"Sie koennen aber gut Deutsch!"
(sonst bräuchtest du ja auch keinen Integrationspreis), ein bisschen Türke bleibst du trotzdem. Aber ein vorzeigbarer! Ein Jahr später ging die Auszeichnung â umstrittenerweise â an den Rapper Bushido, mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Youssef Ferchichi, der nicht zuletzt durch schwulen- und frauenfeindliche Texte wie »Ihr Tunten
werdet vergast« berühmt und reich geworden ist. Was sagt dieser Preis nun aus?
Die Stürme, die die wiederholten und sich inhaltlich wiederholenden Debatten um das Thema Integration auslösen, die Mengen an Stimmen, die sich in diesen zu Wort melden, zeigen der jeweiligen Bundesregierung deutlich, dass es sich hierbei um ein Thema handelt, das die Menschen, die diese Regierung vertritt, bewegt und bei dem sie durchaus Handlungsbedarf sehen. Dennoch haben wir zwar weiterhin eine Bundesbeauftragte für Integration, aber kein entsprechendes Ministerium. Ebenso deutlich wird in diesen Debatten (auch in den im Bundestag geführten) die konkrete Angst der Menschen vor einem zunehmenden Extremismus und Radikalismus in muslimischen Kreisen, die Angst davor, dass Werte »um sich greifen«, also den jeweiligen Kindern und Jugendlichen beigebracht werden, die mit denjenigen, an denen sich das deutsche Bildungssystem orientiert, angeblich wenig gemein haben. Nichtsdestotrotz lassen wir es zu, die religiöse â muslimische â Erziehung komplett Organisationen auÃerhalb unseres Bildungssystems zu überlassen. Organisationen wie beispielsweise Millî GörüÅ, die nachmittags Religionsunterricht für muslimische Schüler anbieten, obwohl sie wegen ihrer antidemokratischen Haltung vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Erst 2010 ist man endlich der Empfehlung des Wissenschaftsrats gefolgt, des wichtigsten Beratungsgremiums von Bund und Ländern in Sachen Hochschulpolitik, bestehend aus Professoren und politischen Vertretern, und hat damit begonnen, Lehrstühle an deutschen Universitäten einzurichten, an denen Imame und islamische Religionslehrer ausgebildet werden. Nachdem man so lange damit gewartet hat und es wohl noch eine Weile dauern wird, bis genug staatlich ausgebildete Religionslehrer für den Islamunterricht an
den Schulen zur Verfügung stehen, könnte man in der Zwischenzeit einen einheitlichen Lehrplan für den islamischen Religionsunterricht erstellen und regelmäÃig die im Moment für den Unterricht zuständigen muslimischen Organisationen vom jeweiligen Schulministerium überprüfen lassen, ob dieser auch eingehalten wird, so wie es beim jüdischen Religionsunterrichts seit Jahren gehandhabt wird. Man könnte als Politiker, wie gesagt, so einiges tun.
Es gibt so viele seit langem bekannte Phänomene, es gibt Probleme, die nicht nur Politikern aller Couleur, sondern auch den Menschen in diesem Lande bewusst sind, es gibt so viele »man könnte â¦Â«. Und so wenig: »Dann tun wir doch â¦Â« »Wir müssen in das Vertrauen zwischen den Menschen investieren«, forderte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière zum Beispiel bei der deutschen Islam-Konferenz im September 2010, ein Satz, den ich â für mich überraschenderweise â hätte unterschreiben können. Hier seien alle gefordert, fuhr er fort, Nachbarn, Vereine, Arbeitgeber, Lehrer, die Kirchen usw., der Staat alleine könne das nicht bewältigen. Und das war es dann. Der Staat in Gestalt seines Innenministers belieà es dabei, die anderen Akteure zu ermahnen und zurechtzuweisen, einen Weg einzuschlagen, den er selbst nicht ging.
Selbstverständlich kann der Staat das geforderte »Vertrauen zwischen den Menschen« nicht per Gesetz verordnen, aber er kann die Weichen hierfür stellen. Der Staat kann und muss MaÃnahmen ergreifen, die (zumindest mehr) Chancengleichheit garantieren. Ein Land, in dem der mögliche schulische und berufliche Erfolg der Menschen nicht zuletzt von ihrer Herkunft, vom Klang ihres Nachnamens abhängt, ein Land, in dem meist diejenigen studieren, deren Eltern schon studiert haben, der Akademikerstatus sozusagen vererbt wird wie die Monarchie, ist ein Land, in dem man von Chancengleichheit,
die einer Demokratie würdig wäre, noch sehr weit entfernt ist. Diese herzustellen, MaÃnahmen zu ergreifen, die diese fördern, ist die Aufgabe eines Staates, zumal wenn er von seinen gesellschaftlichen Akteuren â
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