Sie nennen es Leben
Kontaktmöglichkeiten bieten. Aber ob sie gleichzeitig auch die Freiheiten nutzen, die das Internet bietet? Ihre Fixierung auf die herkömmlichen Social Networks legt das jedenfalls nicht nahe.
Das Beispiel 4 chan zeigt, wie komplex sich Freiheit im Internet gestaltet: Eine Seite, die für ihre Pornobilderstreiche bekannt ist, ist gleichzeitig einer der gröÃten Kritiker von Datenkontrolle. Hier eine Grenzlinie zu ziehen, was durch die Meinungs- und Pressefreiheit geschützt werden sollte und was nicht, ist äuÃerst schwierig.
Gerade im Bereich Pornografie und Sexualität werden solche Grenzziehungen fürs Internet aber immer wieder gefordert â schlieÃlich gilt die » Generation Internet « auch als » Generation Porno « . Doch auch bei diesem Generationen-Label ist Vorsicht geboten.
Surfen deutsche Jugendliche anders? Interview mit Professor Uwe Hasebrink von »EU Kids Online«
Uwe Hasebrink, 52 , ist Professor für empirische Kommunikationswissenschaft und Leiter des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung in Hamburg. Er betreute den deutschen Teil der Studie » EU Kids Online « , der gröÃten Untersuchung zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in Europa. Für die Studie wurden über 25 000 User im Alter zwischen 9 und 16 Jahren in 25 europäischen Ländern dazu befragt, wie sie das Internet nutzen. Schwerpunkt der Studie war riskantes Verhalten online. Dazu zählten die Autorinnen und Autoren vor allem die Konfrontation mit sexuellen Inhalten, Cyberbullying und das Verabreden mit Fremden über das Internet.*
* Die genauen Ergebnisse sind auf www.eukidsonline.net aufgeführt.
Herr Professor Hasebrink, wie schneiden junge deutsche User im europäischen Vergleich ab?
Nach unserer bisherigen Auswertung der Daten gehört Deutschland zu den Ländern, in denen Kinder und Jugendliche vergleichsweise zurückhaltend mit dem Internet umgehen. Das führt dazu, dass sie insgesamt auf weniger Risiken stoÃen. Aber zugleich nehmen sie auch weniger von den Chancen wahr, die das Internet bietet.
Woran machen Sie diese Zurückhaltung fest?
Zum einen an der Dauer und Häufigkeit der Nutzung: In beiden Bereichen liegen deutsche Kinder und Jugendliche unter dem europäischen Durchschnitt. Zum Beispiel geht nur die Hälfte von ihnen täglich online. In den Niederlanden sind es hingegen 80 Prozent. Zum anderen ist die Art der Internetnutzung in Deutschland insgesamt wenig vielfältig. Es wird nur ein kleiner Ausschnitt von Onlinediensten genutzt und dieser nicht besonders intensiv. Was etwa Social Networks betrifft, gehören deutsche User zu den inaktivsten in Europa.
Was ist Ihnen noch aufgefallen?
Ein sehr bemerkenswerter Befund ist, dass deutsche User bei der Frage, ob sie schon mit sexuellen Inhalten im Internet in Berührung kamen, auf die europaweit geringsten Werte kamenâ nur fünf Prozent der Befragten hatten bereits solche Bilder oder Videos gesehen. Der europäische Durchschnitt liegt bei 14 Prozent.
Wie erklären Sie sich diese Ergebnisse?
Bezogen auf die Verbreitung von sexuellen Inhalten glaube ich, dass hier der Jugendmedienschutz in Deutschland Wirkung zeigt. Die Kooperation zwischen Medienpolitik und Anbietern ist deutlich weiter gediehen als in anderen Ländern. Hier greifen beispielsweise Selbstverpflichtungen von Internet Service Providern, die darauf achten, dass auf ihren Startseiten keine erotischen Inhalte mehr aufpoppen. Für User, die nicht gezielt nach diesen Inhalten suchen, sinkt so das Risiko, ungewollt damit in Kontakt zu kommen.
Innerhalb Europas fallen die Ergebnisse insgesamt sehr unterschiedlich aus. Im Vergleich zu Deutschland haben User in Estland oder der Tschechischen Republik zum Beispiel sechs Mal häufiger sexuelle Darstellungen online gesehen. Wie lassen sich solche Schwankungen erklären?
Wir haben noch keine abschlieÃende Erklärung für solche Unterschiede. Technische Faktoren wie die Verbreitung von Breitbandanschlüssen spielen aber keine Rolle. Neben medienpolitischen Rahmenbedingungen wie dem Jugendschutz scheint sich vor allem der Einfluss des kulturellen Umfelds bemerkbar zu machen. Mein tschechischer Kollege David Smahel von » EU Kids Online « vermutet zum Beispiel, dass die hohen Werte zu sexuellen Darstellungen in seinem Land daher rühren, dass indenSchulen so gut wie kein Aufklärungsunterricht durchgeführt wird. Um
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