Sieben in einem Auto
Stefan das Geratter, Gepolter und Geschiebe langweilig. Er schrie und strampelte ungeduldig und zeigte damit an, daß ihm der Sinn nach Abwechslung stand.
„Kommt, meine Lieben, wir wollen was unternehmen“, forderte Frau Heger die Kinder und ihren Mann auf. „Ihr habt ja nun gesehen, wie die Leute hier mit ihren Katastrophen zurechtkommen. Mir gehen der Lärm und die Unruhe allmählich auf die Nerven. Wollen wir nicht nach Innsbruck fahren und einen Stadtbummel machen? Dann sind wir raus aus dem Schlamassel und sehen wieder was Neues.“
„Nach Innsbruck, klar!“ rief Sascha. Letztens, als wir im Funkhaus waren und die Moneten für Papas Hörspiel abholten, haben wir kaum was gesehen von der Stadt. Und dabei ist sie so schön. Herr Herbach hat uns von dem Goldenen Dachl erzählt und dem Alpenzoo und gesagt...“
„Kommt der schon wieder mit seinem schlauen Oberlehrer!“ unterbrach Conny. „Ohne den läuft bei dir wohl nichts mehr, was?“
„Sei friedlich, Conny“, mahnte Frau Heger. „In Saschas Klasse haben sie gerade die Alpen durchgenommen und, wie es scheint, sehr gründlich. Warum soll Sascha uns nicht auf dieses oder jenes aufmerksam machen? Wir können doch dabei nur gewinnen.“
„Ph!“ sagte Conny. „Gewinnen! Ich habe keinen Bock, alles schon vorher von Sascha zu erfahren, bevor wir es gesehen haben. Da hat die Sache ja gar keinen Reiz mehr.“
Die Sonne meinte es wieder sehr gut, darum zogen sie nur Sandalen und Shorts an, legten aber, in Erinnerung an den gestrigen plötzlichen Wettersturz, Regenbekleidung und Wollpullover in den Kofferraum.
Sehr vorsichtig fuhr Herr Heger dann nach Fügen hinunter. „Bestimmt kommt uns an einer besonders unübersichtlichen Stelle ein Lastwagen entgegen“, sagte er, „und nach einem Unfall steht mir nach dem Abenteuer gestern nicht der Sinn.“
Der Inn hatte immer noch einen beängstigend hohen Wasserstand, und immer noch warfen Leute mit Wurfankern nach Treibholz.
„Man möchte fast meinen, das Wasser hätte ein ganzes Sägewerk zu Tal gerissen“, sagte Herr Heger. „Seht euch doch nur mal die Stämme an, die sie da herausfischen, alle gleich lang.“
„Sind die alle den Berg runtergekollert?“ fragte Jan.
„Ja. Gekollert, gerollt, gerutscht und geschwommen. Wenn wir an einer anderen Stelle des Berges gewesen wären, hätte uns vielleicht einer von diesen gewaltigen Stämmen da erschlagen.“
„Waren die denn auf unserm Berg?“ fragte Jan.
„Diese wohl nicht, aber bestimmt andere.“
Im Wagen wurde es sehr heiß.
„Kurbel doch mal die Fenster runter“, verlangte Christine. „Ich habe gleich einen Sonnenstich!“
„Nein“, wehrte Frau Heger ab. „Wir machen das Schiebedach noch weiter auf. Bei offenen Fenstern haben wir Durchzug, und dann erkältet ihr euch.“
„Was ist ein Sonnenstich?“ fragte Jan.
Conny grinste und legte sich schon eine passende Antwort zurecht. Aber Sascha kam ihr zuvor.
„Das weißt du nicht?“ rief er. „Mensch, das ist doch allgemein bekannt! Da kommt die Sonne mit einer langen Nadel in der Hand runtergesaust und pieks! hast du einen Stich weg! In den Po oder ins Ohrläppchen. Dann schreist du au au und fällst um. Bum!“
„Stimmt ja gar nicht, lügst ja wieder rum!“ empörte sich Jan. „Nicht, Papa, er lügt wieder rum?“
„Ja, natürlich lügt er“, antwortete Herr Heger. „Verflixt noch mal, muß ich hier aufpassen! Ein Stau bei dieser Hitze! Das hat mir gerade noch zu meinem Glück gefehlt. Da sind doch mindestens dreißig Wagen vor uns!“
„Hinter uns auch“, sagte Sascha, „wenn nicht sogar einunddreißig.“
„Ob da vorne ein Unfall passiert ist?“ fragte Christine. „Wer weiß“, brummte Herr Heger. „Hoffentlich haben wir keinen! Bei dieser Affenhitze kann man sich doch gar nicht richtig konzentrieren.“
Frau Heger reichte Stefan nach hinten.
„Nehmt ihn mir mal ab, Kinder“, bat sie. „Er will hier nicht mehr stillsitzen, und ich muß mal wieder durchatmen.“ Stefan begrüßte die Umquartierung. Er prustete und spuckte Conny erst einmal seinen Schnuller ins Gesicht. Dann griff er nach ihrer Nase und hielt sich daran fest. „Willst du wohl mal loslassen!“ schrie Conny. „Meine Nase ist doch kein Haltegriff!“
Herr Heger schaute dauernd in den Rückspiegel. Das fortwährende Anhalten und Fahren machte ihn nervös. Er sah, daß die Dame, die den Wagen hinter ihnen steuerte, sehr unaufmerksam fuhr und sich durch alles mögliche ablenken
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