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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eine Sorte?«
    »In diesem Schreibwarenladen, wo Sie kaufen …«
    »Im Paper Patch.«
    »Ja, Paper Patch. Sagen Sie ihnen, Sie möchten zwei Ries - ein Ries, das sind fünfhundert Blatt …«
    »Das weiß ich, Paul. Ich bin nicht dumm.«
    »Ich weiß, dass Sie nicht dumm sind«, sagte er und wurde noch nervöser. Die Schmerzen in seinen Beinen machten sich wieder bemerkbar, und in seinem Becken schrien sie bereits vernehmlich - er saß jetzt fast eine Stunde lang, und die Versehrungen dort unten begannen, sich darüber zu beschweren.
    Bleib ruhig, um Himmels willen - du darfst nicht alles aufs Spiel setzen, was du erreicht hast!
    Aber habe ich etwas erreicht? Oder ist das nur Wunschdenken?

    »Verlangen Sie zwei Ries weißes Schmalbahn-Schreibmaschinenpapier. Hammermill Bond ist eine gute Marke; Triad Modern auch. Zwei Ries weißes Schreibmaschinenpapier werden weniger als diese eine Packung Corrasable kosten, und sie dürften ausreichen, um Entwurf und Endfassung des Buches zu tippen.«
    »Ich gehe sofort«, sagte sie und stand unvermittelt auf.
    Er sah sie erschrocken an und begriff, dass sie abermals gehen wollte, ohne ihm seine Medikamente zu geben; und dieses Mal saß er aufrecht. Das Sitzen schmerzte bereits; wenn sie zurückkam, würden die Schmerzen unerträglich sein, auch wenn sie sich beeilte.
    »Das müssen Sie nicht«, sagte er hastig. »Das Corrasable genügt für den Anfang - schließlich werde ich es ohnehin noch einmal überarbeiten müssen …«
    »Nur ein Dummkopf würde versuchen, gute Arbeit mit schlechten Werkzeugen anzugehen.« Sie griff die Packung Corrasable Bond, dann nahm sie das Blatt mit den beiden verschmierten Linien und knüllte es zu einem Ball zusammen. Beides warf sie in den Papierkorb, dann drehte sie sich wieder zu ihm um. Dieser steinerne, verstockte Ausdruck bedeckte ihr Gesicht wie eine Maske. Ihre Augen glitzerten wie polierte Münzen.
    »Ich fahre jetzt in die Stadt«, sagte sie. »Ich weiß, Sie wollen so schnell wie möglich anfangen, da Sie auf meiner Seite sind« - die letzten Worte sprach sie mit einem ätzenden Sarkasmus aus (und, wie Paul vermutete, mit mehr Hass auf sich selbst, als ihr jemals bewusst sein würde) - »daher werde ich mich nicht einmal damit aufhalten, Sie wieder ins Bett zu legen.«

    Sie lächelte, ein Zurückziehen der Lippen, das auf groteske Weise marionettenhaft wirkte, und kam mit den lautlosen weißen Krankenschwesterschuhen an seine Seite. Ihre Finger berührten sein Haar. Er zuckte zusammen. Er versuchte, es nicht zu tun, aber er konnte es nicht unterdrücken. Ihr groteskes Lächeln wurde noch breiter.
    »Ich befürchte zwar, wir werden den tatsächlichen Beginn von Miserys Rückkehr um einen Tag verschieben müssen … vielleicht zwei … vielleicht sogar drei. Ja, es könnte drei Tage dauern, bis Sie wieder sitzen können. Wegen der Schmerzen. Zu schade. Ich hatte bereits den Champagner im Kühlschrank kalt gestellt. Ich werde ihn wieder auf das Regal zurückstellen müssen.«
    »Annie, ich kann wirklich anfangen, wenn Sie …«
    »Nein, Paul.« Sie ging zur Tür, dort drehte sie sich um und sah ihn mit ihrem versteinerten Gesicht an. Nur ihre Augen, diese polierten Münzen, waren unter dem Wulst der Brauen völlig lebendig. »Ich möchte Sie gern mit einem Gedanken hier zurücklassen. Sie denken vielleicht, Sie können mich zum Narren halten oder austricksen; ich weiß, ich sehe langsam und dumm aus. Aber ich bin nicht dumm, Paul; und nicht langsam.«
    Plötzlich brach ihr Gesicht entzwei. Die steinerne Verstocktheit barst, darunter kam die Fratze eines bis zum Irrsinn wütenden Kindes zum Vorschein. Einen Augenblick glaubte Paul, das Ausmaß seines Entsetzens würde ihn umbringen. Hatte er geglaubt, er hätte die Oberhand gewonnen? Hatte er das wirklich? Konnte man tatsächlich Scheherazade spielen, wenn man sich in der Gewalt einer Verrückten befand?

    Sie raste durch das Zimmer auf ihn zu, die feisten Schenkel flogen, die Knie bogen sich, die Ellbogen schossen in der abgestandenen Luft wie Kolben hin und her. Das Haar wippte und flog ihr ums Gesicht, nachdem es sich von den Haarnadeln löste, die es gehalten hatten. Jetzt war ihre Annäherung nicht lautlos; sie war wie das Stapfen von Goliath, der ins Tal der Gebeine hinunterschritt. Das Bild des Triumphbogens erzitterte ängstlich an der Wand.
    »Hiiiii-jahhh!«, kreischte sie, dann schlug sie die Faust mit aller Gewalt auf den Salzstock, der einst Paul Sheldons linkes Knie gewesen

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