Sie sind Dein Schicksal
dem Bett, während ich mich damit beschäftigte, die Spannung aus seiner Rückenmuskulatur zu massieren. Chaz schien allerdings die Tatsache, dass ich rittlings auf ihm saß, mehr zu genießen als die eigentliche Massage.
»Ich verstehe es einfach nicht, Shia«, sagte er und grunzte ein wenig, als ich mich einem Knoten an der Lendenwirbelsäule widmete. »Warum beschützt der alte Knacker den Kerl, der das getan hat? Man sollte meinen, er hätte ein Interesse daran, dass die Sache geregelt wird.«
»Das hat er auch. Du hast ihn doch gehört. Er will sich selbst darum kümmern.«
»Ich weiß. Ich verstehe nur einfach nicht, warum. Es ist ja nicht so, als wäre er angeschossen worden.«
»Nein«, antwortete ich, »aber er hat mehr zu verlieren als du, wenn der Kerl entkommt. Niemand wird dieses Resort noch als sicher ansehen, wenn er nicht persönlich etwas unternimmt. Gib ihm die Chance, sich darum zu kümmern.«
»Vielleicht«, grummelte er, beruhigte sich aber, als ich mich vorbeugte, ihm durch die Haare wuschelte und ihm einen Kuss auf die unverletzte Schulter drückte. Dann entkam ihm ein langes Seufzen, als ich mich neben ihm aufs Bett legte, die Hände über dem Bauch faltete und ihn ansah.
»Süßer, heute Nacht wird in dieser Sache nichts mehr geschehen. Kannst du nicht einfach versuchen, dich zu entspannen und ein wenig zu schlafen? Ich verspreche dir, dass ich morgen meine fantastischen Detektiv-Fähigkeiten einsetzen werde, um den Kerl für dich aufzuspüren.«
Er schwieg für einen Moment und dachte darüber nach, bevor er mir widerwillig zustimmte. »Okay. Versprichst du mir, dass du nicht allein nach dem Kerl suchen wirst? Ich will nicht, dass du verletzt wirst.«
»Sicher«, sagte ich, während ich mich innerlich wand. Sobald er zur Jagd in den Wäldern aufgebro chen war, würde ich mich in die Lodge schleichen, um zu sehen, was ich über Mr. Cassidys mysteriösen Gast herausfinden konnte.
Chaz blieb ruhig auf dem Bauch liegen, die Hände unter seine Wange gelegt. Ich streckte den Arm aus, um mit den Fingern durch sein kurzes, blondes Haar zu fahren. Es war ein wenig steif, weil er es zu Spitzen gegelt hatte. Nach einer Weile fielen ihm die Augen zu, und ich konnte sehen, wie sich ein Muskel nach dem anderen entspannte.
Ich streichelte weiter sanft seine Kopfhaut, bis der Wecker auf dem Nachttisch warnend brummte. Zehn Minuten vor Mondaufgang. Chaz stöhnte, rollte sich auf die Füße und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
»Wirst du die ganze Nacht weg sein?«
Er warf mir über die Schulter einen kurzen Blick zu, bevor er zur Tür ging. Seine Miene war besorgt. »Ich werde vor Sonnenaufgang zurück sein. Bleib drin. Ich will nicht, dass Ethan einen Grund bekommt, zu den Hütten zurückzukehren. Du kannst uns vom Fenster aus bei der Verwandlung zusehen, wenn du willst, aber bitte setz vor morgen früh keinen Fuß vor die Tür.«
Auf seinem Rücken wuchs bereits der Pelz. Als ich seinen Namen rief, hielt er an der Tür an.
»Sei vorsichtig. Bitte. Für mich?«
»Aber klar, Liebes«, antwortete er und schenkte mir ein Grinsen, in dem ein paar scharfe Zähne zu viel aufblitzten, bevor er in die Nacht davonrannte. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Ich stand vom Bett auf und erreichte gerade rechtzeitig das Fenster, um noch einen letzten Blick auf ihn zu erhaschen, bevor er im Schatten der Bäume verschwand.
Da ich gestern Abend eingeschlafen war und es verpasst hatte, hoffte ich, heute zu sehen, wie das Rudel sich verwandelte. Seths eilige Verwandlung hatte nicht dieselbe Erhabenheit ausgestrahlt wie der Anblick eines gesamten Rudels, das von dem ergriffen wird, was die Mondphasen in Werwölfen auslösen, und sich verwandelt. Ich hatte schon einmal gesehen, wie das gesamte Rudel den Prozess durchlief, der zu ihrer halb menschlichen, halb wölfischen Gestalt führte, aber damals hatten wir in einer dunklen Gasse gestanden, in der ich nicht fähig gewesen war, die Verwandlung zu bewundern, weil ich eher gefürchtet hatte, gefressen oder umgebracht zu werden.
Obwohl ich nach ihnen Ausschau hielt und meine Augen zu jedem sich bewegenden Schatten zwischen den Hütten huschten, war ich enttäuscht, als ich hörte, wie ein einsames Heulen von einem zweiten, dann dritten aufgegriffen wurde, bis Dutzende Stimmen sich dem Ruf anschlossen – irgendwo tief in den Wäldern. Das Rudel hatte sich weit außerhalb meines Blickfeldes verwandelt und bewegte sich bereits von den Hütten weg.
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