Sie nennen es Leben
zu groÃen Mühen und Risiken verbunden. » Da herrscht eine erzwungene Gratis-Kultur und keine millionenschwere Industrie « , sagt Vetter.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Studie der » European Financial Coalition against Commercial Sexual Exploitation of Children Online « (EFC), einer Art Wirtschaftsabteilung, die beim Kinderschutzcenter CEOP der britischen Polizei angesiedelt ist. Demnach würden kommerzielle Webangebote für Kinderpornografie kaum Profit machenâ vor allem nicht im Vergleich zu anderen Bereichen der Internetkriminalität. Darüber hinaus ist nach Angaben der EFC aber auch die Zahl der Anbieter, die auf die bekannten Zahlmodelle setzen, 2010 drastisch gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr wären 78 Prozent weniger Anbieter zu verzeichnen.
Eine Auswertung von rund 14 500 Websites, bei denen man kinderpornografische Inhalte vermutete, ergab zudem, dass innerhalb eines Untersuchungszeitraums von fünf Tagen nur 0 , 3 Prozent der Seiten aktiv waren und tatsächlich Missbrauchsbilder zeigten.
Auch die Existenz einer Spirale aus Angebot und Nachfrage, die zu immer härteren Fällen von Missbrauch führe, bezweifelt Vetter. » Das Material, das die Polizei bei Razzien beschlagnahmt, ist weitgehend identischâ ich würde schätzen zu 80 bis 90 Prozent « , sagt der Anwalt. » Da werden dieselben Aufnahmen immer wieder getauscht und verbreitet. Zum Teil ist Material dabei, das 30 bis 40 Jahre alt ist. « Die EFC kommt zu demselben Ergebnis, allerdings ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Nach Vetters Ãberzeugung wird auch kein Kind nur missbraucht, um die Bilder davon später ins Netz zu stellen. » Was ins Internet gelangt, sind Aufnahmen von Missbrauch, der ohnehin stattgefunden hätte. Das sieht man an den Kameraeinstellungen und dem Setting, dass es sich nicht um professionelle Aufnahmen handelt. Die Täter machen das in erster Linie zu ihrer eigenen Befriedigung. Ob sie damit später noch Geld machen, ist für sie nachrangig. « Die EFC schätzt die Lage etwas anders ein. Betreiber kommerzieller Angebote würden die Bilder zwar in der Regel nicht selbst produzieren, sondern sie vielmehr aus kostenlosen Newsgroups und anderen Kanälen fischen. In Osteuropa gäbe es aber durchaus organisierte Banden, die sich allein zu kommerziellen Zwecken an Kindern vergingen. Genauer wird der Bericht der EFC hier aber nicht.
Von industrieähnlichen Strukturen scheint der Markt für Kinderpornos im Internet weit entfernt zu sein. Was zuletzt in der Politik an MaÃnahmen diskutiert wurde, um den Online-Vertrieb von Kinderpornografie zu stoppenâ also entweder die Seiten zu löschen oder sie zu sperrenâ, ist deshalb auch nicht besonders geeignet, um Missbrauch grundsätzlich zu verhindern. Allerdings kann dadurch eingedämmt werden, was Kriminologen » sekundäre Viktimisierung « nennen: Die gequälten Kinder werden ein zweites Mal zu Opfern gemacht, wenn sich Pädophile an den Bildern ihres Missbrauchs aufgeilen und sie an andere weitergeben. Wenn die Verbreitung der Bilder nicht gestoppt wird, reproduziert sich ihr Opferstatus immer wieder und sie entkommen ihm auch dann nicht, wenn sie längst erwachsen geworden sind. Der Kampf gegen Kinderpornografie im Internet ist deshalb wichtig, auch wenn dahinter keine millionenschwere Industrie steckt.
Machtmissbrauch gegen Kindesmissbrauch?
Welche MaÃnahmen in diesem Kampf am effektivsten sind, ist jedoch hoch umstritten. Internetsperren, wie sie von der damaligen Familienministerin von der Leyen vorgeschlagenen wurden, gelten unter Experten in der jetzigen Form als ungeeignet. Zum einen sind die Sperren auch für technische Laien relativ leicht zu umgehen. Einfache Anleitungen dazu kursieren vielfach im Netz. » Internetsperren umgehen in 27 Sekunden « , heiÃt zum Beispiel ein Video, das seit März 2009 auf YouTube zu sehen ist. Zum anderen funktionieren Sperren oft so ungenau, dass auch legale Seiten gesperrt werden. Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages kam in einem Gutachten zu Netzsperren deshalb zu dem Schluss, dass ein » groÃes Missbrauchspotenzial « vorliege und die Gefahr für die Kommunikationsfreiheit als » besonders schwerwiegend « angesehen werden müsse.
Löschen scheint dagegen effektiver zu sein. Dazu werden Webhosts, auf deren Servern sich die Pornoseiten befinden, über die
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