Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
ist da Phil Horst. Einer jener Typen, die auf gediegene Hausmannskost stehen, ein unglaublich bodenständiger Kerl. Er ist nicht einfach nur Geschäftsführer, oh nein, er ist Einzelhändler mit Leib und Seele. Die meisten von uns hier arbeiten, ohne zu murren, und erledigen ihre untergeordneten Aufgaben kompetent. Doch Phil ist der Einzige, der das Ganze regelrecht zu genießen scheint. Er liebt diesen Laden. Sein Enthusiasmus für geistlose Schmöker und Bestseller kennt keine Grenzen. Er verschlingt alles, was man ihm vorsetzt, und kann es gar nicht erwarten, Leseproben zu verteilen.
Phil, Philsky, ist ein massiger Kerl, groß und solide, aber weder besonders schnell noch beweglich. Denkt mal an den typischen Kapitän einer Baseballmannschaft. Stellt ihn euch dann rund fünfzehn Jahre älter vor, inzwischen Vater, in die Breite gegangen von einer ständigen Diät aus Cheeseburgern und Cola. Und nun malt euch aus, er sei überzeugt, der liebenswerte Papa Bär zu sein und der beste Kumpel von jedem, der für ihn arbeitet. Dann habt ihr unseren Phil.
Er hat die Angewohnheit, sich die Hosen am Gürtel hochzuziehen und dann den Bund unter seinen Bauch zu schütteln, während er sich in die Höhe reckt wie ein Grizzly, der sich zum Angriff aufrichtet. In erster Linie tut er das, wenn er mit einer unangenehmen Forderung oder einem ungemütlichen Kunden konfrontiert wird.
Phil ist unser pummeliger Vorredner in Sachen mittelständische Lebensart. Die Sorte Mann, die beharrlich jedes Wochenende im Ausflüglerstau steckt. Ein Typ, der gerne ›klaro‹ sagt und ›gutsky‹ statt gut. Das trug ihm seinen heimlichen Spitznamen Philsky ein.
Manchmal habe ich das deutliche Gefühl, dass er und ich nicht dieselbe Sprache sprechen. Unterweise mich in deinen Bräuchen und Traditionen, großer Philsky, weih mich ein in die Geheimnisse der lokalen Bierkultur.
Ob ihr’s glaubt oder nicht, dieser Mann hat Philosophie im Hauptfach studiert.
Es ist doch beruhigend, dass der gesamte Führungsstab von Brooks & Peabody noch lebt, falls sich die Dinge je wieder normalisieren. Denn die beiden Abteilungsleiter sind auch hier. Sie verbringen die meiste Zeit gemeinsam über einer Ausgabe von Newsweek, die wir alle schon mehrfach durchgelesen haben. Diesen beiden fiel es nicht schwer, sich auf unsere bizarre Ernährungsweise aus Junkfood und Diätlimonade umzustellen. Sie kennen es nämlich nicht anders.
Janette dürfte wohl meine Lieblingskollegin sein. Sie ist entspannt, schwimmt mit dem Strom, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie und der andere Abteilungsleiter, Matt, sind ein Herz und eine Seele und die einzigen Angestellten hier, die sich tatsächlich außerhalb der Arbeit treffen. Zwar sind beide verheiratet, aber ich habe seit jeher den leisen Verdacht, dass sie andernfalls längst ein Paar geworden wären. Sie dünsten diese Mischung aus, dieses »Oh Mann, du nervst – los, nimm mich«, das so viele ungleiche Pärchen verströmen wie ein peinliches, unbeholfen sexuell aufgeladenes Moschusparfüm.
Matt ist unser beinharter Snob, wenn es um Bücher geht. Komischerweise hat er nie bemerkt, dass Expertentum in nur einer einzigen Literatursparte für solch eine Position denkbar ungeeignet ist. Er hat sich selbst für diese Rolle nominiert und gewählt, und keiner von uns besitzt genügend Energie oder Ausdauer, sich mit ihm anzulegen. Niemals demonstriert er offene Verachtung für den Buchgeschmack anderer Leute. Allerdings arbeitet da diese Sehne an seinem Kinn und zeigt, dass er dich für einen Proleten hält und er insgeheim auf jedes Buch spucken möchte, das du erwähnst.
Weder Matt noch Janette sind besonders aus der Form geraten, aber ich vermute, dass sie die meisten ihrer Abenteuer in der Sicherheit ihres Geistes erleben. Ich weiß nicht, ob zu Janettes teuren Outfits auch ein paar japanische Langschwerter gehören, aber falls ja, könnten wir die jetzt gut brauchen.
Holly und Ted sind auch hier, aber sie gehören nicht zum Personal. Sie hängen so oft im Laden herum, dass sogar ich sie auf Anhieb erkenne. Ich habe ihnen oft genug Lesestoff bestellt, sodass mir ihre Namen geläufig sind und ich weiß, was sie gern lesen, aber ansonsten sind wir Fremde. Holly ist ein kleiner Rotschopf, ein stilles Mäuschen mit einem Tattoo aus kleinen Sternchen auf ihrem Handrücken. Sie sieht aus wie viele Mädchen, mit denen ich aufgewachsen bin, die braven Mädels von nebenan. Auch wenn Holly sich eindeutig in der
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