Sie liebt mich, sie liebt mich nicht...
seinem Schrank. »Der Gelbfilter muß irgendwo hier sein. Bei den Wolken heute brauche ich etwas, um die Kontraste am Himmel besser rauszukriegen.«
»Kannst du nicht endlich mit dieser blöden Kamera aufhören? Ich versuche, dir Lisa zu beschreiben. Li-sa.« Danny ließ sich auf Felix’ Bett zurückfallen. Felix zog den Kopf aus dem Schrank zurück und hockte sich auf die Fersen.
»Die Kamera ist nicht blöd, die ist echt toll. Komm, ich zeig’ dir mal, wie sie funktioniert.«
»Das hast du mir schon gezeigt.«
»Stimmt, aber du hast nicht aufgepaßt.« Vorsichtig nahm Felix die Kamera von seinem Schreibtisch und setzte sich neben Danny. Er hielt sie in seinem Schoß, als sei sie aus feinstem Porzellan. »Schau her, sie hat eine bewegliche Filmebene. Damit kannst du sie parallel zu den Gebäuden ausrichten, die du fotografieren willst. Perspektivenkorrektur nennt man das. Das heißt, du kannst Gebäude aufnehmen, ja? Und wenn der Film entwickelt ist, stehen die Wände der Gebäude parallel zum Bildrand. Super, was? Das Ding ist echt gut. Wenn du mit einer normalen Kamera Gebäude aufnimmst, neigen sich die Außenwände der Häuser einander zu, und es sieht bescheuert aus. Die hier wurde extra für professionelle Architekturfotografie gebaut.«
»Ja, super. Hab’ ich dir schon gesagt, wie sich ihre Oberlippe über den Tassenrand kräuselt, wenn sie trinkt? Mein Gott, ich würde sie so gern küssen. Und sie hat das blondeste Haar, das du dir vorstellen kannst, hundertprozentig blond... Wie Gold.«
»Die Filmstreifen entwickeln zu lassen ist ziemlich teuer, aber es lohnt sich. Wenn ich nämlich eine gute Mappe zusammenkriege, kann ich den Leuten zeigen, wozu ich fähig bin. Das ist wichtig. Ich brauche unbedingt eine gute Mappe mit Fotografien, ein möglichst breites Spektrum, damit die Leute sehen, wie vielseitig ich bin: Architekturaufnahmen, Landschaften, Industriefotos, Porträts.«
»Ich wette, du könntest ein irres Foto von Lisa schießen.«
»Aktaufnahmen sind nicht meine Sache.«
»Aktaufnahmen? Was — du meinst... O Gott — oben ohne? Lisa oben ohne?« Danny hob die Arme vors Gesicht und schrie: »Ich sterbe!«
Felix spielte mit der Verschlußblende. »Irgend etwas stimmt da nicht«, sagte er. »Ich bin sicher, daß das keine halbe Sekunde war.«
»Felix, hörst du endlich mit dieser Kamera auf? Ich kriege hier Krämpfe wegen Lisa, und dir ist sie völlig egal.«
»Ich mag blond nicht besonders.« Felix drückte auf den Auslöser und lauschte auf das leise Summen des Objektivs.
»Klar, du nicht. Das ist normal, oder?«
»Was?«
»Farbige Mädchen sind nicht blond, oder?«
Felix seufzte. »Ich wollte nur sagen, daß blondes Haar bei Monochrome-Aufnahmen nicht besonders gut rauskommt. Schwarze Haare wirken bei Schwarzweißporträts viel dramatischer.«
»Siehst du alles durch das Kameraauge?«
»Fast alles.«
»Felix, du spinnst.«
Felix tätschelte Dannys Kopf. »Mach dir nichts draus, Junge. Ich weiß, daß es cool ist, sich für gar nichts zu interessieren, aber wir können nicht alle perfekt sein. Komm, erzähl mir von Lisa. Ich bin ganz Ohr für«, er schaute auf die Uhr, »zehn Minuten. Dann bin ich weg.«
»Wo gehst du hin?«
»In den Zoo. Ich möchte noch ein paar Aufnahmen vom Pinguin-Becken machen. Wenn mir die gelingen, kann ich alles fotografieren. Komm mit, falls du dich langweilst.«
»So viel Langeweile kann ich gar nicht haben. Aber du könntest einen Schnappschuß von mir machen, bevor du gehst.«
Felix packte ihn am Kragen. »Ich mache keine Schnappschüsse«, sagte er. »Nie. Ich komponiere Fotografien. Klar?«
»Ja. Klar. Kann ich meinen Hals wiederhaben?« Mit einem liebevollen Lächeln streichelte Felix seine Kamera. »Aber mal was anderes: Wo bleibt eigentlich Nicky bei der ganzen Geschichte?« Danny mochte nicht an Nicky erinnert werden. »Ich war gestern den ganzen Nachmittag mit Lisa zusammen. Das war bestimmt der herrlichste Sonntagnachmittag, den ich je verbracht habe. Du weißt, wie Sonntagnachmittage sonst sind; wie schwarze Löcher. Aber der vergangene war super. Wir sind im Beiair Park spazierengegangen. Sie ist unheimlich gescheit. Nein, nicht gescheit, sie ist mehr als gescheit. Lisa weiß alles. Sie hat ein Diplom, weißt du. Nicht in Stricken oder Kunst oder sonst etwas Unnützem. Ein richtiges Diplom, mit dem sie einen tollen Job kriegen und einen Haufen Geld verdienen kann. Wenn ich nur auch etwas mehr auf dem Kasten hätte. Nur ein bißchen
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