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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Sparks gar nicht existierte? War es möglich, daß sein Gegenüber selbst das verbrecherische Überhirn war, das er seinen Bruder zu sein beschuldigte? Er wies ganz eindeutig all jene Talente auf, die er dem anderen attestierte. Hatte er ihn je einen anderen Menschen beschreiben hören, der dem bekannten Profil Alexander Sparks' näherkam? Was, wenn dieses brütende Rätsel, das ihm gegenübersaß, beide Brüder gleichzeitig verkörperte? Fragmentierte Seelen, die im verwirrten Schmelztiegel der Fantasie eines einzelnen residierten, von denen jede sich für ein autonomes Einzelwesen hielt, wobei das eine auf der Pirsch war und töten wollte, während das andere sich aufgrund von Erinnerungen an üble Taten quälte, die es in den finsteren Niederungen einer heimlichen Geisteskrankheit selbst begangen hatte? Bedeutete dies nicht auch, daß Jack der Schänder und Mörder seiner Eltern gewesen war? Es tat zwar weh, diese Gedanken zu erwägen - aber konnte es nicht so gewesen sein daß gerade die Ausübung dieser Untaten seinen Geist irgendwie gespalten hatten, so daß er die Verantwortung für das Unfaßbare nun einer Phantomgestalt in die Schuhe schob, die er pausenlos jagte beziehungsweise von der er sich fortwährend verfolgt fühlte?
    Die gelassenere Hälfte von Doyles Verstand raffte sich zu einem Protest auf. Wie, bitte schön, wollte er sich dann die Gestalt in Schwarz erklären, der er inzwischen zweimal begegnet war - den Mann, den Jack als seinen Bruder identifiziert hatte? Dann waren da noch die Vermummten in Grau, die Seance, seine ruinierte Wohnung und der Wahnsinn in Topping. All das stimmte mit Sparks' Geschichte überein, so eigenartig es auch klang, und all das hatte er persönlich erlebt. Die Morde an der Petrovitch und an Bodger Nuggins, Spiveys Visionen und der zum Tode verurteilte Junge in Blau; die Beweise, die er nur allzu deutlich mit eigenen Augen gesehen und am eigenen Leib erlebt hatte. Er konnte noch jetzt die deutlichen Striemen an seinen Gelenken erkennen, wo die Kreatur ihn im Keller des Britischen Museums gepackt hatte. Selbst wenn John Sparks völlig durchgedreht war: Er war nur eine Gestalt in einer wimmelnden, verzerrten Landschaft, die längst die Form und den Geschmack des Alltäglichen verloren hatte.
    Doyle teilte die Vorhänge, schaute aus dem Fenster und versuchte einen Eindruck davon zu gewinnen, wo sie waren. Links von ihnen war Coram's Fields; dann mußten sie also auf der Grey's Inn Road sein. Ja, die Kutsche hielt auf den Londoner Norden zu, Richtung Islington.
    Sollte er Sparks seine abwegigen Gedanken mitteilen? Oder gab es eine listigere Möglichkeit, die Ehrlichkeit seines Charakters zu prüfen? Lag es nicht ebenso im Bereich des Möglichen, daß Leboux' Information auf einem Irrtum basierte? Hätte er doch nur eine Gelegenheit gehabt, mit ihm zu reden und mehr Einzelheiten aus erster Hand über die Quelle seines Wissens und über Sparks zu erfahren. Diese Gelegenheit war nun vielleicht unwiderruflich dahin; nachdem er vor den Augen seines Freundes aus dem Krankenhaus geflohen war, mochte Leboux' Geduldsfaden endgültig gerissen sein. Er war nun, um es simpel auszudrücken, auf der Flucht vor der Justiz, und seine Möglichkeiten hatten sich beträchtlich verringert: Er konnte entweder einen Versuch machen, vor Sparks zu flüchten, und sich der Ungewissen Gnade der Polizei ausliefern - womit er unermeßliche Konsequenzen von Sparks' ernstzunehmendem Zorn riskierte - oder sich mit diesem Mann und seiner Außenseiterbande zusammentun, um ein Ungewisses Ende zu erleben.
    »Hat die Blavatsky irgend etwas über die Sieben oder den Schwarzen Lord geschrieben?« fragte Sparks.
    »Wie? Was?« fragte Doyle verdutzt.
    »Ich bin nicht so gut mit ihren Werken vertraut wie Sie. Erwähnt sie in ihren Schriften irgend etwas über die Sieben oder den Schwarzen Lord?« Sparks schien noch immer tief in Gedanken versunken; er würdigte Doyle kaum eines Blickes.
    Doyle durchforstete seine verstreuten Erinnerungen an die Blavatsky. Es schien hundert Jahre her zu sein, seit er den letzten ruhigen Abend in seiner Wohnung verbracht und sich entspannt ihren Texten gewidmet hatte.
    »Ich erinnere mich an irgendeine Entität - den Bewohner der Schwelle«, sagte Doyle und wünschte sich, das Buch bei sich zu haben. »Die Beschreibung entspricht in etwa der des Schwarzen Lords.«
    »Was soll der Bewohner der Schwelle sein?«
    »Ein Lebewesen ... Eine Entität von hohem spirituellem Ursprung, das sich

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