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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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sein«, sagte Stoker, »der sich so lautlos durch die Nacht bewegen und durch Türen und Fenster in Zimmer einsteigen kann? Der Menschen im Schlaf niederstrecken und sie forttragen kann, ohne jemals gesehen zu werden?« Während er dies sagte, näherte er sich Sparks, ohne daß seine Stimme lauter wurde. »Welche Art menschliches Wesen ist es? Wissen Sie es?«
    Sparks nickte. »Ich werde es Ihnen erzählen, Mr. Stoker. Doch zuvor müssen Sie mir sagen, was Sie vorhatten, als Sie uns an der Goresthorpe Abbey begegneten.«
    Stoker, der vor Sparks aufragte, verschränkte die Arme vor der Brust und zupfte bedächtig an seinem üppigen Backenbart.
    »Na schön«, sagte er. Er stützte sich auf die Fensterbank, zog Pfeife und Tabaksbeutel aus der Tasche, beschäftigte sich mit den kleinen, präzisen Ritualen des Rauchens und fing an zu sprechen. »Nachdem ich in Whitby angekommen war, habe ich mich mit vielen Menschen unterhalten, doch nur wenige konnten mir etwas von Wichtigkeit erzählen. Dann lernte ich unten an der Bay in einem Pub einen Mann kennen. Es war ein Walfänger, ein grauhaariger alter Seebär in den Siebzigern. Ist ein dutzendmal um die Welt gesegelt. Nun sitzt er im Hafen herum, schaut sich um und trinkt vom Mittag bis zur Sperrstunde sein Bier allein. Der Gastwirt und seine Stammgäste halten ihn für einen Säufer und harmlosen Irren. Kurz nachdem ich in das Lokal kam, rief der Seemann mich zu sich. Er war ziemlich aufgeregt und sehr darauf bedacht, mir etwas zu erzählen, von dem er genau wußte, daß es ihm niemand glaubte das heißt, er hatte es schon unzählige Male zu erzählen versucht, ohne daß ihm jemand geglaubt hatte.
    Er sagte, er schliefe nie sehr viel. Hatte wohl mit dem Alkohol und dem Alter zu tun. Deswegen verbrächte er viele lange Nächte beim Spazierengehen am Strand und auf dem Hügel, Richtung Abtei, wo man seine Frau vor zehn Jahren beerdigt hat. Manchmal, so sagte er, spricht sie zu ihm, er hört ihre Stimme in späten Nächten, die ihm wie der Wind in den Bäumen über dem Friedhof etwas zuflüstert. Eines Nachts, vor drei Wochen, als er wieder zu den Grabsteinen unterwegs war, rief sie ihn. Er sagte, ihre Stimme sei lauter gewesen als je zuvor. ›Schau aufs Meer‹, sagte sie. ›Schau auf den Hafen.‹ Der Friedhof verläuft direkt über dem Hafen entlang einer Steilwand. Es war eine stürmische Nacht, und die Flut stand hoch. Er schaute nach unten und sah ein Schiff, das mit den Wellen hereinkam. Es kam auf das Ufer zu zu schnell -, mit knatternden Segeln und losen Leinen. Es sah so aus, als würde es gleich auf Grund laufen. Der alte Seemann machte sich, so schnell er konnte, auf den Weg zum Strand hinunter, auf den das Schiff zueilte. Wenn es dort auf die Felsen schlug, würde es eine Katastrophe geben. Er wollte also Alarm schlagen.
    Als er an die Tate-Hill-Pier kam, einer kleinen Bucht, die man von der Kaimauer aus nicht einsehen kann, sah er, daß das Schiff fünfzig Yards vor der Küste den Anker geworfen hatte. Es war ein aufgetakelter Schoner, der hoch und leicht im Wasser lag. Von ihm aus kam ein Schiff zum Strand. Er sah überrascht, daß am Ufer Menschen mit Laternen warteten, die das Schiff einwinkten. Er ging näher an sie heran, blieb aber versteckt, weil er beschlossen hatte, sich nicht zu zeigen. Unter den Leuten sah er auch den Bischof.«
    »Bischof Pillphrock?« fragte Sparks.
    Stoker nickte. »Die anderen kannte er nicht. Das kleine Boot legte an. An Bord waren zwei Männer, einer davon ganz in Schwarz. Die Fracht bestand aus zwei Kisten in der Größe und Form von Särgen. Sie wurden schnell ausgeladen. Der Mann schwor, er habe auch einen großen schwarzen Hund aus dem Boot springen sehen. Der Schoner hat nicht auf die Rückkehr des kleinen Bootes gewartet; der Anker war bereits gelichtet. Er lavierte gegen den Wind, aufs offene Meer zu. Die an Land befindliche Gruppe schulterte die Kisten, die nicht allzuschwer zu sein schienen, und ging den Hügel hinauf, zur Abtei. Sie kamen kaum zehn Fuß am Versteck des alten Seemannes vorbei. Er hörte den Bischof etwas über ›die Ankunft unseres Herrn‹ sagen - jedenfalls glaubt er, es sei der Bischof gewesen -, woraufhin der Mann in Schwarz ihn mit grober Stimme angeschrien hat, still zu sein. Der Seemann ist ihnen gefolgt. Er sagt, er hat beobachtet, daß sie die Särge nicht nach Goresthorpe, sondern in die Ruinen der alten Abtei gebracht hätten, weiter den Hügel hinauf. Und er schwört, er hat den schwarzen

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