Sieben in einem Auto
Bachbett aufstiegen, wären sie sehr schnell auf dem Gipfel oder wenigstens an der Quelle.
Nun, ganz so schnell ging es doch nicht, denn das Bachbett eines Wildwassers ist ja keine Treppe mit einem bequemen Geländer an der Seite. Es liegt voller Steine aller Größen und Formen und legt dem Bergsteiger manchen umgestürzten Baum als glattes, glitschiges Hindernis in den Weg. Darum blies Herr Heger nach einer halben Stunde zur Rückkehr und kletterte allen voran wieder hinab. Mit einem schlechten Gewissen, weil er Stefan so lange allein gelassen hatte. Aber der Junge schlief. Von den Tannenzapfen, die Conny ihm in den Kinderwagen gelegt hatte, hielt er einen in der Hand, ein zweiter lag neben seinem Kopf auf dem Kissen. Den Schnuller hatte er im Mund.
Herr Heger atmete erleichtert auf.
Ich bin ein leichtsinniger Vogel! dachte er. Wenn der Junge nun einen Tannenzapfen statt des Schnullers in den Mund gesteckt hätte!
„Siehste“, rief Jan, „hat doch geschlafen, der kleine Spatz! Hätten wir ruhig ganz rauf klettern können!“
Sie spülten die Füße ab, schlüpften in die Sandalen und wanderten langsam zurück.
Frau Heger empfing sie mit dem Brief in der Hand. „Erinnerst du dich an das Dirndlkleid, das ich dir gestern in Fügen gezeigt habe?“ fragte sie ihren Mann.
„Jaja, natürlich“, antwortete Herr Heger, „es war blau und hatte einen spitzen Ausschnitt.“
„Nein, es war grün und hatte einen rechteckigen Ausschnitt“, korrigierte Frau Heger lächelnd. „Auf jeden Fall werde ich es mir kaufen. Und du bekommst den grauen Tiroler Janker, den wir uns angesehen haben.“
„So?“ wunderte sich ihr Mann. „Hast du es dir doch anders überlegt? Das freut mich, und wenn wir uns etwas einschränken, wird es schon gehen.“
„Es geht auch ohne Einschränkung“, sagte Frau Heger. „Hier, lies mal, was der Österreichische Rundfunk uns für dein Hörspiel zahlen will!“
Schon am Nachmittag fuhren sie nach Innsbruck, alle sieben, und statteten Herrn Dr. Rydl und dem Studio Tirol einen Besuch ab. Dreitausendfünfhundert Schilling bekamen sie auf die Hand und die Zusicherung, daß man ihnen den Rest nach Deutschland überweisen werde.
„Siehst du wohl“, sagte Frau Heger zwei Stunden später, als sie ihrem Mann in den Janker half, „man darf als Schriftsteller nicht gleich aufgeben. Was dem einen nicht gefällt, findet ein anderer ausgezeichnet.“
„Ich werd’s mir merken“, antwortete Herr Heger. „Wie gut, daß es dich gibt!“
Nachdem die Familie Heger auf allen Liften im Zillertal, im Inntal, in der Wildschönau und am Achensee gefahren war, wollte sie wieder eine Bergwanderung unternehmen. „Auf das Wiedersberger Horn sollten wir gehen, das hat mir ein Urlauber in Brixlegg geraten“, sagte Herr Heger. „Eine schöne Tour sei das, für unsere Familie genau das Richtige, nicht zu steil und nicht gefährlich. Dazu müßten wir an Reith vorbei bis nach Alpbach fahren, ihr erinnert euch, das ist der hübsche Ort, den wir vom Reither Kogel aus gesehen haben, und dann weiter über Alpbach hinaus bis nach Inneralpbach. Da geht’s dann hinauf.“
„Hm“, sagte Sascha, „wenn’s nicht mit Anstrengung verbunden ist, kann ich ja mal wieder ein kleines Fitnesstraining hinlegen.“
Frau Heger packte Brote, Getränke, Becher und Windeln in den Rucksack, während Herr Heger auf dem Balkon hockte und Schuhe putzte. Stefan versuchte ein paarmal, seine kleinen Finger in die Schuhkrem zu stecken, aber Jan hielt ihn rechtzeitig zurück.
„Das Wetter ist ja phantastisch“, begeisterte sich Frau Heger. „Ich glaube, wir haben eine unvergeßliche Wanderung zu erwarten!“
So schien es tatsächlich. Keine Wolke war am Himmel, und die Sonne machte ihr freundlichstes Gesicht.
Herr Heger war, wie seine Kinder auch, bester Stimmung und sang so laut mit ihnen, daß seine Frau das Schiebedach aufkurbelte, damit wenigstens etwas von dem Lärm nach draußen abziehen konnte. Stefan, auf dem Schoß seiner Mutter, krähte eifrig mit. Sie fuhren neben dem rauschenden Alpbach her, winkten den Fußgängern übermütig zu und fingen bald an, sich über sie lustig zu machen. „Guckt euch nur den Langen da an!“ rief Sascha. „Der hat ‘ne Nase, was? Bestimmt hat er zweimal ,Hier!’ gerufen, als der liebe Gott die Nasen verteilte. Darum trägt er jetzt so eine gewaltige Doppelnase spazieren.“
„Darüber solltet ihr keine Witze machen“, wies Frau Heger ihn zurecht, „dafür kann der Mann
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