"Sie koennen aber gut Deutsch!"
alte Herkunft komplett hinter dir zu lassen.« Ein Gedanke, der mich und andere häufig vor den Kopf stöÃt: Warum muss ich mein altes Ich komplett aufgeben (und selbst wenn ich das wollte, wie machte ich das?), um mich auch deutsch fühlen zu können? Auch deutsch. Aber das »auch« scheint schon Anspruch zu viel zu sein, durch die Prüfung gefallen, du willst nicht wirklich eine von uns sein, also darfst du auch nicht politisch teilhaben an unserem Land. Wer hat etwas von dieser Haltung? Keiner. Weil das Gefühl, dass manche Menschen hier nicht willkommen sind, so wie sie sind â nämlich mit ihrem fremdländischen, anderen Hintergrund, der sich für manche auch in einem Stück Papier, dem Pass, äuÃert â, sie davon abhält, sich als (aktiver) Teil dieses Landes zu fühlen. Was wir ihnen wiederum in der nächsten Debatte wieder zum Vorwurf machen können. Das Vorurteil übrigens, die Menschen hielten nur deshalb an ihrer »alten« Staatsbürgerschaft fest und wünschten sich die doppelte, weil sie sich ein Hintertürchen offenhalten möchten, um jederzeit in »die Heimat« zurückzukönnen, wird von zahlreichen Studien widerlegt: Laut der Friedrich-Ebert-Stiftung hat nur
jeder siebte Zuwanderer, der die deutsche Staatsbürgerschaft nicht beantragt, obwohl er es theoretisch könnte, tatsächlich Rückwanderungsgedanken.
Die Politik ist in der Pflicht. Sie ist es insbesondere deshalb, weil viele Probleme, mit denen sie, mit denen wir alle jetzt zu kämpfen haben, etwa die erhöhte Kriminalität in so genannten Migrantenvierteln, in denen besonders viele Menschen ohne deutschen Pass leben, einer mangelnden staatlichen Migrationspolitik in den vergangenen, vor allem in den achtziger Jahren zu verdanken ist. Sie ist auch deshalb in der Pflicht, weil die Beispiele, in denen Regierungen Worten Taten folgen lieÃen, in denen sie tatsächliche Prozesse angeschoben haben, zeigen, wie viel sie ausrichten kann. Die Rütli-Schule ist nicht von Zauberhand von einer Terror- zu einer Vorzeigeschule geworden, auch nicht nur durch die Arbeit der Lehrer. Die Lehrer konnten sie deshalb in eine Vorzeigeschule verwandeln, weil die Regierung der Stadt Berlin beschlossen hat, Geld in diese Einrichtung zu stecken, und zwar mehr Geld als in andere Hauptschulen der Stadt. Das sind konkrete Taten, die zu konkreten Erfolgen führen. Keine Taten sind Floskeln und Vorschläge, die entweder im Sande verlaufen, nur für die eine oder andere kurze Schlagzeile sorgen, damit ein anderer Politiker mit einer ebenso theoretischen Floskel darauf reagieren kann, was im Glücksfall (aus der Sicht ebendieses Politikers, nicht aus Sicht der Bürger, um deren Zusammenleben es dabei geht) eine weitere Schlagzeile ergibt. Nicht nur unsinnig, sondern auch hochnotpeinlich sind Vorschläge und Floskeln, die sich widersprechen, obwohl sie aus derselben Richtung kommen: Wenn zum Beispiel die schwarz-gelbe Bundesregierung an einem Tag den Vorschlag zur Diskussion stellt, Arbeitsmigranten die Einwanderung zu erleichtern, um den Fachkräftemangel zu beheben. Und der CSU-Chef Horst
Seehofer am nächsten Tag beim Deutschlandtag der Jungen Union verlauten lässt, Multikulti sei tot. Ebenso wenig hilfreich sind die von allen Seiten strömenden Versprechen, die bestehenden Regelungen würden die Probleme (jeglicher Art) bereinigen, sobald sie konsequenter angewendet würden. Das beste Beispiel hierfür ist der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der wiederholt forderte, die Nichtteilnahme an verpflichtenden Integrations- und Sprachkursen zu sanktionieren, weil das viele Probleme lösen würde, dabei vergessend oder schlicht unterschlagend, dass solche Sanktionen schon längst existieren: Wenn Neuzuwanderer diesen Verpflichtungen nicht nachkommen, wird ihnen die Aufenthaltsgenehmigung entzogen. Wenn Hartz-IV-Empfänger, deren Deutschkenntnisse als unzureichend bewertet werden, aus diesem Grund zu einem Sprachkurs verpflichtet werden, diesen nicht regelmäÃig besuchen, werden ihnen die Sozialleistungen gekürzt oder komplett gestrichen.
Nach der ausführlichen Integrationsdebatte infolge des Werkes von Thilo Sarrazin schlug die FDP vor, alle Vierjährigen (auch die mit einem deutschen Pass) einem Deutsch-Test zu unterziehen, um wiederum diejenigen, die ihn nicht bestehen, zu einem Sprachkurs zu verpflichten. In der
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