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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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bereue, diese einmalige Chance vorübergehen gelassen zu haben – falls es sie tatsächlich gegeben haben sollte –, ein Leben zu verlängern, das trotz allem seine Annehmlichkeiten hat – besonders, wenn man sich ein Vermögen schaffen konnte. Offensichtlich war dies der Fall einer verpaßten Gelegenheit, und mein einziger Trost, sie verpaßt zu haben, liegt darin, daß dies auf die mir angeborene Aufrichtigkeit zurückzuführen war, die es mir so schwer machte, meine Zustimmung zu Behauptungen zu geben, deren Wahrheitsgehalt ich aus vielerlei Gründen anzweifeln mußte, und dadurch eine sehr mächtige und launische, wenn auch schöne Frau verärgert zu haben.
    »Also ist dies erledigt«, fuhr sie mit einem Unterton von Verstimmung fort, »und Ihr werdet es bald ebenfalls sein, der Ihr, hättet Ihr meine Worte nicht bezweifelt und mich nicht verärgert, für eine ungeahnte Zeitspanne leben und einer der Herren der Welt werden können, so wie ich es bin.«
    Sie machte eine Pause, weil sie, wie ich glaube, an ihrem kindischen Zorn zu ersticken drohte, und ich konnte mich nicht beherrschen, ihr zu sagen: »Diese Position und diese Macht, die Ihr behauptet zu besitzen, o Ayesha, scheinen Euch jedoch nicht viel einzubringen. Wenn ich ein Herr der Welt wäre, würde ich jedenfalls nicht ständig unter Wilden leben, die Mitmenschen auffressen, und in einem Haufen Ruinen. Aber vielleicht sind die Flüche von Aphrodite und Isis noch mächtigere Herren?« Ich schwieg und blickte sie abwartend an.
    Dieses mutige Argument, denn heute sehe ich ein, daß es sehr mutig war, schien meine schöne Gesprächspartnerin zu erstaunen, ja, sogar zu verwirren.
    »Ihr besitzt mehr Weisheit, als ich angenommen hatte«, sagte sie nachdenklich, »da Ihr begriffen habt, daß niemand wirklich Herr von irgend etwas ist, da über jedem immer ein noch mächtigerer Herr steht, der allen Stolz und Pomp zu nichts verwelken läßt, wie es schon die großen Könige der Frühzeit erfahren haben, und wie ich, die ich höher stehe als sie, es heute erfahre. Hört zu! Ich bin von Unbill geplagt, bei dem Ihr und Eure Gefährten mir helfen könnten, wofür ich jedem von Euch die Gebühr zu zahlen bereit bin, die Ihr verlangt. Der düstere weiße Mann, der bei Euch ist, soll seine Tochter heil und gesund befreien; ob er selbst heil und gesund dabei herauskommt, kann ich jedoch nicht versprechen. Der wilde, schwarze Häuptling soll seinen Durst nach Kämpfen stillen und den Ruhm erlangen, den er sucht, und außerdem etwas, das er noch mehr sucht. Der kleine, gelbe Affe verlangt nach nichts anderem, als wie ein Hund stets bei seinem Herrn zu sein, seinen Magen zu füllen und seine äffische Neugier zu befriedigen. Ihr, Allan, sollt die Toten sehen, über die Ihr des Nachts nachgrübelt, obwohl der andere Preis, den Ihr hättet erringen können, jetzt Eurer Reichweite entglitten ist, da Ihr Euch insgeheim über mich lustig macht.«
    »Was müssen wir tun, um dies alles zu gewinnen?« fragte ich. »Wie können wir bescheidenen Kreaturen einer helfen, die allmächtig ist und in ihrem Busen die unendliche Weisheit von zwei Jahrtausenden birgt?«
    »Ihr müßt unter meinem Banner Krieg gegen meine Feinde führen. Was den Grund für diesen Krieg betrifft, so hört das Ende meiner Geschichte, dann werdet Ihr ihn wissen.«
    Ich sagte mir, daß es mehr als erstaunlich war, wenn diese Königin, die behauptete, übernatürliche Kräfte zu besitzen, unsere Hilfe in einem Krieg brauchen sollte, hielt es jedoch für klüger, meine Gedanken für mich zu behalten und sagte nichts. Aber ich hätte genausogut sprechen können, denn, wie immer, las sie meine Gedanken.
    »Ihr meint, daß es sehr seltsam ist, Allan, wenn ich, die Allmächtige und Unsterbliche, um Eure Hilfe in einem lächerlichen Stammeskrieg ersuche, und das wäre auch der Fall, wenn meine Feinde nichts anderes als gewöhnliche Wilde sein würden. Doch sie sind mehr; sie sind Menschen, die von dem uralten Gott dieser uralten Stadt Kôr beschützt werden, einem großen Gott, zu seiner Zeit, dessen Geist noch immer in diesen Ruinen lebt, und dessen Macht noch immer solche beschützt, die ihn anbeten und seine unheiligen Riten von Menschenopfern praktizieren.«
    »Wie heißt dieser Gott?« fragte ich.
    »Sein Name war Rezu, und von ihm kam der ägyptische Re oder Ra, da in der Urzeit Kôr die Wiege Ägyptens war und das Eroberervolk von Kôr seine Götter mit sich nahm, als es in das Niltal einbrach und dessen Volk

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