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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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verpfuscht. Nur wenige Schritte vor dem Baum trete ich auf einen Zweig. Zacks Kopf schnellt hoch und herum. Die Kisten fallen ihm aus den Armen, sobald er uns sieht, und er rennt davon. Jeder Sinn für Tarnung ist verschwunden. Ted und ich jagen hinterher, verleiben uns die Meter ein, verkleinern den Abstand, bis Ted mit einem Sprung aus dem Lauf Zack in die Füße tritt. Seine Beine verheddern sich, er strauchelt, rollt vorwärts, ein paar Drehungen auf dem Boden, bevor er versucht, wieder hochzukommen und weiterzurennen. Aber es ist zu spät. Wir haben ihn.
    Ted stoppt ihn mit einem vorsorglichen Schlag in die Rippen. Vor unseren Füßen bricht Zack zusammen, keucht und hält abwehrend die Arme hoch. Er starrt zu uns hoch, seine Augen flackern vor Schrecken. Er sieht die Dinge jetzt klarer, erkennt, wer wir sind und wozu wir bereit sind.
    »Bitte!«, schreit er und versucht, von uns wegzukriechen. Schnell und hart tritt Ted ihm aufs Knie, um ihn zu bremsen. »Gott! Nicht! Ich mache, was immer ihr wollt, nehmt das Essen! Nehmt es, Himmel – es tut mir leid, okay? Es tut mir so leid.«
    »Nein, das tut es nicht. Noch nicht.«
    Sein rechter Fuß wird am Gelenk abgetrennt. Das braucht nur einen Streich mit der Axt. Da ist so viel Blut, mehr als ich erwartet habe, und es rauscht in spritzenden Schüben, schwer gepumpt von seinem rasenden Herzen. Er kann kaum schreien, aber er fängt an zu schnattern, spinnt irgendeinen Unsinn zusammen, während er versucht, aus unserer Reichweite zu kriechen. Wir lassen ihn ein paar Zentimeter vorwärtskommen und beobachten, wie er sich windet wie ein Hundertfüßler, der den Schwanz verloren hat.
    »Es hat sich herausgestellt, dass du ein Star bist, Zack, oder Jack, wie war das? Wir haben alles über dich im Radio gehört, darüber, wie du die Universität bestohlen hast, eine Hilfsstation «, sage ich und hole zu ihm auf. Es gibt nichts mehr, was er tun könnte, kein Platz zu fliehen. »Was, Scheiße noch mal, stimmt mit dir nicht? Wir stecken alle zusammen drin, du Scheißkerl .« Ich unterstreiche das letzte Wort mit dem Abtrennen seines anderen Fußes. Ich sehe, dass er drauf und dran ist, ohnmächtig zu werden, und senke die Axt. Ted tippt ihm mit dem Ende seines Baseballschlägers auf die Wange.
    »Wir verlassen dich jetzt, Zack. Ich hoffe, dass du dich an mein Gesicht erinnerst, wenn sie dich holen kommen.«
    Ted und ich wenden uns ab. Wir gehen schweigend, erfüllt von einem tiefen Ekel für das, was ich gerade eben getan habe. Aber sosehr ich mich bemühe, ich empfinde keine Reue. Ich höre Zack stammeln: »Bitte, bitte«, wieder und wieder, während er im hohen toten Gras liegt.
    Wir sind noch keine sechs Meter weit gekommen, als wir unseren fundamentalen Fehler bemerken. Erst langsam fange ich an zu begreifen, wie diese Dinger ticken. Frisches Blut scheint offensichtlich eine Wirkung zu haben, als würde man laut die Kirchenglocken läuten. Der Geruch von Zacks Leiden ruft sie zusammen, zieht sie an wie ein Magnet, treibt sie aus ihren Verstecken. Dagegen war die Feuerschlacht im Apartment wie ein Ausflug zum Eisessen. Jetzt kommen sie in riesigen Scharen aus jedem Block der Umgebung in unsere Richtung. Es gibt keine Deckung und keinen Fluchtweg, nur ein gewaltiges Meer von diesen Viechern, die allesamt auf uns zutorkeln. Selbst wenn wir es schaffen, uns durch die ersten Linien zu hacken, bekommen wir nicht die Deckung, die wir benötigen, um sicher die Straße zu erreichen.
    Hinter uns stirbt Zack und wird einer von ihnen. Er wird nicht weit kommen ohne Füße, aber deshalb fühle ich mich auch nicht besser. Der Friedhof riecht plötzlich wie von einem Friedhof gewohnt, nass und sandig und süßlich, nach zu viel Verfall. Ted und ich stehen Rücken an Rücken. Wir warten, lassen sie kommen. Die Wolken öffnen sich, und es fängt an zu regnen.
    Ich denke kurz darüber nach, auf einen Baum zu klettern und auf Hilfe zu warten, aber ich weiß, dass es immer noch leichter ist, ihnen hier entgegenzutreten, als in einem Baum zu hocken und wie ein Idiot auf einen Rettungstrupp zu warten, den es nie geben wird. Ich sehe die Handtasche meiner Mom an und drücke sie fest an die Brust.
    »Ich meine es ernst, Ted«, sage ich. »Ich schwöre, wenn du als Erster dran bist, gebe ich dir den Rest.«
    »Danke. Es war mir ein Vergnügen, Allie.«
    Ich bin ganz ruhig, aufgehoben in dem Gefühl, wenigstens axtschwingend unterzugehen, kämpfend. Ich werde nicht in einem Pausenraum verhungern

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