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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Eiseskälte von ihnen zu uns gedrungen, so wehte
nun ein milder Tauwind. Gittis Kopf ruhte an Klaus-Peters Schulter.
    »Hab’ ich einen Hunger!« seufzte Manfred.
    Nach einer halben Stunde krabbelten wir
vor dem Hotel aus dem Auto. Es hatte zu schneien begonnen, aber wir waren in
Sicherheit. Die anderen standen schon wartend am Eingang. Gitti und Klaus-Peter
liefen eilig dem Haus zu, aber Julia und Christoph verstellten ihnen den Weg.
    »Wo sind die Kinder?«
    »Wo sollen sie sein? Bei euch im Auto!
Wo sonst?«
    »Nein, das gibt’s doch nicht! Das kann
doch nicht wahr sein!«
    Manfred schloß gerade das Auto ab, da
faßte ihn Christoph am Arm.
    »Wo sind die Kinder? Andreas hat zu mir
gesagt, sie wollten jetzt bei euch mitfahren.«
    »Zu mir hat er kein Wort gesagt. Ich
hab’ mich gar nicht um sie gekümmert. Ich dachte, sie sitzen bei dir im Auto
wie schon den ganzen Tag...« Manfred brach ab. Die Rockerbraut kroch ins Auto
und suchte unter dem Rücksitz nach ihrem Wubbel. Aber er spielte nicht
Verstecken, er war verschwunden, und mit ihm Andreas und Mathias, einfach weg.
    »Du Wahnsinniger!« schrie Stefan auf
Christoph ein. »Läßt mir meinen Wubbel im Wald stehen!«
    »Er wollte mit Manfred fahren!« schrie
Christoph in der gleichen Lautstärke zurück. »Du bist selber schuld. Du hättest
aufpassen müssen! Du bist der Vater!«
    Da stand die Familie im Schnee,
sprachlos, wie vom Donner gerührt.
    Michael erwachte als erster aus der
Erstarrung, seufzte tief, zog die rutschende Hose hoch und sprach: »Es ist eine
unglückselige Verkettung der Umstände. Wir haben sie bei der Hirschwiese stehen
lassen. Andreas ist ein vernünftiger Junge, der weiß, daß wir kommen, und
wartet. Also, alles zurück! Fahrt langsam, die Straße ist glatt. Kein Grund zur
Aufregung.« Er stapfte seinem Auto zu, Vera wehklagend hinter sich. Ein kurzes
Durcheinander auf dem Parkplatz, dann rutschten die vier Autos wieder auf die
Straße hinaus.
    Von Gittis und Klaus-Peters Lippen
strömten Worte des Trostes.
    »Was soll schon passieren! Der Harz ist
völlig ungefährlich! Keine Bären, keine Wölfe! Die sind alle ausgestorben oder
im Zoo... Manfred, fahr langsam! Michael schliddert!«
    Michael fuhr in Wellenbewegungen. Sein
Mercedes hatte Schwierigkeiten auf der schneeglatten, steilen Straße. Kurz vor
der Höhe des Berges drehten die Räder durch, er rutschte, stand und kam nicht
mehr von der Stelle. Stefan lenkte sein Auto vorbei, Christoph tat es ihm nach
und Manfred auch. Auf der Kuppe hielten wir an und rannten zurück. Vera hatte
den Platz hinter dem Lenkrad eingenommen, Michael stand draußen.
    »Zurückrollen lassen!« kommandierte er.
»Und jetzt mit Schwung!«
    Er stemmte seine ganze Leibesfülle
gegen das widerspenstige Auto. Wir packten mit an, drückten und schoben,
dreizehn verzweifelte Familienmitglieder. Da blieb dem Mercedes keine Chance,
mochte er auch noch so schwer sein. Wir zwangen ihn über die glatte Stelle
hinweg, bis er trockenen Boden unter den Rädern hatte und unter Michaels
Führung ärgerlich schwänzelnd die Fahrt wieder aufnahm.
    Endlich lag der Parkplatz vor uns,
weißverschneit. Keine Kinder, kein Laut. Stefan und die Rockerbraut sprangen
aus dem Auto und wollten sich unverzüglich in den Wald stürzen.
    »Hiergeblieben!« schrie Michael.
»Sollen wir uns alle verlieren in der Dunkelheit? Jette stell deine
Katastrophenmusik an, die Kinder haben sie den ganzen Tag gehört, sie wird
ihnen bekannt Vorkommen. Wir gehen alle hinter Jette her bis zur Hütte, dann
überlegen wir weiter!«
    »Beate und ich bleiben hier«, sagte
Florian, »falls die Kinder auf den Parkplatz kommen.«
    »In Ordnung. Also los, Leute! Jette,
volle Pulle! Dreh auf, so weit es geht!«
    ›All you need is love, love is all you
need!‹ brüllten die Beatles durch den dunklen Wald, und Rehe, Hasen und Füchse
verkrochen sich entsetzt in ihre Schlupfwinkel.
    An Manfreds Hand stolperte ich den Weg
entlang. Die Wiese lag weiß und leer vor uns. Da löste sich eine kleine Gestalt
mit einem großen Stock aus dem Dunkel der Hütte und trat auf den Schnee hinaus.
Der Stock flog in den Schnee, der Kassettenrekorder auch. Henriette und Mathias
liefen aufeinander zu. Die Beatles taten noch einen Schluchzer und verstummten.
    »I han scho denkt, ihr kommet überhaupt
nemme!«
    Henriette kniete auf dem Boden und
hielt Mathias fest umklammert, die Rockerbraut hockte sich dazu.
    »Mathias, wo ist der Wubbel?«
    »Schrei doch net so, Tante Gabi!

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