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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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löse meinen Gurt und krieche nach hinten durch. Das Gewehrfeuer durchlöchert das Heck, wird aber leiser und leiser, während wir davonfahren.
    »Wo soll ich hin?«, schreit Renny und kurvt wild über den Parkplatz.
    »Scheiße, irgendwohin, egal, bring uns einfach raus hier!«
    Ich wälze Ted auf den Rücken und sehe, dass seine Schulter rapide dunkel wird, dort wo sein Sweatshirt das Blut seiner Wunde aufsaugt. Ich stoße Dapper weg, der jault und versucht, seine Nase unter meinem Arm durchzubohren. »Scheiße«, stammle ich, »Scheiße, Scheiße, Renny, er ist getroffen!«
    »Halt durch!«
    Ich nehme Ted um die Schultern und drücke ihn fest an mich. Der Cavalier trifft auf einen hohen Kantstein und schleudert nach rechts und links, die Kofferraumhaube springt beim Aufprall auf. Ted zittert und heult vor Schmerz in meinen Nacken. Ich spüre die Nässe seines Blutes auf meinen Händen, während ich versuche, ihn ruhig zu halten. Ich bin nicht qualifiziert, so was zu regeln. Alles, was ich über die Behandlung von Wunden weiß, stammt aus schlechten Fernsehfilmen, und mir ist klar, dass wir damit nicht weit kommen. Ich ziehe mein Shirt aus, balle es zusammen und presse es auf seine Schulter.
    »Gahh, Scheiße, was machst du?«, keucht er.
    »Einen Druckverband! Ich mache einen Druckverband, okay?«
    »Okay.«
    Renny fährt wie eine Wahnsinnige, lenkt und tritt dabei das Gaspedal durch. Ich befürchte, die nächste Schwelle wird Ted, Dapper und mich durch die Luft fliegen lassen wie ein paar besoffene Astronauten. Ted scheint sich beruhigt zu haben. Entweder das oder er wird gerade ohnmächtig.
    »Ich glaube, wir sind raus«, sagt sie völlig außer Atem. Auf jeden Fall gibt es weniger Stöße. Immer noch das Shirt auf die Wunde gedrückt, hebe ich meinen Kopf, um aus dem Fenster zu sehen. Wir fahren unterhalb der Interstate 80, die enormen Betontrassen auf beiden Seiten werden zu Strahlen, während wir über das Gras rasen. Ich halte Ted fest, als Renny durch einen Maschendrahtzaun kracht und dann auf einen flachen Damm fährt. Durch die neblige Dunkelheit kann ich vor uns, gegenüber der Straße, eine Gruppe flacher Gebäude ausmachen. Wir sind eine Schleife gefahren, haben das Einkaufscenter hinter uns gelassen, nur um auf dem nächsten Parkplatz mit einer Ladenreihe anzukommen.
    »Renny«, sage ich und beobachte ein Muster aus Lichtern, die auf uns zuschwanken – ein paar Taschenlampen darunter und etliche waschechte Fackeln. »Renny, da kommt jemand.«
    Sie dreht sich im Fahrersitz um, und wir betrachten die Flammen, die näher und näher kommen. Langsam kurbele ich das Fenster herunter und ziehe die Pistole aus meinem Hosenbund. Ich ziele auf das nächste Licht. Die Fackeln schwenken vor und zurück, als ob sie einem Flugzeug winken wollten.
    »Ihr kommt am besten in friedlicher Absicht«, rufe ich und klopfe mit dem Knauf der Waffe auf den Rand der Scheibe. Dapper quetscht seine Nase an das Glas und sieht argwöhnisch zu, wie die Fremden sich nähern.
    »Freunde«, sagt eine kräftige Frau mit lockigem rotem Haar. »Nicht schießen, nicht schießen. Wir haben die Schüsse gehört. Seid ihr in Ordnung?«
    »Nein«, sage ich und richte die Waffe auf ihr Gesicht. »Einer von uns ist verwundet.«
    »Ihr habt von uns nichts zu befürchten«, sagt sie und hebt die Hände, der Taschenlampenstrahl verschwindet in der Dunkelheit. »Ich nehme an, ihr seid der Landwehr begegnet.«
    »Wem?«
    »Der Landwehr. Sie sind die Miliz in dieser Gegend«, sagt sie und senkt die Hände wieder. »Sehen Sie, ich kann Ihnen das alles erklären, aber bitte nehmen Sie die Waffe runter, wir werden Ihnen nichts tun.«
    »Tu es, Allison«, sagt Renny und schaltet den Motor aus.
    »Nein, nein«, ruft die Frau, »starten Sie den Wagen wieder, folgen Sie uns zurück zum Lager.«
    Ich senke die Pistole, und Renny manövriert uns nach rechts, folgt langsam der Gruppe vor uns. Sie führen uns etwa hundert Meter weiter zu einem Lager aus selbstgemachten Zelten zwischen einem Betonpfeiler und einem schäbigen, von Einschüssen zersiebten Ziegelbau. Er sieht aus wie ein Wartungsschuppen. Ein Stück weiter stehen noch andere Gebäude – eine riesige Tankstelle und etwas, was mal ein Starbucks gewesen sein könnte. Feuer hat die meisten Formen zerstört, die Gebäude verkohlt und gesichtslos hinterlassen.
    »Sollen wir aussteigen?«, frage ich. Renny starrt mich an, ihre Augen glühen fast, als sie auf Ted blickt, der zusammengekrümmt hinten

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