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"Sie koennen aber gut Deutsch!"

"Sie koennen aber gut Deutsch!"

Titel: "Sie koennen aber gut Deutsch!" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Gorelik
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also?
    Es tut mir leid, ich verstehe es nicht.
    Dass es Menschen gibt – mit fremdländischen Wurzeln, nicht unbedingt mit muslimischem Hintergrund –, die nicht viel oder auch gar nichts dazu beitragen, ein Teil dieses Landes zu sein, es mit zu gestalten, das bezweifelt doch keiner, auch jene nicht, die als naive Multikulti-Verherrlicher dargestellt wurden. Dass Menschen hierherkommen, die andere Werte vertreten, als die, die wir von unseren Eltern und in der Schule eingeimpft bekommen haben, das ist doch unbestritten. Das ist nicht neu, das ist kein Geheimnis, nichts, was »endlich mal gesagt werden muss«. Das ist eine Tatsache, der man ins Auge sehen und für die man Lösungen finden muss.
Lösungen, die darin bestehen können, politische und gesellschaftliche Anreize für jene Menschen zu schaffen, damit sie sich als Teil dieses Landes fühlen wollen, sie an die Hand zu nehmen, ihnen aber auch deutlich zu machen, dass es sich für sie lohnt, sich an Regeln zu halten; dass sie willkommen sind. Die Lösung könnte auch darin bestehen, dass man jene Menschen sie selbst sein lässt, so wie dies in anderen Ländern gang und gäbe ist: Leben und leben lassen. Die Lösung kann sein, einfach einmal auf jene Menschen zuzugehen oder Bereitschaft zu signalisieren, sich auf sie einzulassen, sollten sie einen Schritt auf einen zumachen, sie kennenzulernen. Wie auch immer die Lösungsvorschläge lauten und ihre Umsetzung aussieht, die Probleme anzusprechen ist nichts, was in diesem Land verboten gewesen wäre, nichts, was revolutionär gewesen wäre, es war fast langweilig, weil es so alt war. Vielleicht wären die Nachwirkungen nicht so verheerend, die Begeisterungsrufe nicht so laut und vielstimmig gewesen, wenn man dies einmal deutlich festgestellt hätte: Ja, ihr dürft! Ihr dürft auf Probleme und Missstände hinweisen, ihr dürft eure Ängste äußern, ihr dürft sagen, was euch auf dem Herzen liegt, ohne als Rassisten oder ausländerfeindlich abgestempelt zu werden, das ist erlaubt. Vielleicht hätte man dann beim Erscheinen des Buches nur gegähnt, hätte den Fernseher ausgeschaltet und zum Partner gesagt: »Das habe ich auch schon oft gesagt!« Vielleicht wären die Internetforen zu den Medienberichten zu diesem Thema dann nicht explodiert vor lauter Zustimmung, die sich zunehmend wie Quellen aus der Zeit kurz vor dem nationalsozialistischen Regime las, nur, dass der Begriff »Jude« durch ein neues Hassobjekt ausgetauscht worden war: die Muslime. Vielleicht wären unter den Beifallklatschenden dann nicht so viele gewesen, denen man das nie zugetraut hätte, weil man angenommen hatte, dass
ihnen die Nähe zur politischen Rechten, in die sie sich mit diesem Beifall begaben, doch peinlich sein müsste. Vielleicht hätte es dann auch bei der Münchner Lesung aus dem verheerenden Buch etwas weniger Applaus, dafür mehr kritische Nachfragen, zumindest aber Zwischentöne gegeben anstelle der grenzenlosen Begeisterung seitens des das Literaturhaus besuchenden Bildungsbürgertums. Vielleicht. Man kann es hoffen, weil es sich dann mit diesen Phänomen leichter leben ließe.
    Woraus bestand er, der fruchtbare Boden, auf den Sarrazins Worte fielen?
    Aus Erlebnissen wie diesen, an die ich in der Zeit der heftigen Debatte immer wieder habe denken müssen: Die Bekannte einer Freundin, mit der ich mich bei einer Feier über Geburtskliniken unterhielt (weil wir beide so offensichtlich schwanger waren), ließ in einem Nebensatz fallen: »Also wichtig ist für mich auch, dass ich ein Einzelzimmer bekomme, nicht, dass ich das Zimmer mit einer türkischen Mama teilen muss, die ihr fünftes Kind zur Welt bringt und rund um die Uhr Besuch von ihrer kreischenden Großfamilie hat.« Und dann angesichts meines nicht zu übersehenden schockierten Blickes und bevor ich auch nur die Chance hatte, mit Statistiken zu kontern, wie zum Beispiel der Studie der Universität Konstanz, laut der die Geburtenrate der Migrantinnen sich der deutscher Frauen angleicht, stellte sie beschwichtigend richtig: »Ich bin ja nicht ausländerfeindlich oder so.« War das der fruchtbare Boden? Aus der Fremdenfeindlichkeit ist irgendwie eine Muslimophobie geworden.
    Und was erreichte man mit der Debatte, mit dem Beifall, mit dem »Endlich« und dem angeblichen Tabubruch? Wurde denn auch nur ein wenig konkret über die

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