesen wäre, irgendein Schloss mit einer Haarnadel zu öffnen, was sie stark bezweifelte. Blieb das Fenster. Das Holzgitter davor war in den letzten Stadien des Verfalls. Aber selbst, wenn sie genügend von dem verfaulten Holzwerk losbrechen konnte, um sich hindurchzuzwängen, so war dies kaum ohne beträchtlichen Lärm zu bewerkstelligen, der bestimmt die Aufmerksamkeit ihrer Kerkermeister auf sich ziehen würde.
    »Verdammt«, sagte Victoria laut. Sie fluchte äußerst selten, aber hier schien eine Ausnahme angebracht.
    Sie ging zum Tisch und nahm von dem neuen Proviant. Sie musste bei Kräften bleiben. Es gab Reis, einige Orangen und ein paar Stückchen Fleisch in einer hellen Orangensauce. Die Sauce war schmackhaft zubereitet. Sie aß alles auf und trank dann einen Schluck Wasser.
    Als sie den Krug

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