Sieben
erhoben, doch die Stille, die im Raum lag, als er geendet hatte, schmerzte Doyle aufgrund der Heftigkeit seines Grolls in den Ohren. Stoker war an die Tür zurückgetreten. Er war überwältigt und sprachlos. Es fiel Doyle schwer, sich zu rühren; er schämte
sich für den explosiven Ausbruch seines Freundes und die Brisanz der wenig anziehenden Wahrheit, von der er wußte, daß sie seiner groben Beurteilung innewohnte. Fast noch mehr verstörte es ihn, als er sah, daß Eileens Weinen fast augenblicklich abbrach. Sie saß aufrecht auf dem Stuhl, steif wie ein Zelluloid-kragen und unglaublich gefaßt. Ihr Blick musterte den Fragesteller ohne Furcht und Verärgerung; er war klar, fest und zeigte immense Selbstbeherrschung.
»Wie lautet Ihr Name, Madam?« fragte Sparks, nun weniger aggressiv und offenbar beschwichtigt durch die Echtheit ihres gegenwärtigen Zustandes.
»Eileen Temple.« Ihre Stimme schwankte nicht die Spur. In ihr klangen Stolz und der Anflug von nicht ganz unausgesprochenem Trotz mit.
»Mr. Stoker«, sagte Sparks, ohne ihn anzusehen, »ich gehe davon aus, daß Sie Miß Temple nach der Entdeckung der hiesigen Wäscherin zu dieser Adresse zurückverfolgt und gestern abend aufgesucht haben.«
»Richtig«, sagte Stoker.
»Miß Temple, Sie haben wie lange als Schauspielerin im Solde der ehemaligen Manchester Players gestanden?«
»Zwei Jahre.«
»Als Sie im letzten Oktober in London engagiert waren -wurden Sie da von jemandem aus Ihrer Truppe bezüglich eines Auftritts am zweiten Weihnachtstag in der Cheshire Street 13 angesprochen?«
»Von Sammy Fulgrave. Er und seine Frau Emma gehörten zur zweiten Besetzung unserer Truppe. Emma war schwanger; sie waren in ziemlich großen Geldnöten.«
»Dann haben die beiden Sie also dem Mann vorgestellt, der ihnen das Engagement angeboten hatte es war ein kleiner, dunkelhäutiger Mann, der ausländischen Akzent sprach und der Ihnen daraufhin das gleiche Angebot unterbreitete.«
Der finstere Mann bei der Seance, dachte Doyle. Der Mann, dem er ins Bein geschossen hatte.
»So war es«, sagte Eileen.
»Was waren die Bedingungen dieses Angebots?«
»Wir sollten einhundert Pfund bekommen. Fünfzig hat er im voraus gezahlt. Er sprach übrigens österreichischen Akzent.«
»Dann engagierte er mit Ihrer Hilfe den vierten und letzten Akteur?«
»Dennis Cullen. Er sollte meinen Bruder spielen ...«
»Der sich zweifellos in einer vergleichbar prekären finanziellen Lage befand«, sagte Sparks, dem es noch immer nicht gelang, den Anflug von Zorn aus seiner Stimme zu verbannen. »Was hat der Mann für seine hundert Pfund von Ihnen verlangt?«
»Unsere Teilnahme an einer Privatvorstellung für einen seiner reichen Freunde, der sich für Spiritismus interessiere. Er sagte, eine wohlmeinende Gruppe seiner Freunde wolle ihm eine Art Streich spielen.«
»Was für einen Streich?«
»Er erzählte uns, dieser Mann, ihr guter Freund, sei in Sachen Spiritismus entschieden ungläubig. Er sagte, man wolle ihn zu einer Seance einladen, bei der man ihm jeden Grund zu der Annahme liefern wolle, daß sie echt sei, und ihm dann mit Hilfe mehrerer ausgeklügelter Bühnentricks einen ordentlichen Schreck einjagen. Die Vorstellung sollte sich in einer Privatwohnung abspielen, und um ihr die rechte Würze zu verleihen, wollte man unbedingt professionelle Schauspieler einsetzen. Menschen, die der Mann nicht kannte, und deren Verhalten ihm glaubhaft erscheinen sollte.«
»Und nichts an diesem Angebot hat Ihren Argwohn erweckt?«
»Wir haben unter uns darüber gesprochen. Um ehrlich zu sein, es klang nach einem netten, harmlosen Späßchen. Nichts am Verhalten des Mannes deutete etwas anderes an, und das Geld konnten wir, offen gesagt, alle gut gebrauchen.«
Sie blickte Doyle an. Dann schaute sie weg; irgendwie beschämt, wie Doyle fand.
»Was hat er sonst noch von Ihnen verlangt?«
»Damals noch nichts. Wir sollten am Heiligen Abend zu einem Treffen nach London zurückkehren, um die Vorstellung zu organisieren. Dabei hat er uns in die Cheshire Street geführt und uns den Raum gezeigt, in dem die Seance inszeniert werden sollte. Er teilte uns unsere Rollennamen mit, erklärte uns, welche Charaktere wir darstellen, und bat uns, die dazu passenden Kostüme selbst auszusuchen. Erst da habe ich erfahren, daß Dennis und ich Bruder und Schwester spielen sollten.«
»Hatten Sie den Namen Lady Caroline Nicholson je zuvor gehört?«
»Nein.«
»Haben Sie diese Frau schon einmal
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