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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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herausgestellt, dass er sich nur im Haus eines Freundes versteckt hatte.
    »Wir verlieren ihn«, hatte Tia noch einmal gesagt.
    Und Mike hatte nichts geantwortet.
    »Genaugenommen sind wir doch nur Aufpasser, Mike. Wir kümmern uns eine Weile um sie, dann führen sie ihr eigenes Leben. Ich will doch bloß, dass er gesund und munter bleibt, bis wir ihn mit gutem Gewissen seiner Wege gehen lassen können. Dann liegt es bei ihm.«
    Mike hatte genickt. »Also gut.«
    »Bist du sicher?«, hatte sie gefragt.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Aber ich muss immer wieder an Spencer Hill denken.«
    Wieder hatte er genickt.
    »Mike?«
    Er hatte sie angesehen. Sie hatte ihn schräg angelächelt. Dieses Lächeln hatte er zum ersten Mal an einem kalten Herbsttag
in Dartmouth gesehen. Es hatte sich sofort in sein Herz gebohrt und dort festgesetzt.
    »Ich liebe dich«, hatte sie gesagt.
    »Ich liebe dich auch.«
    Und mit diesen Worten hatten sie sich darauf geeinigt, ihren Ältesten zu bespitzeln.

3
    Anfangs hatte es keine wirklich besorgniserregenden oder aufschlussreichen E-Mails oder Ähnliches gegeben, drei Wochen später änderte sich das allerdings schlagartig.
    Die Gegensprechanlage in Tias Kabine summte.
    Eine harte Stimme sagte: »In mein Büro. Sofort.«
    Es war Hester Crimstein, die Chefin der Kanzlei. Hester ließ ihre Untergebenen nie von ihrer Sekretärin einbestellen, sie machte das lieber persönlich. Dabei klang sie immer leicht gereizt, als hätte der Gerufene schon vorher wissen müssen, dass sie ihn sehen wollte und sofort wie von Zauberhand in ihrem Büro erscheinen können, bevor sie so viel Zeit mit dem Summer und der Gegensprechanlage verschwenden musste.
    Tia arbeitete seit einem halben Jahr wieder. Sie hatte eine Stelle als Anwältin in der Kanzlei Burton and Crimstein bekommen. Burton war schon vor Jahren gestorben. Crimstein, die berühmte und gefürchtete Anwältin Hester Crimstein, war äußerst lebendig und hatte auch allein alles im Griff. Sie war eine international bekannte Strafverteidigerin und hatte sogar eine eigene Fernsehsendung auf Real TV mit dem cleveren Titel Crimstein on Crime.
    Hester Crimstein fauchte  – sie fauchte praktisch immer  – aus dem Lautsprecher: »Tia?«
    »Bin schon unterwegs.«

    Sie stopfte den Ausdruck des E-SpyRight-Berichts in die oberste Schublade und marschierte den Gang zwischen den verglasten, sonnendurchfluteten Büros der Teilhaber und den stickigen, dunklen Kabuffs der Angestellten entlang. Bei Burton and Crimstein herrschte ein rigides Kastensystem mit einem Wesen, das über allen anderen stand. Es gab zwar noch mehr Teilhaber, Hester Crimstein ließ jedoch nicht zu, dass deren Namen aufs Firmenschild kamen.
    Tia hatte das große Eckbüro erreicht. Als sie an Hesters Sekretärin vorbeigekommen war, hatte diese kaum den Blick gehoben. Hesters Tür stand wie üblich weit offen. Tia blieb davor stehen und klopfte gegen die Wand.
    Hester ging auf und ab. Sie war klein, wirkte aber nicht so. Sie wirkte kompakt, stark und irgendwie gefährlich. Sie marschierte nicht hin und her, um ihre Nervosität zu überspielen, sie schritt ihr Büro ab. Sie strahlte Stärke und Macht aus.
    »Sie müssen am Freitag zu einer Vorverhandlung nach Boston«, sagte sie grußlos.
    Tia trat ins Büro. Hesters dunkelblonde Haare waren wie immer leicht zerzaust. Sie schien gleichzeitig gepeinigt und doch ganz Herrin der Lage zu sein. Manche Leute zogen die Aufmerksamkeit der Menschen in ihrer Umgebung auf sich  – Hester Crimstein schien alle am Kragen zu packen und zu schütteln, damit sie ihr in die Augen sahen.
    »Gut, kein Problem«, sagte Tia. »Welcher Fall?«
    »Beck.«
    Tia kannte den Fall.
    »Hier ist die Akte. Nehmen Sie diesen Computerfachmann mit. Den mit der schlechten Haltung und den Tätowierungen, von denen man Alpträume kriegt.«
    »Brett«, sagte Tia.
    »Genau den. Der soll den Computer von dem Mann überprüfen.«

    Hester reichte Tia die Akte und schritt weiter auf und ab.
    Tia sah die Akte an. »Ist das das Transkript der ursprünglichen Zeugenaussage?«
    »Ja. Sie fliegen morgen. Gehen Sie nach Hause, und studieren Sie die Akte.«
    »Okay, kein Problem.«
    Hester blieb stehen. »Tia?«
    Tia hatte in der Akte geblättert. Sie versuchte, sich auf den Fall, Beck, die Vorverhandlung und die Reise nach Boston zu konzentrieren. Aber der verdammte E-SpyRight-Bericht ließ sie nicht los. Sie sah ihre Chefin an.
    »Ist irgendwas?«, fragte Hester.
    »Ich denk nur über

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