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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Livingston  –, aber dieses Schlafzimmer war inzwischen feindliches Gebiet, dessen Betreten ihnen streng verboten war. Mike stellte überrascht fest, dass hier noch erstaunlich viele Relikte aus der Vergangenheit zu sehen waren: Die Eishockeytrophäen, die früher das Zimmer dominiert hatten, waren noch da, schienen sich allerdings hinten im Regal zu verstecken, und die Poster von Jaromir Jagr und Chris Drury hingen auch noch, waren aber von der Sonne und wohl auch durch den Mangel an Aufmerksamkeit verblichen.
    Mikes Gedanken schweiften weiter zurück in die Vergangenheit. Er erinnerte sich daran, wie sein Sohn Adam die Gänsehaut- Gruselromane und Mike Lupicas Buch über Kindersportler gelesen hatte, die auf ihrem Weg nach oben unvorstellbare Hindernisse überwanden. Wie ein Talmudschüler hatte Adam die Sportseite studiert, besonders die Eishockeystatistiken. Er hatte seinen Lieblingsspielern geschrieben, sie um Autogrammkarten
gebeten und die dann an die Wand gehängt. Wenn sie zu einem Spiel in den Madison Square Garden gegangen waren, hatte Adam darauf bestanden, dass sie am Spielerausgang an der 32nd Street in der Nähe der Madison Avenue warteten, und die Spieler dann gebeten, ihm ein paar Pucks zu signieren.
    Das alles war vorbei, und wenn es auch aus diesem Zimmer nicht ganz verschwunden war, so spielte es doch im Leben ihres Sohns keine Rolle mehr.
    Adam war da rausgewachsen. Das war normal. Er war kein Kind mehr, eigentlich nicht mal mehr wirklich ein Heranwachsender, sondern er drängte schnell und für seine Eltern viel zu ungestüm ins Erwachsenendasein. Auch wenn sein Schlafzimmer da offensichtlich nicht ganz mithalten konnte. Mike fragte sich, ob dieses Zimmer für seinen Sohn eine Art Verbindung zur Vergangenheit war  – ob Adam sich gern an seine Kindheit erinnerte. Vielleicht sehnte er sich doch noch ein bisschen nach dieser Zeit zurück, als er seinem Vater nacheifern und Arzt werden wollte  – und in der Mike noch der größte Held seines Sohns war.
    Doch das war nur Wunschdenken.
    Der smarte junge Programmierer  – Mike hatte seinen Namen vergessen, Brett oder so  – fragte noch einmal nach. »Sind Sie sicher?«
    Tia stand mit verschränkten Armen neben ihm. Ihre Miene war ernst, aber entschlossen. Obwohl sie älter aussah, fand Mike sie noch genauso schön wie früher. In ihrer Stimme lag kein Zweifel, höchstens ein Hauch von Erschöpfung.
    »Ja, wir sind sicher.«
    Mike sagte nichts.
    Im Schlafzimmer ihres Sohns war es ziemlich dunkel. Nur die Stehlampe war an. Sie flüsterten, obwohl sie hier niemand hören oder sehen konnte. Jill, ihre elfjährige Tochter, war in der Schule. Und der sechzehnjährige Adam war auf einer kurzen Klassenfahrt. Er hatte natürlich nicht mitgewollt  – so etwas war ihm inzwischen
einfach zu »öde«  –, aber es war ein Pflichttermin, und selbst die schlaffsten Hänger unter seinen Freunden würden mitfahren, so dass sie sich dort alle gemeinsam im Chor über die unerträgliche Ödnis beklagen konnten.
    »Und Sie wissen, wie das funktioniert?«
    Tia nickte in perfekter Eintracht mit Mikes Kopfschütteln.
    »Die Software registriert jeden Tastendruck«, sagte Brett. »Zum festgesetzten Zeitpunkt werden die gesammelten Daten dann aufbereitet und als E-Mail an Sie geschickt. Sie können darin alles sehen  – jede Website, die Ihr Sohn sich angeguckt hat, jede E-Mail, die er geschickt oder bekommen hat und jeden Chat, an dem er teilgenommen hat. Wenn Adam eine Powerpoint-Präsentation erstellt oder einen Text schreibt, sehen Sie das. Sie sehen alles. Außerdem können Sie ihn auch live überwachen. Dafür brauchen Sie nur hier zu klicken.«
    Er deutete auf einen Button, auf dem in roter Schrift »LIVE SPY!« stand. Mikes Blick schweifte durchs Zimmer. Die Eishockey-Trophäen verunsicherten ihn. Mike war überrascht, dass Adam sie nicht weggestellt hatte. Mike hatte in Dartmouth in der Universitätsliga Eishockey gespielt. Danach hatten die New York Rangers ihn unter Vertrag genommen und für ein Jahr nach Hartford in ihre zweite Mannschaft geschickt. Er hatte sogar zwei NHL-Spiele gemacht. Später hatte er dann seine Liebe zum Eishockey an seinen Sohn vererbt. Adam hatte mit drei Jahren angefangen, Schlittschuh zu laufen. Den Trainern in den Jugendmannschaften war sein besonderes Talent als Torwart ins Auge gefallen. In der Einfahrt rostete immer noch das alte Tor mit dem zerrissenen Netz. Mike hatte viele angenehme Stunden damit verbracht,

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