Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
Vom Netzwerk:
nannte. Weil sie Verräter waren und meine Armee an Rezu verraten hatten, habe ich sie mit meinem Zorn und mit dem Stab meiner Macht getötet. Oh, ich weiß, daß Ihr es mir nicht glaubt, doch früher oder später werdet Ihr es glauben, da ich sonst, um Euren Wunsch zu erfüllen, Euch ebenfalls töten müßte – beinahe. Und darin liegt die Schwierigkeit, Allan. Euch ganz zu töten, wäre ein Kinderspiel, doch Euch nur soweit zu töten, daß Euer Geist freigesetzt wird, und doch eine Nische sterblichen Lebens in Euch zu belassen, durch die er zurückkriechen kann, ist äußerst schwierig; etwas, das allein ich zuwege bringe, und selbst ich bin mir dessen nicht ganz sicher.«
    »Bitte, versucht nicht, damit zu experimentieren ...«, begann ich, zutiefst entsetzt, doch sie unterbrach mich sofort.
    »Stört mich nicht länger, Allan! Ihr mit Eurem Zittern und dem ständigen Wechseln seiner wankelmütigen Unsicherheit, auf daß Ihr nicht Schlimmeres hervorruft, als Ihr Euch träumen laßt, und auch den meinen unsicher macht, mein Können beeinträchtigt. Nein, versucht nicht zu fliehen, denn das Netz ist bereits über Euch geworfen, und Ihr könnt Euch nicht mehr regen, da Ihr gefangen seid wie eine kleine Wespe im Gewebe einer Spinne, oder wie ein Vogel von den Blicken von Basilisken.«
    Das stimmte, denn ich stellte fest, daß ich, so sehr ich mich auch abmühte, kein Glied rühren, nicht einmal ein Augenlid bewegen konnte. Ich war an diese Stelle gebannt und konnte nichts anderes tun, als meine Torheit zu verfluchen und zu beten.
    Inzwischen sprach sie immer weiter, doch von dem, was sie sagte, hörte ich kein Wort, da der mir verbliebene Verstand völlig damit ausgelastet war, mir bittere Vorhaltungen zu machen und meine Gebete zu sprechen.
    Plötzlich glaubte ich Ayesha in einem Tempel sitzen zu sehen, denn sie wurde von Säulen eingerahmt, und hinter ihr befand sich ein Altar, auf dem ein Feuer brannte. Überall um sie herum befanden sich Schlangen, Kobras, wie jene, die sie, aus Gold geformt, um ihre Taille trug. Für diese Schlangen sang sie, und die Schlangen tanzten nach dem Klang ihrer Stimme; ja, mit züngelnden Zungen tanzten sie auf ihren Schwänzen! Was diese Szene für eine Bedeutung haben mochte, konnte ich mir nicht vorstellen, es sei denn, daß diese Meisterin der Magie ihre Vertrauten konsultierte.
    Dann verschwand diese Vision, und Ayesha, und ihre Stimme schien von weit her zu kommen und verträumt zu klingen, und auch ihre wundervolle Schönheit wurde mir durch den Schleier sichtbar, als ob ich einen neuen Sinn erhalten hätte, der es mir ermöglichte, die Beschränkungen sterblichen Sehens zu überwinden. Und selbst in dieser verzweifelten Lage überlegte ich, daß es gut sei, wenn das letzte, was ich sehen würde, etwas so Wunderbares sein sollte. Nein, nicht das Letzte, denn aus den Augenwinkeln heraus sah ich, daß Umslopogaas, der auf dem Boden gehockt hatte, zurückgesunken war und nun wie ein Toter auf dem Rücken lag, die große Axt noch immer umklammert und über seinen Kopf gehoben, als sei er zu Eis erstarrt.
    Danach geschahen entsetzliche Dinge mit mir, und ich spürte, daß ich starb. Ein gewaltiger Sturm schien mich zu packen und hin und her zu blasen wie ein Blatt im Herbstwind. Tiefe Dunkelheit senkte sich über mich, gefolgt von einem Aufstrahlen blendenden Lichts, das von Blitzen durchzuckt wurde. Ich stürzte von hohen Klippen hinab und wurde an deren Fuß von einer Kraft aufgefangen, die mich wieder himmelwärts schleuderte.
    Aus diesen Himmeln wurde ich erneut hinabgeschleudert, in eine Art Strudel tintenschwarzer Nacht, in dem ich um und um herumgewirbelt wurde, stundenlang, wie es mir schien. Das Schlimmste jedoch war die Einsamkeit, unter der ich litt. Es schien, als ob es außer mir keine lebende Seele im ganzen Universum gäbe, niemals eine gegeben hatte und niemals eine geben würde. Ich hatte das Gefühl, als ob ich das Universum wäre, das auf ewig auf der Suche nach Gemeinschaft durch den Raum raste, und keine fand.
    Dann schien mich etwas bei der Kehle zu packen, und ich wußte, daß ich gestorben war – denn die Welt floß unter mir hinweg.
    Jetzt verließen mich alle Angst und alle sterblichen Gefühle, um durch einen neuen, geistigen Schrecken ersetzt zu werden. Ich, oder vielmehr mein körperloses Bewußtsein, schien vor Gericht gerufen worden zu sein, und das schlimmste dabei war, daß ich mein eigener Richter zu sein schien. Dort, eine Personifizierung kalter

Weitere Kostenlose Bücher