Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
Vom Netzwerk:
umsonst gemacht.«
    Nun begann der Riese zu sprechen, mit einer tiefen, grollenden Stimme, die vom Hang des kleinen Hügels hinter uns zurückgeworfen wurde.
    »Wer bist du?« fragte er in derselben Sprache, die die Amahagger benutzen. »Wer wagt es, Rezu Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten? Weißt du nicht, schwarzer Hund, daß ich nicht getötet werden kann, der ich ein Jahr für jeden deiner Tage gelebt habe und meinen Fuß auf die Köpfe Tausender von Männern setze? Hast du nicht gesehen, wie der Speer zerbrochen und die Kugeln an meiner Brust wie Regentropfen zerplatzt sind, und du willst mich mit dem Spielzeug, das du in deiner Hand hältst, zu Boden bringen? Meine Armee ist geschlagen – das weiß ich. Doch was kommt es darauf an, wenn ich jederzeit mehr Männer bekommen kann? Weil die Opferung nicht zu Ende geführt und die weiße Königin nicht vermählt werden konnte, deshalb wurde meine Armee geschlagen, durch die Magie Lulalas, der Weißen Hexe, die in den Gräbern wohnt. Aber ich bin nicht geschlagen, der ich nicht getötet werden kann, solange ich meinem Feind nicht den Rücken zukehre, und selbst dann nur durch eine ganz bestimmte Axt, die längst zu Rost zerfallen ist.«
    Von dieser langen Rede verstand Umslopogaas nichts, also antwortete ich an seiner Stelle, sehr kurz, doch treffend, da mir in diesem Moment alles einfiel, was Ayesha mir über eine Axt gesagt hatte.
    »Eine ganz bestimmte Axt!« rief ich. »Ja, eine ganz bestimmte Axt! Nun, dann sieh dir einmal die an, die dieser in seiner Hand hält, der Große Schwarze, der Häuptling, welcher der Schlächter genannt wird, eine uralte Axt, die den Namen ›Herrin‹ trägt, weil sie, wenn sie es so will, das Leben aller nimmt. Sieh sie dir gut an, Rezu, Riese und Zauberer, und sage mir, ob es nicht die ist, die jemand einst verloren hat, die, welcher es bestimmt ist, dir zum Verhängnis zu werden?«
    Ich sprach sehr laut, damit alle es hören konnten, und auch langsam, mit Pausen zwischen den Worten, da ich Zeit gewinnen wollte, bis das Licht stärker wurde, da ich sah, daß die Strahlen der aufsteigenden Sonne dem Riesen genau in die Augen fielen, während sie Umslopogaas kaum störten. Rezu hatte meine Worte gehört und starrte auf die Axt, die Umslopogaas emporhielt und sie durch ein unmerkliches Muskelzucken ein wenig schüttelte. Während er sie anstarrte, sah ich, wie sein Gesicht sich veränderte, und zum ersten Mal bemerkte ich so etwas wie Angst darin. Rezus Männer, die hinter ihm standen und ebenfalls die Axt anstarrten, begannen untereinander zu murmeln.
    Hier sollte ich bemerken, daß wie durch ein stillschweigendes Übereinkommen Waffenstillstand herrschte; wir griffen nicht mehr an, der Feind floh nicht mehr. Rezus Armee, oder das, was von ihr übriggeblieben war, stand reglos, als ob die Männer spürten, daß die wirkliche und endgültige Entscheidung durch das Duell zwischen diesen beiden Riesen gefällt werden würde, obwohl sie über dessen Ausgang keinerlei Zweifel herrschte, da sie, wie ich später erfuhr, ihren König für unverwundbar hielten.
    Rezu starrte die Axt eine ganze Weile an. Dann sagte er halblaut, wie im Selbstgespräch: »Sie ist ihr ähnlich, sehr ähnlich. Der Horn-Stiel ist der gleiche, die Klinge von der Form eines jungen Mondes ist die gleiche. Fast möchte ich glauben, daß meine Augen die uralte, heilige Axt sehen. Doch nein, die haben sich die Götter längst zurückgeholt, und dies ist nichts als ein Trick der Hexe, Lulala von den Grabhöhlen.«
    So sprach er, zögerte jedoch noch immer.
    »Umslopogaas«, sagte ich in die tiefe Stille, die folgte, »hör mich an.«
    »Ich höre«, sagte er, ohne den Kopf zu wenden oder den Atem zu bewegen. »Welcher Rat, Wächter der Nacht?«
    »Diesen, Schlächter: schlage nicht in das Gesicht oder auf die Brust dieses Mannes, da ich glaube, daß er durch Zauberei oder durch Panzer geschützt ist. Versuche, hinter ihn zu gelangen und seinen Rücken zu treffen. Verstehst du?«
    »Nein, Macumazahn, ich verstehe nicht. Doch will ich tun, was du mir sagst, da du weiser bist als ich und keine leeren Worte sprichst. Doch jetzt sei still!«
    Plötzlich warf Umslopogaas seine Axt hoch in die Luft und fing sie wieder auf, und während er das tat, brachte er nach Art der Zulus einen Lobgesang auf sich aus.
    »Oho!« sagte er. »Ich bin der Sohn des Löwen, des schwarzmähnigen Löwen, dessen Pranke seine Beute niemals fahren läßt. Ich bin der Wolf-König, der mit den

Weitere Kostenlose Bücher