Sieben
in der Hand hält, wenn er es über die Haut zieht.«
»Die Flüssigkeit wäre dann ...«
»Bühnenblut. Eine Mischung aus Farbe und Glyzerin. Manchmal ist es auch tierisches Blut.«
Schweineblut zwischen den Ritzen der Dielenbretter in der Cheshire Street 13.
Sie lebt. Sie ist noch am Leben, dachte Doyle. Ich weiß es.
»Vier Schauspieler waren engagiert; sie haben uns von dreien berichtet. Was ist aus der vierten geworden, der zweiten Frau?« Stoker nickte. »Ich wußte, daß die bedauernswerte Truppe Nottingham nicht aus eigenem Antrieb verlassen hat - falls sie überhaupt je lebend aus der Stadt gekommen ist. So konfrontiert mit dem verwirrendsten Mysterium, dem ich in meinem Leben je begegnet bin, und angesichts des grundsätzlichen Desinteresses der Polizei, nahm ich mir vor, zu verfolgen, was ich über ihr Schicksal selbst in Erfahrung bringen konnte. Ich bin nämlich Romanautor, beziehungsweise bemühe ich mich, Romane zu schreiben. Meine familiären Verpflichtungen machen meine Tätigkeit im Theatermanagement zwar nötig, doch das Schreiben ist das Mittel dem ich meine größte persönliche Befriedigung verdanke.«
Doyle nickte. Er war zwar ein wenig irritiert darüber, daß der Mann seine Privatangelegenheiten so unverhohlen darlegte, doch sich der Problematik durchaus bewußt, da seine eigene gute Natur oftmals mit dem Impuls kämpfte, im rohen Erz seiner Erfahrungen nach Gold zu graben.
»Meine erste Handlung bestand darin, ein Verzeichnis der Namen der Schauspieler von dem Hotel in Nottingham zu bekommen, dann den Terminplan der Manchester Players, um in den nächsten Städten ihrer Tournee nachzuforschen, da die Chance bestand, daß sie irgendeinen Plan hatten, sich unterwegs neu zu formieren, und daß sich einer oder mehrere von ihnen sich dort einfinden würden. Dies führte mich nach Huddlesfield, dann, am Silvesterabend nach York, weiter nach Scarborough und schließlich vor zwei Tagen hierher nach Whitby. Ich habe in allen Städten die Theater und Hotels überprüft, in denen sie Zimmer reserviert hatten. Ich habe an Bahnhöfen und Piers beobachtet, wer ankam und abreiste, und Restaurants und Pubs aufgesucht, von denen man weiß, daß Wanderschauspieler sie frequentieren. Ich habe mich mit Schneidern und Schustern unterhalten. Schauspieler auf Reisen haben ständig Kostüme und Schuhe zu reparieren. Doch trotz all meiner Bemühungen wurde mir in keiner dieser Städte irgendeine ermutigende Reaktion zuteil. Ich war gestern nachmittag tatsächlich mehr oder weniger bereit, nach London zurückzukehren als ich in Whitby zufällig auf eine Wäscherin stieß, die tags zuvor das schwarze Seidenkleid einer Dame angenommen hatte, das durch einen besonders hartnäckigen roten Fleck verunziert war ...«
Sparks schoß hoch. Doyle schaute ihn an. Er zeigte den neugierigsten Ausdruck, den er je auf seinem Gesicht erblickt hatte. Doyle wandte sich um, um zu sehen, was diese Wirkung in ihm hervorgerufen haben konnte.
Sie stand im Türrahmen. Sie suchte Stoker, und als ihr Blick über seine Gefährten schweifte, zeigte ihr Gesicht den Anflug konzentrierter Befriedigung, ihn gefunden zu haben. Der Zusammenprall ihrer Blicke und das darauffolgende Wiedererkennen es erschien Doyle, als ließe all dies ihre Kraft schwinden. Hektische rote Flecke färbten ihre Wangen, und sie hielt sich mit einer Hand an der Wand fest, um sich zu stützen. Doyle erhob sich sofort und ging zu ihr, doch später konnte er sich nicht mehr daran erinnern, sich überhaupt gerührt zu haben. Er sah nur ihr Gesicht, das blasse, zarte Oval, das in seinen Gedanken und Träumen gespukt hatte; die weichen schwarzen Locken, die ihre Stirn umrahmten, ehe sie sanft über ihre Schultern flossen, den edlen Blick, die vollen, rosigen Lippen. Die elegante, schwanenartige Grazie ihres weißen Halses war in jeder Hinsicht makellos.
Als er vor ihr stand, reichte er ihr seine beiden Hände, die sie in einem Gruß nahm. Obwohl sich etwas in ihrem Innersten voller Ergebenheit, Furcht und Abbitte sie schien unsicher, wie er sie aufnahm zurückzuziehen schien, trat sie auf ihn zu. Als das verzeihende Willkommen in seinem Blick ihr bewußt wurde, ließ sie sich sanft an die Tür zurücksinken. Es war eine unbedeutende Geste, doch für Doyle Ausdruck einer atemberaubenden Turbulenz ihrer Gefühle. Sie sah ihn an und schaute wieder weg - unfähig, seinen auf sie gerichteten Blick längere Zeit zu ertragen. Emotionen huschten über ihr Gesicht, sie waren so
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