Sie und Allan
die Farbe von Blut nicht ertragen können, und davon in einen Angstzustand versetzt werden, so daß sie an die Oberfläche kommen und sich lieber jeder Gefahr aussetzen, als Blut in ihre Nüstern zu bekommen.
Nun, in diesem stillen Gewässer, das keine wahrnehmbare Strömung aufwies, breitete sich das Blut des toten Bullen sehr rasch aus, so daß die nachfolgende Herde in Panik geriet. Als die ersten von ihnen das Blut rochen oder schmeckten, warfen sie sich herum und versuchten, zurückzuschwimmen, stießen jedoch in der Enge des Kanals auf die Nachdrängenden, und es kam zu einem heillosen Durcheinander. Tiere kamen an die Oberfläche, bliesen, schnaubten, schrien und drängten sich im Wasser durch- und übereinander, während von hinten immer mehr nachdrängten, bis in dem engen Kanal das reine Chaos herrschte.
Alle unsere Gewehre eröffneten das Feuer in die Masse; es war wie eine Schlacht, und durch den Pulverrauch sah ich die Fluß-Eingeborenen, die als Treiber fungierten, in der Ferne näherkommen, in phantastischem Aufputz, schreiend und Speere schwingend, oder auch Büschel von brennendem Schilf. Die meisten von ihnen liefen die Ufer entlang, doch einige mutigere Geister kamen in Kanus durch die Lagunen und trieben die Flußpferde auf den Kanal zu, durch den allein sie in die großen Sümpfe gelangen konnten, und von dort in den Fluß. In all meiner Jagderfahrung habe ich noch nie ein solches Bild gesehen. Trotzdem war es für mich auf eine gewisse Weise unangenehm, denn ich schmeichele mir, ein sportlicher Jäger zu sein, und eine Treibjagd wie diese ist nicht das, was ich unter Sport verstehe.
Schließlich sah es so aus: der Kanal war auf einer langen Strecke buchstäblich mit Flußpferden gefüllt – ich schätze, daß es mehr als hundert gewesen sein müssen, Tiere jeder Art und Größe, von mächtigen Bullen bis zu kleinen Kälbern. Einige von ihnen wurden getötet, jedoch nicht viele, denn die Schießkunst unserer Jagdgefährten spottete jeder Beschreibung, und Treffer waren beinahe reiner Zufall. Für jedes Flußpferd, das getötet wurde, die meisten davon von Captain Robertson und mir, vermute ich, wurden viele nur verwundet.
Und noch immer wagten die unglücklichen Tiere, halb wahnsinnig von Krach, Feuer und Blut nicht, unsere schwache Barriere zu durchbrechen, wahrscheinlich aus dem von mir bereits angeführten Grund. Eine Weile blieben sie zusammengedrängt in dem Kanal, im Wasser und unter Wasser, und machten einen entsetzlichen Lärm. Dann, plötzlich, schienen sie zu einem Entschluß gekommen zu sein. Einige von ihnen brachen rückwärts aus, auf das brennende Schilf zu, auf die schreienden Treiber und die näherrückenden Kanus. Eins der Tiere, ein angeschossener Bulle, griff ein Kanu an, zermalmte es zwischen seinem riesigen Kiefern und tötete den Ruderer, auf welche Weise, weiß ich nicht, denn seine Leiche ist nie gefunden worden. Die meisten jedoch hatten einen anderen Entschluß gefaßt: sie stiegen zu beiden Seiten des Kanals an die Ufer und begannen an ihnen entlangzulaufen oder sogar mit erstaunlicher Geschicklichkeit die steilen Wände emporzuklettern. Dies war der Zeitpunkt, wo ich mir ernsthaft zu dem soliden, vom Wasser abgeschliffenen Felsen gratulierte, den ich mir als Deckung erwählt hatte.
Hinter diesem Felsen kniend, zusammen mit meinem Gewehrträger und Umslopogaas, der, da er nicht schoß, an meiner Seite geblieben war, feuerte ich ununterbrochen auf die ungeschlachten Tiere. Doch so rasch ich auch aus zwei Gewehren schießen mochte, konnte ich doch nicht einmal die Hälfte von ihnen aufhalten – und die anderen kamen jetzt unangenehm nahe heran. Ich blickte rasch Umslopogaas an, und selbst in dieser Situation amüsierte es mich, zu sehen, daß dieser mächtige Krieger, wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben, echte Angst zeigte.
»Das ist doch Wahnsinn, Macumazahn«, rief er durch das Krachen der Schüsse. »Sollen wir hierbleiben und uns von einer Horde Wasserschweinen zertrampeln lassen?«
»Es sieht so aus«, antwortete ich, »falls du es nicht vorziehen solltest, gefressen zu werden«, setzte ich hinzu, und deutete auf ein riesiges Krokodil, das ebenfalls aus dem Wasser geklettert war und mit aufgerissenen Kiefern auf uns zukam.
»Bei der Axt!« schrie Umslopogaas, »ich denke nicht daran, so zu sterben, zertreten wie eine Schnecke von einem Ochsen!«
Ich erwähnte bereits den Baum, auf den ich gestiegen war. In dieser Notlage rannte Umslopogaas zu
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