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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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anzustellen. Einen Wagen zu finden, der a) läuft und b) betankt und mit Schlüsseln ausgestattet ist, war ein Abenteuer von solchen Dimensionen, das Odysseus in lautes Gelächter hätte ausbrechen lassen. Wir haben an die drei Dutzend Autos probiert, bevor wir den Cavalier entdeckten, der vor einem äthiopischen Restaurant am Bordstein stand. Die Schlüssel lagen neben der offenen Fahrertür am Boden.
    Beim Fahren wechseln wir uns ab, allerdings will Ted nicht auf der Beifahrerseite sitzen. Dort befindet sich ein mysteriöser Fleck auf der schiefergrauen Polsterung. Ich versuche, nicht über die Fäulnis nachzudenken, die vielleicht direkt unter meinem Hintern stattgefunden hat.
    Dapper liegt auf der Rückbank eingerollt neben Ted, sein pelziges Kinn ruht auf Teds Oberschenkel. Den Hund schert es wenig, mit wem von uns er gerade kuschelt – kein Mensch ist sicher vor dieser durchdringenden Köterliebe.
    Die Straße nach Iowa City, die Route 88 runter, bewältigen wir in langen Abschnitten schweigend, unterbrochen von kurzen Ausbrüchen heftiger Konversation. Renny fährt, als seien uns Dämonen auf den Fersen, vielleicht sind sie das ja auch. Ich mag es, wenn sie hinterm Steuer sitzt, sie fährt aggressiv, ohne dumm zu sein. An einer Stelle bei Davenport mäht sie eine Reihe versprengter Dümpler nieder, die auf die Straße geraten sind. Sie erwischt sie genau auf Kniehöhe. Der Anblick, wie sie durch die Luft sausen, wie Arme und Lungen durch die Gegend fliegen, während sie Saltos in den Graben machen, ist wahrlich atemberaubend.
    »Deine Selbstbeherrschung ist bewundernswert«, sage ich benommen zu ihr.
    »Wenn wir vor Weihnachten in Colorado sein wollen, lässt du mich besser fahren, wie ich fahren will.«
    »Ich nehme an, das ist eine neuere Angewohnheit? Oder hast du in deinem früheren Leben auch Fußgänger zermanscht?«
    »Fußgänger? Du spinnst ja wohl. Diese Dinger sind keine Fußgänger . Die haben ein Ziel im Kopf, sie haben Gehirne . Waren diese Scheißdinger vielleicht auf dem Weg zur Apotheke, um sich Tylenol zu besorgen?«
    »Ich achte auf den Punktestand«, sagt Ted und gackert von der Rückbank. Er nimmt seine verbogene Brille ab und haucht auf die Gläser, betrachtet sie genau, bevor er mit dem T-Shirt den Nebel wegwischt. »Jeder zehn Punkte.«
    Renny sieht mich an, aber ich schweige. Ich habe ja auch meinen Anteil an Dümplern niedergemacht, aber es scheint mir doch ein bisschen unmenschlich, sie als Bowlingkegel zu benutzen. In einem Auto zu sitzen, verursacht ein befremdliches Gefühl, die Illusion, wieder normal zu sein. Schon kommen all diese normalen, vertrackten Prinzipien wie Moral wieder angekrochen, unter welchen Felsen sie sich auch immer versteckt hatten. Die Untoten da draußen sehen so verletzlich aus, wie sie auf ihren verstümmelten Beinen auf uns zutorkeln, als hätten sie eine Chance. Keine Ahnung, warum mich das kümmert, aber das tut es, und ich schließe jedes Mal die Augen, wenn Renny wieder auf einen zuhält.
    Hinter Davenport wird die Angelegenheit wieder langweilig, und wir erzählen uns Halloweengeschichten.
    »Evan und Mikey waren so aufgeregt. Ich hoffe, Ned hat es geschafft, ihnen Kostüme zu machen«, sage ich.
    »Woraus denn?«, fragte Ted. »Gras und Tesa?«
    »Woher soll ich das wissen, Idiot? Benutz deine Fantasie. Bei der nächsten Pinkelpause bastele ich Dapper ein Elchkostüm«, sage ich und greife hinter mich, um dem Hund die Ohren zu rubbeln. Er kommt kurz hoch, leckt erst meine Hand und dann Teds Hosen. »Würde dir das gefallen, Junge? Du bist ein großer, mächtiger Elch, nicht wahr?«
    »Ich bin mal als Fernseher gegangen«, sagt Renny. »Ich habe ein Gymnastiktrikot angezogen, und mein Vater hat ein Loch in einen Karton geschnitten und zwei Hasenohren drangeklebt. Wir landeten damit einen Hit in unserem Haus. Oh, und einmal haben wir die Praktikanten im Büro losgeschickt, bei den anderen Firmen im Gebäude ›Süßes oder Saures‹ zu spielen. Wir verkleideten sie als Hasen, Kürbisse und Geister und schickten sie los, Süßigkeiten für uns zu organisieren. ›Müssen wir das machen?‹, fragte einer. Gott, was für eine Heulsuse, und ich sagte, ›wenn du deinen Job behalten willst, machst du es‹. Also sind sie losgezogen, brachten aber nichts Süßes mit. Keiner hatte geahnt, dass ›Süßes oder Saures‹ auf sie zukommen würde, und so brachten sie Red Bull , Hustenbonbons und Pfefferminzbonbonsmit!«
    Renny war in der Werbung. Es gibt noch

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