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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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zwei Rädern fahren, und es hätte nicht viel gefehlt, und sie wären umgestürzt. Dann rollte die Kutsche wieder auf allen vieren. Doyle und Sparks flogen hin und her, während sie sich am Rahmen festhielten und ihre Arme um das Kreuz des offenen Fensters schlangen.
    »Nicht anhalten!« schrie Sparks.
    Larry ließ die Peitsche knallen und raste geradewegs auf das vor ihnen liegende Krankenhaustor zu. Hinter ihnen, in der Einfahrt, nahmen Leboux' Kutsche und das Mannschaftsgefährt die Verfolgung auf. Mit heulender Handsirene kam in scharfem Tempo eine Krankenhausdroschke durch das Tor direkt auf sie zu. Selbst wenn beide Fahrzeuge mit normaler Geschwindigkeit fuhren, gab es kaum genug Platz für zwei Kutschen, um die Öffnung zu passieren. Eine Kollision schien unvermeidbar.
    »Weiter!«
    Sparks und Doyle preßten sich an die Außenwand der Kutsche, als die beiden Fahrzeuge einander um wenige Zoll verfehlten. Funken sprühten, als die Räder ineinandergriffen, doch ihre Naben verkeilten sich nicht. Als sie frei durch das Tor jagten, spürte Doyle, wie die Seitenwand der Krankenhausdroschke neben ihm vorbeistrich. Doch in der unmittelbaren Nachwirkung der Beinahe-Kollision hatte der Kutscher der Krankenhausdroschke weniger Glück: Als dieser sich dem Verfolgergefährt gegenübersah und bremsen wollte, drehte sich das Gefährt heckwärts um die eigene Achse. Die Pferde scheuten, die Ambulanz kippte zur Seite und blockierte die Einfahrt und jeden Zugang zum Tor. Leboux' Kutsche kam kurz vor dem Wrack zum Stehen. Bobbys ergossen sich aus dem Mannschaftsgefährt und eilten zu den gestürzten Pferden, doch jetzt war es bereits zu spät, um Larry noch verfolgen zu können. Der fuhr mit Sparks und Doyle, die sich noch immer an den Außenquerstangen der Kutsche festhielten, um eine Ecke und außer Sichtweite des Krankenhaustors in den tarnenden Strom des Londoner Verkehrs hinein.

Theatermimen
    ZU DOYLES ÜBERRASCHUNG ging die Fahrt nach Norden; Larry führte sie auf geradem Kurs aus London heraus. Es war seine Annahme gewesen, daß sie nach Battersea zurückkehren und die Lok holen würden, die ihnen die Flucht aus Topping ermöglicht hatte. Larry behielt ein Tempo bei, das ausreichen sollte, jeden etwaigen Verfolger abzuschütteln, ohne gleichzeitig allzuviel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Telegraphenleitungen das Lied ihres Entkommens sangen.
    Während der Fahrt saß Doyle Sparks unbehaglich gegenüber. Sparks starrte aus dem Fenster. Zwar warf er Doyle gelegentlich einen Blick zu, doch er vermied jeden Augenkontakt.
    Wem soll ich nun glauben? Doyle sah sich gezwungen, sich diese Frage mit solcher Dringlichkeit zu stellen, daß eine logische Vivisektion dieses Problems unmöglich wurde. Nur diese eine Frage war in seinem Geist, und sie hämmerte in seinem Hirn wie eine Kirchenglocke.
    Ein Geistesgestörter aus Bedlam. War es möglich? Er war gezwungen, sich einzugestehen, daß diese Möglichkeit bestand. Ein Mensch, den eingebildete Verfolger drangsalierten, der in einem Schattenreich lebte, in dem es geheime Verbindungen bis hin zu den höchsten Stellen gab und zu keiner Geringeren, als ausgerechnet der Königin -, konstruiert von einem verstörten Geist, der in der Beengtheit der Zelle eines Irren gefangen war.
    Aber Sparks hatte doch immer so klar, so überlegen vernünftig gewirkt! Doyle wußte natürlich, daß auch Irre zu anhaltender Klarheit oder deren makelloser Simulation fähig waren. Vielleicht war Sparks' bedingungsloser Glaube an die ungeheuerlichen Geschichten, die er erzählte, der bedeutendste Hinweis auf seinen Wahnsinn. Konnte er wirklich all das sein, das zu sein er behauptete? Zwar existierten da noch die unterstützenden Aussagen von Larry und Barry, die man nicht unbeachtet lassen durfte - aber immerhin waren die beiden in seinen Diensten stehende Spitzbuben, die man leicht übers Ohr hauen und beeinflussen konnte. Vielleicht waren sie in diesem Verwirrspiel sogar seine Komplizen. Doch welchem Zweck diente es? Welchen Zweck konnte es haben? Ihm fiel keiner ein. Wenn Sparks wirklich verrückt war, gab es vielleicht überhaupt keine erkennbaren Gründe für sein Tun. Der Mann handelte vielleicht ohne Konzept und schneiderte sich seine Geschichten so zurecht, wie seine Fantasie und der gerade aktuelle Handlungsablauf es erforderten.
    Hinter Doyles besorgniserregenden Spekulationen tauchte plötzlich eine noch finsterere Frage auf: Was, wenn ein Alexander

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