Sie sind Dein Schicksal
die Aussprache meines Namens ziemlich. Ich drehte mich in meinem Stuhl und entdeckte einen kleinen Jungen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, der zwischen zwei Erwachsenen saß, die ich für seine Eltern hielt. Er winkte, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. »Mein Dad sagt, du bist Ermittlerin. Kämpfst du ständig gegen böse Kerle wie diesen dreckfressenden Blutegel Alec Royce?«
»Still, Billy, sie will jetzt sicher nicht über so was reden«, sagte der Mann neben dem Jungen und warf mir einen peinlich berührten, entschuldigenden Blick zu. Wahrscheinlich hatte er nicht bemerkt, dass sein Junge ihn belauscht hatte. Oder er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Sohn seine Umschreibung des älteren Vampirs eins zu eins wiederholte.
»Nein, es ist schon okay«, sagte ich. Die Art, wie der Junge begeistert auf seinem Sitz hin und her rutschte, nur weil ich ihn beachtete, amüsierte mich genauso wie die nicht gerade unpassende Beschreibung von Royce. »Ich versuche, nicht gegen böse Kerle zu kämpfen, wenn es geht. Mein Job ist nicht, sie zu bekämpfen, sondern nur, Sachen über sie herauszufinden. Die meiste Zeit verstecke ich mich irgendwo, wo sie mich nicht sehen können, mache Fotos oder filme sie.«
»Aber Dad hat gesagt, du hast Bösewichte umgebracht!« Jetzt warf er seinem gedemütigten Vater einen anklagenden Blick zu. »Er hat gesagt, du hast gegen einen Zauberer und einen Vampir und den Anführer der Moonwalker gekämpft.«
Jetzt war es an mir, beschämt zu sein, besonders als sich in diesem Moment Stille im Raum ausbreitete. Alle warteten auf meine Antwort. Super. »Ich habe einmal gegen sie gekämpft, aber sie sind stärker und schneller und um einiges angsteinflößender als ich. Ich wäre fast gestorben.«
Er riss angemessen beeindruckt die Augen auf. »Wow! Wurdest du verletzt? Hast du Narben?«
»Ja, ein paar schon.«
Sofort zog er sein Hemd nach oben und zeigte mir eine rote Linie unter seinen Rippen. »Mir haben sie den Blinddarm rausgenommen. Sieht es so aus? Darf ich mal sehen?«
»Billy«, zischte diesmal die Frau neben ihm, »zieh dein Hemd wieder runter!«
Ich musste einfach lachen. »Ja, ungefähr so sieht es aus. Machen Sie sich keine Sorgen, Ma’am, es ist okay. Weißt du was, Billy, später zeige ich dir meine.« Irgendwo, wo nicht noch fast fünfzig weitere Werwölfe zusahen.
Seine Eltern wirkten beide extrem dankbar, dass ich mich nicht aufregte, obwohl es Billys Mom scheinbar immer noch sehr peinlich war. Billy dagegen sah aus, als hätte er gerade den Hauptpreis auf dem Jahrmarkt gewonnen. Chaz grinste mich an und flüsterte mir ins Ohr. »Viel besser.«
Ich schenkte ihm ein trockenes Grinsen und wackelte mit den Augenbrauen. »Ich übe.«
»Wofür?«
»Für unsere eigenen.«
Seine Überraschung verwandelte sich schnell in eine angetane, besitzergreifende Miene, dann lehnte er sich vor, um mich zu küssen. Mich störte es nicht, dass alle zusahen – nein, nicht nur zusahen, uns sogar anfeuerten –, da es genau die Reaktion war, die ich mir erhofft hatte.
Kapitel 6
B eim Dessert traten noch weitere Werwölfe an mich heran und stellten sich vor. Sie tauschten alle paar Minuten die Plätze mit den Leuten bei uns am Tisch, um sich mal kurz mit mir und Chaz unterhalten zu können. Manche der zuvor nicht so begeisterten Werwölfe tauten bei dieser Gelegenheit ein wenig auf.
Nach dem Essen gingen einige entweder zurück in ihre Hütten oder ins Spielzimmer. Daisy die Barkeeperin schaltete ein Hockey-Spiel im Fernsehen an und servierte den Männern, die ihre Stühle gegen Barhocker eintauschten, Drinks. Der Abend näherte sich dem Ende.
Paula, Kimberly, Sean, Nick und zwei andere Werwölfe, die ich kannte, Simon und Dillon, schlossen sich uns noch auf ein Bier am Tisch an. Alle bis auf Paula waren freundlich. Sie schien schlecht gelaunt, seitdem sie von einer Stippvisite bei ihrer Hütte zurückgekommen war. Ich beachtete sie nicht, da alle anderen ihr Schweigen mehr als wettmachten.
Simon und Dillon waren bei dem Kampf im Keller von Royce’ Anwesen dabei gewesen, den ich vor einem Monat wie durch ein Wunder überlebt hatte. Der Kampf, bei dem ich auch Royce’ Blut getrunken hatte, damit Max Carlyle mich nicht an seine Seite rufen konnte. Sie wiederzusehen machte es mir schwer, die Erinnerung zu verdrängen, und ich hatte mich wirklich bemüht, genau das zu tun. Es musste auch für sie hart sein, mich wiederzusehen. Sie hatten in diesem Kampf ihren Freund Vincent
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