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Leseclubs und Gruppentherapien, oder sie können in den Computerraum gehen und mit der Xbox, der Playstation
3 oder den anderen Sachen spielen, die man normalerweise mit einem Jugendzentrum in Verbindung bringt. Aber das Wichtigste ist tatsächlich dieser Club hier. Der macht uns, entschuldigen Sie den Teenagerjargon, einfach cool.«
»Es gibt Gerüchte, dass Sie Alkohol ausschenken.«
»Diese Gerüchte sind falsch. Die meisten Gerüchte dieser Art werden von den anderen Clubs in Umlauf gebracht, weil sie Kunden an uns verlieren.«
Mike sagte nichts.
»Hören Sie, sagen wir, Ihr Sohn ist in die Stadt gekommen, weil er hier abfeiern wollte. Er könnte da vorne die 3rd Avenue entlanggehen und in einer der Seitenstraßen Kokain kaufen. Und der Typ, der meist im Hauseingang rund fünfzig Meter von hier entfernt steht, verkauft sogar Heroin. Sie finden hier jede Droge, die Ihnen einfällt, und die Kids kaufen sie hier auch auf der Straße. Und wenn nicht, kommen sie mit irgendwelchen falschen Papieren in einen Club, in dem sie sich dann besaufen oder sonst was. Wir sind hier, um sie zu schützen. Hier können sie Dampf ablassen, ohne sofort mit Drogen in Berührung zu kommen.«
»Kommen hier auch Straßenkinder rein?«
»Wir würden sie nicht rausschmeißen, aber es gibt andere Organisationen, die dafür besser geeignet sind. Wir versuchen nicht, das Leben der Jugendlichen so sehr zu verändern, weil ich, ehrlich gesagt, nicht glaube, dass das funktioniert. Ein Jugendlicher, der auf die schiefe Bahn geraten ist oder aus einer völlig kaputten Familie stammt, braucht erheblich mehr Hilfe, als wir ihm hier bieten können. Unser Ziel ist es, die im Großen und Ganzen anständigen Jugendlichen vor dem Abgleiten zu schützen. Da haben wir es oft mit dem umgekehrten Problem zu tun – diese Eltern bemuttern ihre Kinder oft viel zu sehr. Sie lassen sie überhaupt nicht aus den Augen. Dadurch haben die Teenager überhaupt keinen Platz zum Rebellieren mehr.«
So hatte er selbst im Lauf der Jahre Tia gegenüber immer wieder
argumentiert. Wir lassen ihnen keine Freiräume. Mike war früher ganz allein unterwegs. Fast jeden Samstag hatte er den ganzen Tag im Branch Brooks Park gespielt und war erst spät Abends nach Hause gekommen. Heutzutage konnten seine eigenen Kinder nicht einmal die Straße überqueren, ohne dass Tia oder er ganz genau aufpassten, in der Befürchtung, dass … ja was eigentlich?
»Also stellen Sie ihnen diesen Raum zur Verfügung?«
»Genau.«
Er nickte. »Wer leitet das Ganze?«
»Ich. Ich hab vor drei Jahren damit angefangen, nachdem mein Bruder an einer Überdosis gestorben war. Greg war ein guter Junge. Er war sechzehn. Er hat keinen Sport getrieben und war daher nicht besonders beliebt und so. Er fühlte sich sehr stark gegängelt von unseren Eltern und der Gesellschaft im Allgemeinen. Das war erst das zweite Mal, dass er Drogen ausprobiert hat.«
»Das tut mir leid.«
Sie zuckte die Achseln, drehte sich um und ging die Treppe wieder hinauf. Er folgte ihr schweigend.
»Ms McDevitt?«
»Rosemary«, sagte sie.
»Rosemary. Ich will nicht, dass mein Sohn eine Nummer in irgendeiner Statistik wird. Er war gestern Abend hier. Wo er jetzt ist, weiß ich nicht.«
»Ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Haben Sie ihn schon mal gesehen?«
Sie wandte ihm immer noch den Rücken zu. »Ich kämpfe hier für ein höheres Ziel, Mike.«
»Also ist mein Sohn entbehrlich.«
»Das habe ich nicht gesagt. Aber wir sprechen nicht mit Eltern. Nie. Dies ist ein Ort für Teenager. Wenn bekannt wird, dass …«
»Ich werd niemand etwas davon sagen.«
»Es ist Teil der Statuten unserer Mission.«
»Und was ist, wenn Adam in Gefahr schwebt?«
»Dann würde ich Ihnen helfen, wenn ich könnte. Aber das trifft hier nicht zu.«
Mike wollte ihr widersprechen, aber dann sah er ein paar Gruftis am anderen Ende des Flurs.
»Sind das Gäste von Ihnen?«, fragte er und trat ins Büro.
»Gäste und Mitarbeiter.«
»Mitarbeiter?«
»Die machen so ziemlich alles. Sie helfen, den Laden sauber zu halten. Nachts feiern sie dann. Und dabei passen sie noch auf den Club auf.«
»Wie Türsteher?«
Sie wackelte nachdenklich mit dem Kopf. »Das wäre vielleicht etwas hart. Aber sie helfen denen, die zum ersten Mal kommen, sich hier zurechtzufinden. Sie sorgen für Ordnung. Sie halten die Augen offen und achten darauf, dass sich keiner einen Joint ansteckt oder auf der Toilette Drogen nimmt oder so was.«
Mike verzog das
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