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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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nicht ganz geheilt war, und mit dem sie sich ebenfalls angefreundet hatte, damit er sich um sie kümmere. Außerdem blieben ja auch noch die beiden Zulu-Krieger hier, deren Magenbeschwerden fast überwunden waren, so daß sie nichts zu befürchten habe. Sie antwortete mit einem flüchtigen Lächeln, daß sie nichts befürchte, aber dennoch gerne mit uns gekommen wäre. Und damit trennten wir uns – für eine sehr lange Zeit, wie sich herausstellte.
    Es war eine richtige Zeremonie. Umslopogaas übergab Inez, ›im Namen der Axt‹, feierlich in die Obhut seiner beiden Krieger und befahl ihnen, sie zu beschützen, mit einem solchen Ernst, daß ich zu argwöhnen begann, er befürchte irgend etwas, das er mir aus bestimmten Gründen verschwiegen hatte. Unwillkürlich gingen meine Gedanken zurück zu der Prophezeiung des Medizinmanns Goroko, an die Umslopogaas auch denken mochte, doch da er, während er sprach, den Blick seiner harten Augen auf den fetten, eingebildeten Mischling Thomaso gerichtet hielt, schloß ich, daß der das Objekt seiner Zweifel war. Es mochte ihm eingefallen sein, daß Thomaso die Abwesenheit ihres Vaters ausnutzen könnte, um sich an Inez heranzumachen. Wenn dem so sein sollte, so war er aus verschiedenen Gründen im Irrtum, von denen ich nur einen nennen will: selbst wenn so ein Gedanke jemals in Thomaso aufgestiegen wäre, war er ein viel zu großer Feigling, um ihn in die Tat umzusetzen. Trotzdem, da ich irgendwie ein schlechtes Gefühl hatte, gab ich Hans den Auftrag, Inez ständig im Auge zu behalten, und allgemein alles zu beobachten, und sich, falls er irgend etwas Verdächtiges bemerken sollte, sofort mit uns in Verbindung zu setzen.
    »Ja, Baas«, sagte Hans, »ich werde auf ›Traurige Augen‹ aufpassen« – so hatten unsere Zulus mit ihrer scharfen Beobachtungsgabe Inez genannt –, »als ob sie meine eigene Großmutter wäre, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, was sie zu befürchten haben könnte. Aber, Baas, ich würde viel lieber mit dir gehen und mich um dich kümmern, wie es dein verehrter Vater, der Prediger, von mir verlangt hat, und was auch meine Pflicht ist, und nicht das Hüten von Mädchen, Baas. Außerdem ist mein Fuß schon wieder ziemlich in Ordnung, und ... und ich möchte Flußpferde schießen und ...« Er zögerte.
    »Und was, Hans?«
    »Und Goroko hat gesagt, daß es viel Kampf geben wird, und wenn es Kampf geben sollte und du zu Schaden kommst, weil ich nicht da war, um dich zu beschützen, was würde dein verehrter Vater dann wohl von mir denken?«
    All das bedeutete zweierlei: daß Hans nie von mir getrennt sein mochte, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, und daß er viel lieber auf eine Jagd ging als allein an diesem fremden Ort zurückzubleiben, wo er nichts anderes tun konnte, als essen und schlafen. Das war meine Schlußfolgerung, obwohl ich seine Motive nicht ganz durchschaut hatte. In Wirklichkeit focht Hans einen sehr tapferen moralischen Kampf gegen die Versuchung. Wie ich später herausfand, hatte Captain Robertson ihm heimlich etwas von seinem starken Gin zukommen lassen, wahrscheinlich aus Sympathie für einen Trinker-Kollegen. Außerdem hatte er ihm gezeigt, wo er sich, wenn er wollte, mehr davon holen konnte, und Gin wollte Hans immer, sehr sogar. Gin in seine Reichweite zu stellen war etwa so, als wenn man eine Handvoll Diamanten vor der Nase eines Diebes liegenlassen würde.
    »Du wirst hierbleiben, Hans, dich um die junge Dame kümmern und deinen Fuß auskurieren«, sagte ich streng zu ihm, woraufhin er mit einem Seufzen zusammensackte und um etwas Tabak bat.
    Inzwischen war Captain Robertson, der, wie ich vermutete, einen Steigbügeltrunk zu sich genommen hatte, um sich für die Reise zu stärken, im sogenannten Dorf bei der Abschiedszeremonie, denn ich sah ihn eine Reihe von Mischlingskindern küssen und hörte ihn Thomaso Anweisung geben, sich um sie und ihre Mütter zu kümmern. Als er schließlich zurückkam, rief er Inez zu, die auf der Veranda geblieben war – denn sie schien immer die Gesellschaft ihres Vaters zu meiden, wenn er vom Dorf kam –, ›die Ohren steifzuhalten‹ und sich nicht einsam zu fühlen, und dann setzte die Kavalkade sich in Bewegung.
    Also brachen wir auf: etwa zwanzig von den Eingeborenen aus dem Dorf, ein wild zusammengewürfelter Haufen, mit allen möglichen Schießprügeln bewaffnet, marschierten singend voran. Dann kam der Wagen mit Captain Robertson und mir auf dem Kutschbock, und schließlich

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