Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben in einem Auto

Sieben in einem Auto

Titel: Sieben in einem Auto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
Vom Netzwerk:
Angst!“
    Endlich erreichten sie den Wald, der jedoch da oben kaum Schutz bot. Die Kiefern waren zu niedrig und standen zu weit auseinander. Aber sie hatten nun einen ausgetretenen, ein bis zwei Meter breiten Weg vor sich, der steil den Berg hinab in einen dichten Baumbestand führte. Der Weg war jedoch kein Weg mehr. Er verwandelte sich mit jedem Schritt mehr und mehr in ein reißendes Wildwasser, das Steine und Geröll talab riß und in das sie bis über die Knöchel versanken. An einigen Stellen spritzte ihnen die schmutziggelbe Flut bis über die Knie.
    Jan konnte vor Angst kaum noch gehen. Darum nahm Herr Heger ihn auf die Schulter, nachdem seine Frau ihm den kleinen Stefan abgenommen hatte.
    Nirgendwo war eine Schutzhütte, in die sie hätten flüchten können. Kein Baum auch hatte ein so dichtes Blätterdach, das bei diesen Wassermassen noch als Schirm hätte dienen können.
    Die lehmige Flut zu ihren Füßen nahm von allen Seiten Wasser auf, wurde reißender, je tiefer sie kamen. Herr Heger hatte große Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Wenn uns nur kein Blitz trifft! dachte er. Wenn uns nur kein Blitz trifft! Mit dem Regen werden wir fertig. Ein heißer Tee und eine halbe Stunde im warmen Bett, und wir lachen darüber!
    Aber die Blitze waren verteufelt nahe und schienen ihre Zielübungen immer noch nicht einstellen zu wollen.
    Jan fühlte sich durch den engen Kontakt mit seinem Vater ein bißchen sicherer, und weil er nicht mehr auf den Weg achten mußte und seine Augen fest zukneifen konnte, glaubte er, die Blitze entfernten sich. Christine rannte allen voran, achtete aber doch darauf, daß ihre Geschwister und Eltern den Anschluß nicht verloren. Wenn uns schon ein Blitz trifft, dachte sie, dann soll er uns alle treffen, allein übrigbleiben möchte ich nicht.
    Conny folgte ihrer kleineren Schwester auf dem Fuß. Sie hatte zwar einen Stein im Schuh, wagte aber nicht, stehenzubleiben und ihn herauszuholen. Auch sie hatte Angst. Von jedem Blitz fühlte sie sich getroffen und war nach dem Donner jedesmal aufs neue erstaunt, noch am Leben zu sein und gehen zu können.
    Man soll sich mit geschlossenen Beinen hinhocken, hat Herbach gesagt, dachte Sascha. Aufrecht gehen ist glatter Wahnsinn. Gerade im Gebirge werden jedes Jahr viele Menschen vom Blitz erschlagen, und Touristen sind immer darunter. Ist ja klar, die Einheimischen kennen sich aus mit dem Wetter, riechen beinah, daß ein Gewitter im Anzug ist, und bleiben schön mit dem Hintern zu Hause. Ob aber das Hinhocken hier was bringt? Das Wasser auf dem Weg leitet doch den Strom. Wenn der Blitz da hineinknallt, hilft einem das Hinhocken bestimmt auch nicht mehr!
    Frau Heger sprach fortwährend mit dem kleinen Stefan auf ihrem Rücken, einmal, um sich zu überzeugen, daß er noch lebte, nicht von einem Blitz getroffen war, zum andern aber auch, um sich selbst abzulenken von dem weltuntergänglichen Geschehen um sie herum.
    Endlich, endlich erreichten sie den Fuß des Berges und sahen das Auto durch die Bäume schimmern.
    Wenn wir die letzten hundert Meter auch noch heil überstehen, kann uns nichts mehr passieren, dachte Herr Heger, im Auto sind wir sicher. Aber, um Gotteswillen, habe ich das Schiebedach nicht einen Spalt offengelassen, damit die Hitze entweichen konnte? Dann sind jetzt die Polster klatschnaß, und unter Umständen krieg ich den Motor gar nicht in Gang!
    Nein, das Dach war zu.
    Herr Heger atmete auf. Das Auto stand jedoch fast bis zu den Achsen im Wasser. Sie mußten durch einen See waten, um einsteigen zu können. Aber das machte ihnen nichts mehr aus. Sie hatten ein Dach über dem Kopf und waren in Sicherheit, das war für’s erste das Wichtigste. Sollte der Wagen nicht fahrbereit sein, würden sie das Unwetter abwarten und dann sehen, was sich machen ließ.
    Erleichtert schlugen sie die Türen hinter sich zu. „Gerettet!“ sagte Herr Heger leise. „Ich glaube, dafür müssen wir sehr dankbar sein.“
    „Aber die Blitze sind doch immer noch da!“ rief Jan ängstlich und nieste.
    „Macht nichts“, antwortete Herr Heger und lachte grimmig. „Die können uns im Mondschein begegnen, hier können sie nicht rein. Was meinst du, wie sauer sie darüber sind, du! Nun haben sie über eine Stunde lang auf uns gezielt und nicht ein einziges Mal getroffen! Richtige Flaschen sind das, die Blitze! Blitzflaschen! Flaschenblitze!“
    „Hoho!“ lachte Jan erleichtert. „Die doofen Blitze die! Die sollen sich doch grün und blau ärgern und die

Weitere Kostenlose Bücher