Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
Vom Netzwerk:
dem sie, um gerecht zu sein, auch folgten.
    »Dies ist der Hügel, auf dem Rotbart sein sollte«, schrie Hans, als wir einen kleinen Hang erreichten.
    Ich lief ihn hinauf und sah im Licht, das dem Sonnenaufgang vorausgeht, eine Gruppe von Männern im Kreis um etwas herumstehen, wie Neugierige, die sich um einen Verkehrsunfall sammeln.
    »Rotbart auf dem Stein! Sie töten ihn!« schrie Hans wieder.
    So war es. Mehrere Priester in weißen Roben, die Messer in ihren Händen hielten, standen über eine auf einen flachen Stein gefesselte Gestalt gebeugt, und hinter ihnen sah ich den riesigen Kerl, den ich für Rezu hielt, und der nach Osten starrte, als ob er darauf wartete, daß der Rand der Sonne über dem Horizont erschien, bevor er sich umwandte und den Befehl gab.
    Zu spät!
    Wir fielen über sie her. Umslopogaas schlug einen der Priester mit seiner Axt nieder, ein paar Amahagger erledigten die anderen, während Hans mit ein paar Schnitten seines langen Messers die Stricke durchschnitt, mit denen Robertson auf den Stein gefesselt war.
    Der arme Kerl, der, wie ich im heller werdenden Tageslicht erkannte, vollkommen wahnsinnig geworden war, sprang auf und schrie auf Schottisch etwas von ›Teufel‹. Dann packte er einen großen Speer, der einem der Priester aus der Hand gefallen war, stürzte auf den Riesen zu und rammte ihm mit einem Aufschrei den Speer in die Brust. Ich sah, wie der Schaft brach, woraus ich schloß, daß dieser Mann, den ich zu recht für Rezu hielt, eine Art Panzer unter seiner Robe trug. Im nächsten Augenblick riß er die mächtige Axt, die er in seinen Händen hielt, empor, und Robertson brach unter dem gewaltigen Hieb zusammen, beinahe in zwei Hälften gespalten, wie ich später feststellte. Als ich meinen armen Freund tot zusammenbrechen sah, wurde ich von einer namenlosen Wut gepackt. Ich hielt die doppelläufige Expreß-Rifle in meinen Händen, die mit Hohlspitzgeschossen {*} geladen war. Ich drückte ab, erst den einen Lauf, dann den anderen, und hörte deutlich den Aufschlag der Kugeln, als sie ihn trafen.
    Doch er fiel nicht. Er zuckte lediglich ein wenig zusammen, dann wandte er sich um und marschierte davon, auf die Hütte zu, von der Hans mir berichtet hatte, die etwa fünfzig Meter entfernt stand.
    »Überlaß ihn mir!« schrie Umslopogaas. »Stahl zerschneidet, was Kugeln nicht durchbohren können.« Und mit einem Sprung wie ein Antilopenbock setzte der riesige Zulu hinter ihm her.
    Ich nehme an, daß Rezu eigentlich zur Hütte wollte, aus Gründen, die nur ihm bekannt waren, doch Umslopogaas war ihm zu hart auf den Fersen. Auf jeden Fall lief er an ihr vorbei und den anderen Hang des kleinen Hügels hinab auf die dahinter liegende Ebene zu, wo die Reste seiner Truppen sich neu zu formieren suchten. Dort, vor seinen Leuten, wandte der Riese sich um und stellte sich zum Kampf.
    Umslopogaas blieb stehen und wartete darauf, daß auch wir herankamen, denn da er ein schlauer, alter Krieger war, wollte er den Kampf nicht beginnen, bevor wir ihm den Rücken deckten, da sonst zu befürchten war, daß die ganze Horde über ihn herfallen würde. Dreißig Sekunden später hatten wir ihn erreicht; er stand noch immer reglos, den Körper vorgebeugt, den kleinen Schild an der linken Hand, die gewaltige Axt wie zum Schlag erhoben, ein herrliches Bild gegen das Licht der sehr rasch aufsteigenden Sonne.
    Etwa zehn Schritte von ihm entfernt stand der Riese, auf seine Axt gestützt, die denen glich, mit denen Holzknechte große Bäume fällen. Er war ein furchtbarer Mann, und jetzt, da ich ihn zum ersten Mal richtig sah, verglich ich ihn mit Goliath, den David besiegte. Gewaltig war sein Körper, und dicht behaart, er hatte tiefliegende, durchdringend blickende Augen und eine große Hakennase. Sein Gesicht wirkte schmal und auch alt, als er mit einer harten Kopfbewegung sein langes Haar zurückwarf, doch seine Glieder waren die eines Herkules', seine Bewegungen voll jugendlicher Vitalität. Er erweckte eher den Eindruck eines Teufels als den eines Menschen; sein Anblick ließ Übelkeit in mir aufsteigen.
    »Laß mich ihn erschießen!« rief ich, denn ich hatte mein Gewehr während des Laufens nachgeladen.
    »Nein, Wächter der Nacht«, antwortete der Zulu, ohne den Kopf zu drehen, »das Gewehr hat seine Chance gehabt und versagt. Jetzt laß uns sehen, was die Axt ausrichten kann. Wenn ich diesen Mann nicht töten kann, werde ich mit den Füßen voran von hier weggetragen und habe eine lange Reise

Weitere Kostenlose Bücher