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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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finsteren Blicken, und je lauter er sang und je stolzer er
seine Familie dem Gespött der Leute anheimgab, desto tiefer wurde mein Groll.
Was half es mir, daß ich zurückblieb und unbeteiligt hinaufschaute zum
Abendhimmel, sie wußten ja alle, daß ich »Pfarrers Amei« war und mit
dazugehörte. Trat dann noch Egon vor das elterliche Gasthaus, lehnte lässig an
der Tür und belächelte unsern Vorbeimarsch, Egon, für den mein Herz in
heimlicher Liebe brannte und den ich zum Helden meiner Träume gemacht, dann
hätte nicht viel gefehlt und ich hätte gleich Petrus meine Lieben verleugnet,
geschworen und geschrien: »Ich kenne die Menschen nicht!«
    Jedoch es blieb mir ein Trost in diesem
meinem Elend. Auch Beate neben mir litt und hielt gequält die Augen gesenkt.
Mich verlangte heftig danach, ihren Schmerz zu vertiefen und sie auf eine
Tatsache hinzuweisen, die ihr bisher entgangen.
    »Schau, Beate«, sagte ich freundlich,
»da steht Florian!« Worauf sie zusammenzuckte, den Kopf noch tiefer senkte und
die Augen schloß in der törichten Annahme, wenn sie Florian nicht sehe, dann
könne er sie auch nicht bemerken.
    Aber dieser Florian, der beste Sportler
des Dorfes, er, der sogar im Krieg gewesen und Auszeichnungen errungen und den
ich selber gern »mein« genannt, er machte alle bösen Anschläge zunichte,
strahlte wie die liebe Sonne, gesellte sich flugs zu uns und schmetterte mit,
als ob es nichts Schöneres für ihn gäbe, als hier vor den Augen seiner
Kameraden den Hanswurst zu spielen. Jetzt, da man ihn wieder Hohn und Spott
spüren ließ vonwegen seines Tarzansprunges, hatte sich Beate stolz von ihm
abgewandt und tat kund, daß sie nichts mit ihm und seinem unbekümmerten Gehabe
zu tun haben wolle.
    Aber, siehe da! Sie, die mit mir am
Ende des Zuges getrottet, sie beschleunigte auf einmal ihren Schritt, ging
vorbei an all den lustlos Wandernden bis hin zu Florian und gesellte sich an
seine Seite. Als sie Henriette überholte, blieb diese stehen, strich die Haare
aus der Stirn und schaute aufmerksam hinter der Mutter her. Ich tauchte neben
ihr auf und wollte eilig vorübergehen, aber Henriette klammerte sich an mich
und seufzte tief.
    »Meinst du, es ist wieder okay? Floh
benimmt sich wirklich unmöglich, aber deswegen braucht sie nicht gleich
auszuflippen. Ich sag’ dir, Tante Amei, er macht gerade irgendwas durch,
vielleicht diese Alterskrise, wenn du weißt, was das ist.«
    Ich versicherte, daß ich es wüßte, aber
nicht glauben könne, daß Florian sich schon in dieser Krise befände.
    »Eigentlich ist er noch zu jung dazu,
Jette.«
    Henriette runzelte sorgenvoll die
Stirn.
    »Ach, du kennst ihn nicht. Er ist
unheimlich clever, richtig frühreif... Was ist denn! Was hast du?«
    Beim Versuch, Henriettes Kummer über
den frühreifen Vater ernstzunehmen und sie nicht etwa durch unterdrücktes
Kichern zu erbittern, war mir das Pfefferminzbonbon, an dem ich gelutscht, den
Hals hinuntergerutscht. Henriette klopfte meinen Rücken und sinnierte weiter:
»Natürlich ist es manchmal schwierig für Mutter, aber wenn sie ihn dauernd
frustriert, dann wird es bös enden. Was meinst du?«
    Ich hustete erst das Pfefferminz heraus
und dann die Worte: »Ich glaub’ schon, daß sie es schaffen werden.«
    »Bist du sicher?« Henriettes Schläge
auf meinen Rücken wurden stärker und dringlicher.
    »Ja, ganz sicher. Es langt, Jette, ich
bin wieder in Ordnung.«
    Nach diesem Disput kehrte Henriette wie
üblich in sich selbst zurück, drehte am Rekorder und ließ die Beatles aus dem
Kasten, denn der Familiengesang war immer leiser und lustloser geworden und
schließlich ganz verstummt.
     
    Trotz Veras und Michaels gegenteiligen Beteuerungen
konnte es nicht verborgen bleiben, daß wir uns schmählich verlaufen hatten, vom
rechten Weg abgekommen quer durch den Tann stolperten und statt des
vorgesehenen Spazierganges eine ansehnliche Wanderung machten.
    Es war gewiß nicht Michaels Straßenkarte
oder gar seiner Ortskenntnis zu verdanken, nein, es deuchte uns ein rechtes
Wunder, daß wir bei einfallender Dunkelheit just an der Stelle aus dem Walde
brachen, wo Waldschenke und Autos unserer harrten.
    Die Kinder stimmten ein Freudengeheul
an. Sie waren aber auch die einzigen, die noch vergnügt herumsprangen und das
Unternehmen für gelungen hielten. Wir Erwachsenen standen müde und verdrossen
auf dem Parkplatz herum und ließen Michael deutlich spüren, wie ausgezeichnet
uns dieser »Spaziergang« gefallen.
    Der aber hatte noch

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