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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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bei Isis, oder bei beiden, ich wußte es nicht. Ich wußte nur, daß ich ihn finden mußte , damals und immerdar, wie ich es noch heute tue und vielleicht über noch ungeborene Äonen hinweg tun werde. Auf jeden Fall fand ich ihn nicht, da er mit der Ägypterin entflohen war. Ich folgte ihm, wobei das Sistrum mich führte, auf welche Weise, spielt hier keine Rolle, und mir die nötigen Fähigkeiten verlieh, bis ich endlich in dieses uralte Land kam, in dessen Ruinen Ihr sitzt, und das einst als Kôr bekannt und berühmt war.«

14
     
    Allan verpaßt eine Gelegenheit
     
     
    Während sie so sprach, war die Lady, oder die Königin, oder die Hexe Ayesha ständig auf und ab gegangen, vom Vorhang zum Fuß der Empore und zurück, hatte mich mit ihrer parfümierten Robe gestreift, wenn sie an mir vorüberschritt, und während des Gehens mit ihren Armen gestikuliert wie ein Redner, um die wichtigsten Passagen ihrer Erzählung zu unterstreichen. Jetzt, da sie geendet hatte, oder ich es zumindest annahm, trat sie wieder auf die Empore und sank auf die Couch, als ob sie erschöpft wäre, obwohl ich annehme, daß es nur ihr Geist war, der nach Ruhe verlangte, und nicht ihr Körper. Sie saß eine Weile reglos vor sich hinbrütend, das Kinn in die Hand gestützt, blickte dann plötzlich auf und richtete ihren Blick auf mich, denn ich konnte das Aufblitzen ihrer Augen durch den dünnen Schleier sehen, und sagte: »Was haltet Ihr von dieser Geschichte, Allan. Glaubt Ihr sie, und habt Ihr schon jemals etwas Ähnliches gehört?«
    »Niemals« , antwortete ich mit Nachdruck, »und natürlich glaube ich jedes Wort. Es sind da nur zwei Fragen, die ich stellen zu dürfen bitte, Ayesha.«
    »Womit Ihr meint, Allan, daß Ihr nichts glaubt, da Ihr von Natur aus ungläubig und skeptisch gegenüber allem seid, das Ihr nicht sehen oder fühlen oder anfassen könnt. Aber gut, heraus mit Euren Fragen! Ich werde sie beantworten, falls sie nicht zu lang oder zu albern sind. Kommt, ich warte!«
    »O Ayesha«, sagte ich bescheiden, »selbst ich, der ich kein gebildeter Mensch bin, habe gelernt, daß diese Göttinnen, von denen Ihr gesprochen habt, von der griechischen Aphrodite, die vor den Ufern Zyperns dem Meer entstieg und in Paphos und anderenorts lebte ...«
    »Ja, sicher habt Ihr von ihr gehört, wie die meisten Menschen, und seid vielleicht auch von ihren Haaren über die Augen geschlagen worden, wie es schon Besseren von Euch geschehen ist«, unterbrach sie sarkastisch.
    »Außerdem«, fuhr ich fort, um jeden Streit zu vermeiden, »habe ich auch von dieser Isis gehört, der Mondgöttin, der Mutter der Mysterien, des Totengottes Osiris' Gefährtin, deren Sohn Horus der Rächer war.«
    »Ja, und ich denke, daß Ihr noch mehr von ihr erfahren werdet, Allan, denn jetzt fällt mir wieder etwas ein, das sie und Euch und eine andere betrifft. Ich bin nicht die einzige, die den der Isis abgelegten Eid gebrochen hat und dafür von ihr mit einem Fluch beladen worden ist, Allan, wie Ihr bald feststellen mögt. Doch was ist mit diesen Himmelsköniginnen?«
    »Nur dieses, Ayesha: Man hat mich gelehrt, daß sie nichts anderes waren als Gestalten der Fabel, die von den Menschen zusammen mit vielen anderen Gottheiten erfunden wurden, und ich hätte schwören mögen, daß dem so ist. Und doch sprecht Ihr von ihnen als wirklich und lebend, was mich verwirrt.«
    »Da Ihr nur schwer begreift, Allan, ist es nur natürlich, daß es Euch verwirrt. Wenn Ihr jedoch Vorstellungsvermögen hättet, würdet Ihr verstehen, daß diese Göttinnen die großen Naturprinzipien sind, Isis das der inthronisierten Weisheit und Tugend, und Aphrodite das der Liebe, was allen Männern und Frauen bekannt ist, die, da sie menschlich sind, nichts anderes tun können, als die Fackel des Lebens nach ihrer kurzen Stunde auf Erden weiterzureichen. Außerdem werdet Ihr begreifen, daß solche Prinzipien verschiedene Form und Gestalt annehmen können und ihren Dienern zu gewissen Zeiten in Majestät gekleidet erschienen, obwohl vielleicht heute andere, mit anderen Namen, ihre Zepter führen und ihren Willen ausführen mögen. Hier habt Ihr Eure Antwort auf diese Frage, und nun zur zweiten.«
    Ehrlich gesagt hatte ich nicht das Gefühl, überhaupt eine Antwort erhalten zu haben, und war sicher, nichts von dem zu wissen, was sie angeführt hatte, doch da ich es für besser hielt, das Thema zu wechseln, tat ich es.
    »Wenn ich Euch richtig verstanden habe, Ayesha, trugen sich diese –

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