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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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völlig durcheinander -, dann fiel mir Whitby ein. Ich erinnerte mich an Whitby, weil wir schon einmal dort aufgetreten sind, mitten im Sommer. Das Meer und der Hafen waren so wunderschön ... Ich wollte auf einer Bank an der Kaimauer sitzen und mir die Schiffe ansehen, wie damals, wollte mich nicht bewegen und so lange wie möglich nicht nachdenken. Dann, so hoffte ich, würde ich vielleicht vergessen können, was man meinem Verstand angetan hatte ...«
    Tränen strömten über ihre Wangen, aber sie unternahm nichts, um sie fortzuwischen. Ihre Stimme blieb gleichmäßig und stark. »Am nächsten Tag nahm ich den Zug hierher. Ich hatte zwar nur die Kleider, die ich auf dem Leibe trug, doch mein Umhang war lang genug, um die Blutflecken auf dem Kleid zu verbergen. Ich habe mit niemandem gesprochen. Ich habe die Reise ohne Zwischenfälle hinter mich gebracht, obwohl ich sicher bin, daß man über die seltsame Frau getuschelt hat, die ohne Gepäck und ganz allein reiste. Dann habe ich mir hier ein Zimmer genommen, wie eine an gebrochenem Herzen leidende Verliebte. Ich habe mir die armseligen Kleider gekauft, die ich nun trage, und mein Kleid zum Reinigen gebracht. Das Blut hatte die Seide zwar ruiniert, aber ich konnte mich einfach nicht von ihm trennen. Es war mein bestes Kleid, ich hatte es nur einmal getragen ... am Silvesterabend, im vergangenen Jahr. Ich war an dem Abend, an dem ich dieses Kleid trug, so unglaublich glücklich, daß ich glaubte, mein Leben finge erst an, und ...« Sie hielt erneut inne, überwältigt von der Erinnerung, dann sagte sie einfach: »... und so habe ich mir hier ein Zimmer genommen, geschlafen und darauf gewartet, daß das Ensemble eintrifft.«
    Sie schaute zu Stoker, was wohl bedeuten sollte, das nächste Kapitel der Geschichte sei seine Ankunft gewesen, und daß sie die Geschichte bis zu ihrem gegenwärtigen Verlauf geführt hatte. Selbst Sparks schien von schmucklosen Härte ihrer schweren Prüfung besänftigt, Doyle reichte ihr sein Taschentuch, das sie wortlos nahm.
    Stoker war der erste, der das Gespräch weiterführte. »Miß Temple, Sie sollten ihnen erzählen was in der Nacht geschah, bevor ich Sie fand.«
    Eileen nickte und ließ das Taschentuch sinken. »Ich wurde mitten in der Nacht wach. Grundlos. Ich weiß nicht warum; ich habe mich nicht gerührt, ich habe einfach nur die Augen geöffnet. Ich wußte nicht genau, ich weiß es nicht einmal jetzt genau, ob ich träumte. Aber in der Dunkelheit meines Zimmers stand eine Gestalt in der Ecke. Ich habe sie sehr, sehr lange angeschaut, bevor ich mir dessen sicher war, was ich sah. Ein Mann. Er rührte sich nicht. Er sah ... unnatürlich aus.«
    »Beschreiben Sie ihn«, sagte Sparks.
    »Ein blasses Gesicht. Lang. Er war ganz in Schwarz gekleidet. Seine Augen ... Es ist schwer zu beschreiben seine Augen brannten. Sie absorbierten das Licht. Sie haben nie geblinzelt. Ich war so entsetzt, daß ich mich nicht rühren konnte. Ich konnte kaum atmen. Ich hatte das Gefühl, von etwas beobachtet zu werden, das ... irgendwie weniger war als ein Mensch. Da war ein Hunger. Wie ein Insekt.«
    »Er hat sie nicht angerührt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe sehr lange dort gelegen. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr. Ich war wie gelähmt. Wenn ich die Augen schloß und wieder öffnete, war er noch immer da. Als das erste Morgenlicht hereinfiel, öffnete ich wieder die Augen, und er war weg. Ich bin dann aufgestanden. Die Tür und die Fenster meines Zimmers waren verschlossen so wie sie es am Abend zuvor gewesen waren. Erst in diesem Moment wurde mir angst und bange ... Obwohl er mich nie angerührt und sich niemals bewegt hat, kam ich mir irgendwie ... attackiert vor.«
    »Miß Temple hat die vergangene Nacht in meinem Zimmer verbracht«, sagte Stoker. »Ich habe die ganze Nacht dort auf dem Stuhl gesessen und hatte dies in der Hand ...« Er zog eine doppelläufige Schrotflinte hinter dem Toilettentisch hervor. »Niemand ist in diesen Raum gekommen.«
    Doyle warf Sparks einen alarmierten Blick zu. »Wir werden Sie nicht mehr allein lassen. Keine Sekunde.«
    Sparks antwortete nicht. Er setzte sich aufs Bett und schaute aus dem Fenster. Seine Schultern sackten leicht zusammen.
    »Gehe ich fehl in der Annahme, wenn ich glaube, daß der Mann aus Miß Temples Zimmer der gleiche ist, der für die Verbrechen verantwortlich war, die wir diskutieren?« fragte Stoker.
    »Nein«, sagte Sparks leise. »Sie irren sich nicht.«
    »Welche Art Mensch mag das

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