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Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Titel: Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen von der Lippe
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ja ständig über alles, was wir denken, fühlen und wünschen.
    Die Fähigkeit, mittels Sprache zu kommuni-zieren, zeichnet den Menschen, aber ganz besonders die Frauen aus. In der Praxis sind sie weitaus aktiver als Männer, und es berei-62
    tet ihnen größere Freude, Erfahrungen, Ideen und Informationen mitzuteilen und auszutauschen. Auf längeren Bahnfahrten habe ich das oft erlebt. Mit Frauen kommt man ruck, zuck ins Gespräch und tauscht wichtige Lebenserfahrungen aus, auch ohne sich näher zu kennen. Neulich erst setzte sich eine tolle Frau – ein Festival für die Augen – zu mir und strahlte mich an. ›Mir ging’s nicht immer so gut. Ich bin erst seit einem Jahr wieder am Leben,‹ eröffnete sie das Gespräch, und zwischen Düsseldorf und Bochum erfuhr ich von ihrem bewegenden Schicksal, dem Verlust eines geliebten Menschen, Depressionen und einem Leben hinter geschlossenen Vorhängen. Erst mit dem Entschluss, wieder arbeiten zu gehen, voll-zog sich eine überraschende Wende, denn gleich bei ihrem ersten Einsatz verliebte sie sich über beide Ohren und war zwei Monate später wieder glücklich verheiratet. ›Wissen Sie,‹ sagte sie mir zum Abschied, ›ich dachte immer, eine große Liebe wäre mehr, als man sich wünschen kann, aber zweimal im Leben die große Liebe zu erleben, also, ich hätte nie gedacht, dass das möglich ist. Ich bin so glücklich.‹ Ja, und ich war es gleich mit und gab meinen grauen Zellen Anweisung, das Thema Große Liebe neu zu bearbeiten.
    Derart offene und persönliche Zufalls-Unterhaltungen sind mit Männern kaum
    möglich. Mit ihnen landet Frau meist im Small-Talk-Kreisverkehr – es sei denn, sie hat das Glück, einem Womanizer zu begeg-nen, einem Mann, der sich gerne mit Frauen 63
    unterhält und dabei noch charmant und hu-morvoll ist. Aber die sind rar gesät, und die zwei Männer, die sich bei meiner letzten Bahnfahrt im Bistro zu mir gesellten, waren eher meilenweit davon entfernt. Außer einem kurzen beiläufigen Nicken zur Begrü-
    ßung kam kein Mucks aus ihnen. Sie beschäftigten sich intensiv mit ihrem Kaffee, rauchten dazu und starrten nahezu synchron aus dem Fenster. Gemeinsam auf engstem Raum zu schweigen empfinde ich als unna-türlichen Zustand, also startete ich einen Gesprächsversuch mit den Worten: ›Man sagt ja, Raucher seien kommunikativer.‹
    Dieser Ansatz wurde kurz belächelt, zeigte aber ebensowenig Wirkung wie die zwei nächsten. Ihre Gesprächsmotoren wollten einfach nicht starten. Wahrscheinlich Diesel, dachte ich, die müssen erst vorglühen, und behielt Recht, denn nachdem vom Kaffee zum Bier gewechselt wurde und ich nach dem Ausgang des Fußballspiels Bayern
    München gegen Chelsea fragte, sprangen die Motoren an.
    Richtig Leben in die Bude kam aber erst mit dem Erscheinen einer attraktiven dunkelhäu-tigen Frau in den besten Jahren, mit der ich mich auf Anhieb verstand. Mit heller Begei-sterung und spanischem Akzent erzählte sie mir von der Messe, die sie gerade besucht hatte. Sie holte Prospektmaterial aus ihrer Tasche, zeigte mir die neuesten Entwicklun-gen auf dem Gebiet der Wasserwiederaufbe-reitung und intelligente Systeme zur Ener-gieeinsparung, die, wie sie sagte, in ihrem Land dringend gebraucht würden. Jetzt ka-64
    men die beiden Diesel langsam in Fahrt und fragten neugierig, woher sie denn käme. ›lch bin Afrikanerin, meine Vorfahren sind als Sklaven in die Karibik gebracht worden und von da aus hat es meine Familie nach Vene-zuela verschlagen«, erklärte sie freimütig und selbstbewusst und fügte – wohl um den Erotikfaktor etwas zu dimmen – gleich da-zu, dass sie glücklich verheiratet und Mutter zweier erwachsener Kinder sei und seit 20
    Jahren in Deutschland lebe. Wie das Leben in Deutschland für eine Ausländerin so ist, wollten sie nun wissen, und sie gab als größ-
    te Schwierigkeit die Kommunikationsmuffe-ligkeit an. Und siehe da, meine beiden Diesel, mittlerweile auf Betriebstemperatur, pflichteten ihr bei!
    Aus diesem Grund, fuhr sie zügig fort, habe sie den kürzlichen Besuch ihrer Heimat sehr genossen, denn dort rede man ganz selbstverständlich immer miteinander und man feiere zünftiger. Sie geriet ins Schwärmen und erzählte, dass sie dort in den Karneval geraten sei, drei Tage und drei Nächte durchgetanzt und sich anschließend wie neu geboren gefühlt habe. Calypso und nicht Samba hatte sie getanzt, erfuhren die ehe-maligen Schweiger, und wiegten sich mit ihr in dem Takt, den sie mit imaginären

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