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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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mit einem Wonnegefühl, denn ich dachte an das Land, von dem versprochen wird, daß es dort keine Nacht geben soll.
    Menschen tauchten auf, Männer, Frauen und sogar Kinder; woher sie kamen, konnte ich nicht feststellen. Sie flogen nicht, und sie gingen nicht; sie schienen auf mich zuzutreiben wie nicht festgemachte Boote mit einer Strömung. Sie waren ausnahmslos sehr schön, doch war ihre Schönheit nicht menschlich, obwohl ihre Gestalten und Gesichter denen von Männern und Frauen glichen, die dem Schönheitsideal nahegebracht worden waren. Keiner von ihnen war alt, und, mit Ausnahme der Kinder, auch nicht sehr jung; es war, als ob sie vorwärts und rückwärts auf die Lebensmitte zugewachsen wären und dort in ihrem besten Zustand verharrten.
    Und jetzt kam das Wunder: alle diese Menschen waren mir bekannt, obwohl ich mich nicht erinnern konnte, einen von ihnen schon einmal gesehen zu haben, und doch war ich sicher, daß ich in irgendeinem vergessenen Leben oder irgendeiner vergessenen Epoche jedem einzelnen von ihnen sehr nahe gestanden hatte, und daß es die Tatsache meiner Präsenz und der Ruf meines Unterbewußtseins waren, die sie zu dieser Stelle gezogen hatten. Doch waren meine Präsenz und der Ruf für sie nicht sichtbar oder hörbar, die, wie ich vermute, auf einem Strom des Mitfühlens trieben, ohne zu wissen, warum und wohin. Wenn ich so gewesen wäre wie sie, hätten sie mich vielleicht sehen können; unter den gegebenen Umständen sahen sie jedoch nichts, und ich konnte nicht sprechen und ihnen von meiner Anwesenheit sagen.
    Einige dieser vielen Menschen aber kannte ich sehr gut, selbst wenn sie vor vielen, vielen Jahren gestorben waren, doch eines stellte ich bei allen fest: daß jeder, ob Mann, Frau oder Kind, jemand war, für den ich Liebe, oder Freundschaft, oder Sympathie empfunden hatte. Niemand von ihnen war jemand, den ich nicht gemocht hatte, oder den ich nicht wiederzusehen wünschte. Falls sie überhaupt sprachen, so konnte ich ihre Sprache nicht hören, doch bis zu einer gewissen Grenze konnte ich ihre Gedanken vernehmen.
    Viele von ihnen lagen jenseits meiner Verständnisgrenze und behandelten Themen, über die ich nichts wußte, oder die zu hoch für mich waren, andere jedoch befaßten sich mit einfachen Dingen, wie sie auch uns auf der Erde beschäftigen, wie Freundschaft, oder Lernen, oder Reisen, die man gemacht oder vorhat, oder Kunst, oder Literatur, oder die Wunder der Natur, oder sie handelten von den Früchten der Erde, wie man sie in dieser Region kannte. Und auch dies bemerkte ich: daß jeder einzelne Gedanke von einer Atmosphäre von Gebeten oder himmlischer Hoffnung umgeben zu sein schien, so wie der Same von seiner Blüte, oder eine Frucht von ihrer duftenden Schale, und daß dieses Gebet, oder diese Hoffnung den Gedanken forttrugen, wohin, weiß ich nicht. Auch waren alle diese Gedanken, selbst die bescheidensten, gut und vergeistigt; nichts Grausames oder Unreines oder selbst Grobes haftete ihnen an; sie strahlten Mitgefühl und Güte aus.
    Unter all diesen Gedanken entdeckte ich keinen, der irgend etwas mit unserer Erde zu tun hatte; sie und ihre Angelegenheiten schienen von diesen Denkern weit hinter sich gelassen worden zu sein, eine Erkenntnis, die meine Seele gefrieren ließ. Noch schlimmer: soweit ich es feststellen konnte, galt keiner der Gedanken dieser hellen Wesen, die mir irgendwo in den Massen von Raum und Zeit einmal nahe gestanden hatten, mir oder etwas, das mit mir zu tun hatte.
    Zwischen ihnen und mir befanden sich eine breite Kluft und eine hohe Mauer.
    Oh! Sieh! Eine Frau kam glänzend wie ein Stern auf mich zu, und aus einer anderen Richtung eine zweite, mit taubenfarbenen Augen und von großer Schönheit, und mit ihr eine Frau, deren Augen den ihren glichen, und von der mein Herz mir sagte, daß es ihre Mutter sei.
    Ich kannte sie beide gut; es waren jene, die zu suchen ich hergekommen war, die Frauen, die auf Erden mein gewesen waren, und bei ihrem Anblick wurde mein Geist beglückt. Bestimmt würden sie mich entdecken. Bestimmt würden zumindest sie von mir sprechen und meine Gegenwart spüren.
    Aber obwohl sie sich mir auf zwei Schritte näherten, war dem nicht so. Sie schienen einander zu küssen und rasch Gedanken über viele Dinge auszutauschen, über erhabene Dinge, von denen ich nicht schreiben will, und über gewöhnliche Dinge, ja, selbst über die schimmernden Roben, die sie trugen, doch nicht ein Wort über mich! Ich versuchte mich zu

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