Sieben in einem Auto
zurückfindet?“ fragte Jan. „Ich hoffe, nicht. Sie soll sich irgendwo draußen ein Loch suchen und da bleiben.“
„Draußen?“ fragte Jan.
„Ja.
„Auch im Regen?“
„Natürlich.“
„Wird sie ja ganz naß und erkältet sich!“
„Nein! Wenn’s regnet, bleibt sie in ihrem Loch“, sagte Herr Heger lächelnd. „Sie hat doch keinen Regenschirm.“ Nach diesen Worten nahm er den Eimer auf und ging aus der Küche. Jan und Christine kamen hinterher.
„Wenn sie aber Heimweh kriegt?“ fragte Jan.
„Mäuse kriegen kein Heimweh“, antwortete Herr Heger, „die fühlen sich überall zu Hause.“
„Auch wenn ihre Mama nicht da ist oder ihr Papa?“
„Sie ist vielleicht selber Papa oder Mama.“
Jan schaute in den Eimer, in dem die Maus immer noch ihre angstvollen Hochsprünge versuchte.
„Nee“, sagte er, „sie ist viel zu klein für Papa oder Mama, sie ist noch ein Kind.“
Vor einem großen Haselnußbusch blieb Herr Heger stehen. „So“, sagte er, „hier lassen wir sie raus, hier findet sie schnell eine passende Wohnung.“ Er ging drei Schritte auf die Wiese hinaus und neigte den Eimer zur Seite. Die Maus stutzte, wie es schien, richtete sich auf den Hinterpfoten auf und trippelte dann in aller Seelenruhe aus dem Eimer hinaus. Zwischen den hohen Gräsern war sie noch für drei, vier Augenblicke zu sehen, einige Sekunden konnten die Kinder ihren Weg auch noch an dem Zittern und Wackeln einzelner Grashalme verfolgen, dann war sie endgültig verschwunden.
„Ist das eine Feldmaus oder eine Hausmaus?“ fragte Christine. Herr Heger hob die Schultern.
„Ich weiß nicht. Warum fragst du?“
„Weil, wenn sie eine Hausmaus ist, sie sich vielleicht gar keine Höhle bauen kann, weil sie das nicht gelernt hat, und dann sitzt sie auch im Regen und im Schnee draußen rum und friert.“
Herr Heger strich seiner Tochter übers Haar.
„Tiere brauchen so was nicht zu lernen“, sagte er, „sich ein Loch zu graben und so, die können das gleich von Anfang an. Ihr Instinkt sagt ihnen, wie sie das machen müssen. Und ich bin sicher, daß eine Hausmaus auch draußen im Feld zurechtkommt und sich ein warmes, molliges Nest bauen kann. Mach dir man keine Sorgen, der kleinen Maus haben wir das Leben gerettet, dafür wird sie uns ewig dankbar sein. Eine Wohnung können wir ihr nicht auch noch bauen, das muß sie schon selbst tun.“
Langsam gingen sie zu ihrem Häuschen zurück.
Den nächsten Tag blieben sie zu Hause. Die Kinder spielten am Bach, bauten einen Staudamm und gewannen so ein kleines Becken, in dem sie bis zum Hals untertauchen konnten, wenn sie sich hinsetzten. Ein langes Jaucherohr stellten sie so im Wasser auf, daß es wie eine Dusche zu benutzen war. Herr Heger zeigte ihnen, wie sie aus einer Kartoffel und flachen Brettchen ein Wasserrad basteln konnten, und gab ihnen damit eine Anregung, die sie stundenlang beschäftigte. Er selbst fuhr mit seiner Frau und Stefan nach Jenbach, um einen Tragesitz für den Kleinen zu kaufen, den, der den Brewers gehörte, hatte er ja in Hall zurücklassen müssen.
Conny beteiligte sich eine Zeitlang an den Wasserspielen ihrer Geschwister, baute sogar mit ihren geschickten Händen ein Wasserrad, das besser lief als alle anderen, zog es dann aber vor, ihrer Geraldine einen weiteren Brief zu schreiben. Sie setzte sich dazu auf den oberen Balkon, wo sie von niemandem gesehen und gestört werden konnte.
Liebe Geraldine!
Unser Leben in den Bergen hat sich verändert. Wir sind Einsiedler geworden. Hoch oben am Fuße einer Alm, fern dem lauten Getriebe der Städte und Straßen, hausen wir in einer stillen Hütte, die ganz aus Holz gebaut ist und unsern geheimsten Wünschen wunderbar entgegenkommt. (Meinen wenigstens, um nicht zu übertreiben!) Mit meiner halbwüchsigen Schwester zusammen habe ich ein Zimmer im Parterre belegt, das mir Ausblicke weit über das Zillertal und die jenseitigen Berge gestattet und dem Fuß freien Zutritt zu einem Balkon gewährt, der unter seinesgleichen wohl einsam dasteht in der Welt. Das Klo nämlich, das unaussprechliche, befindet sich auf ihm! Von einem Plastikvorhang den Blicken Neugieriger entzogen, sitzt du da und verrichtest deine Notdurft, und es beschleicht dich ein eigenartiges Gefühl, wenn du durch die Ritzen in der Seitenwand die Wandernden auf dem Weg Vorbeigehen siehst, ohne daß sie dagegen deine Blöße wahrnehmen. Die Welt ist schon voller Merkwürdigkeiten, das kann man angesichts dieses Klos ohne
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