Sieben Jahre später
wenigen Stellen im Dschungel, wo die Sonne den Boden erwärmen konnte.
»Hier ist es!«, verkündete Nikki. »Der Karte nach befindet sich das Wrack der DC-3 weniger als dreihundert Meter von der Lichtung entfernt Richtung Nordosten.«
» Siga a seta! Hier ist noch ein Pfeil! «, rief einer der Guerilleros und deutete auf einen weiteren Baumstamm, in den ein Pfeil geritzt war.
» Vamos com cuidado! Seid vorsichtig!«, befahl Flavia und zog ihre Glock.
Zwar erschien es wenig wahrscheinlich, dass es hier von Polizisten wimmeln würde, aber seit der Verhaftung ihres Vaters litt sie unter Verfolgungswahn. Sie setzte sich an die Spitze der Gruppe und forderte ihre Männer zu größter Vorsicht auf.
Sebastian hatte Mühe, die noch verbleibenden wenigen Meter zu bewältigen. Seine Augen waren verklebt, er blutete aus der Nase. Von Schüttelfrost gebeutelt, einem Schwächeanfall nahe, schwitzte er aus sämtlichen Poren. Dieses Mal zwangen ihn die Kopfschmerzen, aufzugeben. Er sank auf die Knie.
» Levante-se! Steht auf «, schrie einer der Männer und kam auf ihn zu.
Sebastian wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und rappelte sich mühsam hoch.
Er trank einige Schlucke aus seiner Flasche, wobei er den Blickkontakt mit Nikki und seinen beiden Kindern suchte. Die Bilder verschwammen, aber er konnte seine Familie erkennen, die von Flavias Handlangern in Schach gehalten wurde.
Als Jeremy seinem Vater ein kleines Zeichen machte, fiel ihm ein halb unter dem Gebüsch verborgener, glänzender Gegenstand auf. Unauffällig hob ihn der Junge trotz seiner gefesselten Handgelenke auf. Es war ein Sturmfeuerzeug aus Weißgold, mit Krokoleder überzogen. Als er das Gehäuse untersuchte, bemerkte er die verschlungenen Initialen L. S. auf der Kappe.
Lorenzo Santos …
Es war das Feuerzeug, das seine Mutter Santos geschenkt hatte! Er ließ es in seine Tasche gleiten und fragte sich, wie es mitten im Dschungel hatte landen können.
Dann ging die Gruppe weiter auf dem Weg, den Memphis Decker einige Wochen zuvor provisorisch freigeschlagen hatte.
Nach zehnminütigem Marsch entfernte Flavia mit der Machete einen Ast.
Vor ihnen lag das Flugzeugwrack.
Riesig, atemberaubend, furchterregend.
Kapitel 64
Vorsichtig näherten sie sich.
Der über zwanzig Meter lange, silberne Rumpf der DC-3 glänzte unter dem Pflanzengewirr. Das Fahrwerk war bei dem heftigen Aufprall zerbrochen, das Cockpit an einem dicken, umgestürzten Baumstamm zerschellt, wobei die Nase unter das Leitwerk geschoben worden war. Der bauchige Rumpf war verbeult, sämtliche Bullaugen waren zersplittert, die Tragflächen auf beiden Seiten gebrochen, die Winglets abgerissen. Von dem Flugzeug war nur ein Wrack übrig geblieben, das bald vom Rost zerfressen sein würde.
Nur, dass dieses Wrack fünfzig Millionen Dollar enthielt.
Das Rauschgift, endlich …
Ein erleichtertes Lächeln erhellte Flavias Gesicht. Sie entspannte sich. Endlich hatte sie das Kokain gefunden. Die Millionen aus dem Verkauf der Ladung würden es ihr ermöglichen, das Kartell der Seringueiros zu neuem Leben zu erwecken. Dabei ging es ihr nicht so sehr um das Geld, sondern mehr um die Rettung der Familienehre. Ihr Vater, Pablo Cardoza, hatte sie nie ernst genommen. Er vertraute nur ihren beiden schwachsinnigen Brüdern, die den Rest ihres Lebens hinter Gittern verbringen würden. Sie allein war clever genug gewesen, der Polizei zu entkommen. Sie allein war intelligent genug gewesen, das Flugzeug zu finden. Ihrem Vater hatte man den Beinamen Imperador gegeben. Von nun an würde sie die Imperatriz der Drogen sein! Ihr Imperium würde sich von Rio über Caracas und Bogotá bis Buenos Aires erstrecken …
Zwei Schüsse hallten durch die Stille des Dschungels und rissen Flavia brutal aus ihren Träumen von künftiger Größe. Ehe sie reagieren konnte, brachen die beiden Guerilleros, die die Gruppe anführten, jeder mit einer Kugel im Kopf, zusammen. Aus dem Wrack der zweimotorigen Maschine hatte ein Sniper, der eines der zerbrochenen Fenster als Schießscharte nutzte, auf sie geschossen. Eine dritte Kugel pfiff durch die Luft und streifte die junge Brasilianerin, die sich zu Boden warf und das Maschinengewehr von einem der getöteten Männer an sich riss. Auch die Larabees ließen sich fallen, rollten sich ins Gebüsch und kauerten sich zusammen.
Flavia und ihr Leibwächter feuerten auf den Flugzeugrumpf einen regelrechten Kugelhagel ab. Funkengarben sprühten aus den Läufen. Die Geschosse sausten
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