Sie sind Dein Schicksal
Nein, nicht im Moment. Aber später war eine ganz andere Geschichte.
»In Ordnung. Kann ich noch etwas für dich tun?«
»Momentan nicht. Erzähl einfach niemandem davon, und lass mich wissen, falls du ein Heilmittel entdeckst.«
»Du hast’s erfasst.«
Ich hatte noch etwas zu erledigen, bevor ich meine Gedanken in die Tat umsetzen konnte. In der Rollkartei neben meinem Bildschirm befanden sich alle Nummern, die auch in meinem Handy gewesen waren. Glücklicherweise hatte ich meine Organisationsunfä higkeit überwunden und hatte mir alle Nummern auch aufgeschrieben, nachdem ich mein vorletztes Handy an Max Carlyle verloren hatte.
Ein Teil von mir machte sich immer noch Sorgen darum, ob der verrückte Vampir wohl die Kontaktinformationen ausgelesen hatte, um sie eines Tages gegen mich zu verwenden. Die Sache war schon ein paar Monate her, aber das war für eine Kreatur, die bereits einige Jahrtausende alt war, so gut wie nichts. Er konnte jederzeit zuschlagen. Ich hatte mich bemüht, so wenig wie möglich darüber nachzudenken, aber das bedeutete nicht, dass ich nicht ab und zu Anfälle von Panik verspürte, wenn etwas mich an den irren Vampir oder seine Pläne für mich erinnerte. Pläne, die sich vielleicht nicht geändert hatten, sondern nur aufgeschoben worden waren.
Wie man so schön sagt: Man ist nicht paranoid, wenn wirklich jemand hinter einem her ist.
Auf Royce’ Karte stand jede Nummer, Adresse und E-Mail-Adresse, die er mir je gegeben hatte. Ich hatte sehr klein schreiben müssen, um alles unterzubringen. Mein üblicher Widerwille, ihn überhaupt anzurufen, war von der Unsicherheit ersetzt worden, ob ich ihm erzählen sollte, was passiert war. Glücklicherweise hatte ich wohl noch ein wenig Zeit. Es war erst früher Nachmittag. Auch wenn ich ihn schon tagsüber wach angetroffen hatte, standen die Chancen gut, dass er sich gerade ausruhte. Ich würde ihm eine Nachricht hinterlassen, und er würde zurückrufen, sobald ihm danach war.
Wie erwartet wurde der Anruf sofort auf die Mailbox umgeleitet. Ich wartete auf den Piep, dann hinterließ ich ihm eine kurze, oberflächliche Nachricht, in der ich kaum mehr angab als meinen Namen, meine Festnetznummer und eine nur halbwegs höfliche Bitte, mich zurückzurufen, sobald er die Nachricht abhörte.
Nachdem ich aufgelegt hatte, stand ich auf und ging ins Schlafzimmer. In der untersten Schublade meiner Kommode lag meine Jägerausrüstung. Ich ließ meine Fingerspitzen über die Griffe der drei silbernen Pfähle gleiten, während der Gürtel, an dem sie befestigt waren, ruhig blieb. Der Geist darin würde nach Sonnenuntergang aufwachen. Es war ein Geist, der alles hasste, was mit den Others zu tun hatte. Wer auch immer er gewesen war, einst hatte er die Kreaturen der Nacht gejagt. Jahre der Übung, verbunden mit dem Wissen aller, die den Gürtel je getragen hatten, hatten ihn in eine respekteinflößende, tödliche Waffe verwandelt. Der Gürtel übertrug all seine Wut und Erfahrung auf seinen momentanen Träger.
Vielleicht konnte er mir einen Rat geben.
Kapitel 26
I ch duschte, verband mir die Hand und entschloss mich, mich für ein kurzes Nickerchen hinzulegen. Stattdessen verschlief ich den gesamten Nachmittag und einen Großteil der Nacht. Als ich aufwachte, blinkte das Licht an meinem Anrufbeantworter. Ich hatte den Anruf vollkommen überhört. Mit einem Stöhnen rollte ich mich aus dem Bett, statt mich wieder unter der Decke zu verkriechen, wie es angesichts des Regens, der gegen mein Fenster trommelte, eigentlich vernünftig gewesen wäre. Ich hatte keine Ahnung, wann die Sonne aufgehen würde. Panik sorgte dafür, dass ich zur Kommode eilte und dabei verzweifelt hoffte, dass ich nicht die Gelegenheit verpasst hatte, vor Sonnenaufgang mit dem Gürtel zu reden.
Ich drückte meine zitternden Finger auf das zusammengerollte Leder und betete, dass ich immer noch Anzeichen von Leben spüren konnte. Eine Welle der Ungeduld überschwemmte mich; ich hatte den Gürtel seit Wochen nicht angefasst, und er war nicht glücklich darüber, ignoriert zu werden.
Beklommen hob ich den Gürtel an und legte die Innenseite, die mit sich bewegenden magischen Runen übersät war, an meine Haut. Sobald ich ihn schloss, versiegelte sich die Schnalle, sodass ich das Leder bis Sonnenaufgang nicht mehr öffnen könnte. Sofort fing die Stimme des Geistes an, mich zu beschimpfen, und ich ertrug die Gardinenpredigt schweigend.
›Warum hast du mich ignoriert? Hast du
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