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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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ganzen hielten unsere Amahagger dem Angriff besser stand, als ich erwartet hatte. Den ersten Ansturm schlugen sie unter großen Verlusten für den Feind zurück, und auch den zweiten, nach einem etwas längeren Kampf. Dann trat eine Pause ein, die wir dazu benutzten, unsere Schlachtordnung neu zu formieren und die Verwundeten auf die Mitte der kleinen Fläche zu ziehen. Kaum waren wir damit fertig, als wieder das donnernde Gebrüll REZU! losbrach und der Feind erneut angriff; seit Beginn des Kampfes war jetzt etwa eine Stunde vergangen. Doch jetzt hatten sie ihre Taktik geändert, denn anstatt uns von allen Seiten gleichzeitig anzugreifen, konzentrierten sie sich auf die westliche Front, die vor der Ebene lag.
    Sie stürmten heran, und unter ihnen, in den vordersten Reihen, sah ich hin und wieder einen riesenhaften Mann, der mir sieben Fuß groß erschien und entsprechend proportioniert war. Ich konnte ihn nicht klar erkennen wegen des unsicheren Mondlichts, doch bemerkte ich seine finstere Erscheinung und seinen gewaltigen Bart, schwarz, mit grauen Strähnen, der ihm weit auf die Brust hing, und seine dichten, langen Haare, die ihm auf die Schultern fielen.
    »Das ist Rezu!« rief ich Umslopogaas zu.
    »Ja, Macumazahn, Rezu selbst, ohne Zweifel, und mein Herz jubelt, ihn zu sehen, da er ein Gegner ist, den zu besiegen sich lohnt. Sieh! Er trägt eine Axt, genau wie ich. Jetzt muß ich meine Kräfte schonen, denn wenn wir einander gegenüberstehen, werde ich sie bestimmt alle brauchen.«
    Nun dachte ich, Umslopogaas diese Anstrengung zu ersparen und wartete auf eine Gelegenheit, eine Kugel in diesen Giganten schießen zu können. Doch es ergab sich keine. Einmal, als ich ihn schon im Visier hatte, sprang plötzlich ein Amahagger in die Schußlinie, so daß ich nicht feuern konnte, und als sich wenig später eine zweite Chance ergab, zog eine kleine Wolke vor das Angesicht des Mondes und machte ihn unsichtbar. Danach mußte ich mich um andere Dinge kümmern, da, wie ich es erwartet hatte, unsere Front am Westrand zusammenbrach und die Feinde, wie Teufel kreischend, durch die Lücke stürmten.
    Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich sah, daß das Spiel aus war. Diese undisziplinierten Amahagger neu zu formieren war unmöglich; von denen war nichts anderes zu erwarten als Panik, Flucht und Abschlachten. Ich verfluchte meinen Leichtsinn, mich jemals auf diese Sache eingelassen zu haben, während Hans mir mit versagender Stimme erklärte, daß die einzige Chance für uns drei und den Zulu darin bestünde, wegzulaufen und uns im dichten Buschwerk zu verstecken. Ich antwortete ihm nicht, weil, abgesehen von allem Stolz, keinerlei Chance darin lag, denn wie weit würden wir kommen durch dieses Getümmel im Kampf verkeilter Massen, das uns auf allen Seiten einschloß? Nein, meine Stunde hatte geschlagen, also fuhr ich damit fort, ein geistiges Sandwich aus Gebeten und Flüchen zu machen; Gebete für meine Seele und um Vergebung meiner Sünden, und Flüche auf die Amahagger und alles, was mit ihnen zu tun hatte, und besonders auf die Frau, die Ayesha genannt wurde, und die mich in diese Affäre hineingezogen hatte.
    »Vielleicht wird die Große Medizin Zikalis ...«, schrie Hans, während er sein Gewehr auf die heranrückenden Feinde abfeuerte.
    »Ich pfeife auf die Große Medizin«, schrie ich zurück, »und auf Ayesha. Kein Wunder, daß sie keine Lust hatte, sich an dieser Show zu beteiligen.«
    Während ich das sagte, sah ich den alten Billali, der, da er kein Mann des Krieges war, sich in einiger Entfernung aufgehalten hatte, vornüberfallen und nahm an, daß er von einem Speer durchbohrt worden sein mußte. Nachdem ich einen kurzen Blick auf ihn geworfen hatte, um zu sehen, ob er getötet oder lediglich verwundet worden war, entdeckte ich aus meinem Augenwinkel heraus etwas Durchscheinendes, das im Licht des Mondes schimmerte und mich an irgend etwas erinnerte, das ich im Moment nicht benennen konnte. Ich blickte rasch in die Richtung, und – ja! – dort, fast neben mir, stand die verschleierte Ayesha, die in ihrer Hand einen kleinen Stab hielt, der aus Ebenholz gefertigt und mit Elfenbein eingelegt war, nicht unähnlich einem Marschallstab oder einem Zepter. Ich hatte sie nicht kommen sehen und weiß bis heute nicht, wie sie erschienen ist; sie war einfach da, und außerdem mußte sie Leuchtfarbe oder etwas Ähnliches auf ihrer Robe gehabt haben, die sie auf dem ganzen Schlachtfeld deutlich sichtbar

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