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Sie nennen es Leben

Titel: Sie nennen es Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Pilarczyk
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entsprechenden Darstellungen gesehen, 14 Prozent nannten das Internet als Quelle. Der Leiter des deutschen Teils von » EU Kids Online « Uwe Hasebrink vermutet, dass die niedrigen Werte für Deutschland unter anderem daher rühren, dass der Jugendmedienschutz hier besonders ausgeprägt ist und Selbstregulierungen der Internet Service Provider greifen. Wahrscheinlich liegt es aber auch an der Fragestellung, denn » EU Kids Online « hat nur nach Erfahrungen gefragt, die innerhalb der letzten zwölf Monate gemacht wurden. Ältere Vorfälle zählten demnach nicht, was auf eine begrenzte Aussagekraft der Zahlen von » EU Kids Online « hindeutet.
    Die JIM-Studien oder die Studie » Porno im Web 2 . 0« der Niedersächsischen Landesmedienanstalt kommen auf deutlich andere Werte. Bei allen statistischen Schwankungen sind sich die Forscher halbwegs einig, dass mindestens die Hälfte aller Teenager in Deutschland schon einmal Pornografisches im Internet gesehen hat– Tendenz stark steigend. » Generation Porno « ist die » Generation Internet « deshalb auch schon genannt worden.
    Dabei wird die Mehrheit der Jugendlichen nicht etwa von dubiosen Websites verführt: Zwei Drittel der Jungen kommen über Freunde zum ersten Mal in Kontakt mit Pornografie, bei den Mädchen ist es ein Drittel. Werbung, Chats oder Foren führen die Jugendlichen deutlich seltener zu Pornos.
    Obwohl fast die Hälfte aller Jugendlichen berichtet, dass sie die erste Begegnung mit Pornografie eher unangenehm fand, werden viele von ihnen zu regelmäßigen Nutzern von Seiten wie YouPorn oder XHamster. Dabei ergeben sich aber deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Nach einer Online-Befragung des Instituts für Publizistik der Uni Mainz sehen sich 47 Prozent aller männlichen Jugendlichen fast täglich oder sogar häufiger Pornos im Netz an. Bei den Mädchen sind es hingegen nur drei Prozent– sie finden Pornografie mehrheitlich abstoßend.
    Ã„hnlich empfindet das auch Vivian, das Mädchen mit den schlechten Videochat-Erfahrungen. Als sie vor kurzem bei einer Freundin zu Hause war, kam die auf die Idee, sich Pornoclips anzuschauen– sie war neugierig, was das Netz so zu bieten hätte. Vivian stürmte daraufhin aus dem Zimmer. Es wäre doch » sinnlos « , sich so etwas anzusehen. » Sinnlos « nennt Vivian alle Dinge, die sie langweilig findet oder die sie irritieren.
    Gemeinsam Pornos zu gucken, ist relativ verbreitet. Rund die Hälfte der Jugendlichen schaut am liebsten mit Freunden. In der Peer-Group lässt sich eben besser besprechen, was auf dem Bildschirm abgeht und was davon zu halten ist. Von Pornos könne man » was lernen « , gibt die Hälfte der männlichen Jugendlichen an.
    Doch was genau kann man von Pornos lernen?
    Erst der Porno, dann der Sex
    Sexuelle Enthemmung– meint Bernd Siggelkow. Der Berliner Pastor ist einer der vehementesten Kritiker von Pornografie. Als Betreiber eines Kinder- und Jugendzentrums im strukturschwachen Bezirk Hellersdorf hat er Mädchen kennengelernt, die ungeschützten Sex haben, seit sie zwölf Jahre alt sind. Gemeinsam würden sie jetzt mit ihren Eltern Pornos gucken– um Neues zu lernen.
    Siggelkow hat seine verstörenden Erfahrungen 2008 in dem Buch » Deutschlands sexuelle Tragödie « niedergeschrieben. Vor der Veröffentlichung hat er es exklusiv an die » Bild « -Zeitung weitergegeben. Die fasste das Buch mit den Worten » Sex-Alarm: Immer jünger! Immer öfter! Immer extremer! « zusammen. Siggelkow und sein Buch waren daraufhin in vielen Medien von Deutschlandfunk bis Stern TV vertreten.
    Allein: es ließen sich damals und es lassen sich auch heute keine Zahlen finden, die für eine zunehmende sexuelle Verwahrlosung sprechen. Im Spätsommer 2010 legte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) schließlich ihre neuesten Daten über das Liebesleben von Jugendlichen vor. Ihre zentralen Ergebnisse: Deutsche Teenager erleben ihr erstes Mal wieder zunehmend später. Ein Drittel der 17 -Jährigen hat noch keinen Sex gehabt. Wenn es passiert, dann meist in einer festen Beziehung. Außerdem verhüten die 14 - bis 17 -Jährigen besser als Gleichaltrige in früheren Studien: 75 Prozent benutzen ein Kondom, nur acht Prozent verzichten auf Verhütungsmittel. » Es zeigt sich, dass seit Mitte der 90 er Jahre die

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