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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ebenfalls. »Und es gibt noch eine Überraschung. Ich habe eine Flasche Champagner. Für später … wenn Sie das Buch fertig haben. Er heißt Dom Pérignon. Kostet fünfundsiebzig Dollar. Eine einzige Flasche! Aber Chuckie Yoder unten im Spirituosenladen sagte, es wäre der beste, den es gibt.«
    »Chuckie Yoder hat recht«, sagte Paul und dachte darüber nach, dass es teilweise die Schuld des Dom war, dass er überhaupt in diese Lage geraten war. Er hielt einen Augenblick inne, dann sagte er: »Ich hätte gern noch etwas, wenn ich damit fertig bin.«

    »Oh? Und das wäre?«
    »Sie haben einmal gesagt, Sie hätten alle meine Sachen.«
    »Habe ich.«
    »Nun … in meinem Koffer war eine Packung Zigaretten. Ich würde gern eine rauchen, wenn ich fertig bin.«
    Ihr Lächeln verblasste langsam. »Sie wissen, dass das nicht gut für Sie ist, Paul. Es ist krebserregend.«
    »Annie, sind Sie der Meinung, dass Krebs zu den Dingen gehört, über die ich mir im Moment den Kopf zerbrechen muss?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich möchte nur eine einzige Zigarette. Ich habe mich immer zurückgelehnt und eine geraucht, wenn ich fertig war. Diese Zigarette schmeckt immer am besten, glauben Sie mir - sogar noch besser als die nach einem wirklich guten Essen. So war es jedenfalls immer. Heute wird mir davon wahrscheinlich schwindlig und schlecht werden, aber ich hätte dennoch gern diese kleine Erinnerung an die Vergangenheit. Was sagen Sie, Annie? Seien Sie keine Spielverderberin. Ich war auch keiner.«
    »Also gut … aber vor dem Champagner. Ich trinke keine fünfundsiebzig Dollar teure Flasche Blubberwasser in einem Zimmer, das Sie mit diesem Gift verpestet haben.«
    »Das ist in Ordnung. Wenn Sie sie mir gegen Mittag bringen, dann lege ich sie auf das Fenstersims, wo ich sie ab und zu ansehen kann. Wenn ich fertig bin, trage ich die Buchstaben nach, dann rauche ich sie, bis ich fast besinnungslos bin, dann drücke ich sie aus. Und dann rufe ich Sie.«
    »Also gut«, sagte sie. »Aber glücklich bin ich nicht darüber. Auch wenn Sie von dieser einen keinen Lungenkrebs
bekommen, bin ich nicht glücklich darüber. Und wissen Sie, warum, Paul?«
    »Nein.«
    »Weil nur unartige Bienchen rauchen«, sagte sie und begann, das Geschirr abzuräumen.

39
    "Mistah Boss Ian, is sie --?”
    “Psssstt!”, zischte Ian heftig, und Hezekiah verstummte. Geoffrey spürte seinen Herzschlag heftig in der Kehle pochen. Von draußen hörte man das unablässige Ächzen von Tauwerk und Takelage, das leise Flattern der Segel in der ersten leichten Brise des aufkommenden Passatwindes, den gelegentlichen Schrei eines Vogels. Vom Achterdeck konnte Geoffrey undeutlich eine Gruppevon Männern hören, die mit grölenden, schiefen Stimmen ein Seemannslied sangen. Aber hier drinnen herrschte Schweigen, während die drei Männer, zwei weiß und einer schwarz, darauf warteten, ob Misery überleben würde... oder...
    Ian stöhnte heiser, und Hezekiah packte seinen Arm. Geoffrey presste nur seine bereits bis zur Anstrengung verspannten Hände noch fester an den Leib. Nach all dem, konnte Gott wirklich so grausam sein und sie sterben lassen? Einst hätte er eine solche Möglichkeit rundweg abgelehnt, humorvoll und keineswegs
empört. Die Vorstellung, dass Gott grausam sein könnte, wäre ihm in jenen Tagen absurd erschienen.
    Aber seine Vorstellung von Gott hatte sich -- wie seine Vorstellungen von so vielen sich -- wie seine Vorsfellungen von so vielen Dingen -- verändert. Sie hatte sich in Afrika verändert. In Afrika hatte er erfahren, dass es nicht nur einen Gott gab, sondern viele, undeinigedavon waren mehr als grausam -sie waren wahnsinnig, und das veränderte alles. Schließlich konnte man Grausamkeit verstehen. Doch gegen Wahnsinn kam man einfach nicht an.
    Wenn Misery wirklich tot war, wie er befürchtete, würde er auf das Vorderdeck gehen und sich über die Reling stürzen. Er hatte immer gewusst, dass die Götterhart waren, und hatte diese Tatsache akzeptiert; aber er verspürte nicht den Wunsch, in einer Welt zu leben, wo die Götter wahnsinnig waren.
    Diese erbärmlichen Gedanken wurden von einem rauen, halb abergläubischen Stöhnen Hezekiahs unterbrochen.
    "Mist’ Boss Ian! Mist’ Boss Geoffrey!
    Sehen! Sie Augen ! Sehen sie Augen! "
    Miserys Augen, diese überwältigenden kornblumenblauen Augen, hatten sich flatternd geöffnet. Sie sahen von Ian zu Geoffrey und dann wieder zu Ian. Für einen Augenblick sah Geoffrey nur Verwirrungin diesen

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