Sieben Jahre
und tranken Sekt und sprachen sehr ernsthaft von unserer Arbeit und von unseren Plänen. Ein wenig kam es mir vor, als spielten wir Erwachsensein.
Ich unterhielt mich mit der jungen Frau, die aus dem oberen Stockwerk gekommen war. Sie war eine der wenigen, die allein war. Sie sagte, sie stamme aus der Schweiz. Darauf wäre ich nie gekommen, sagte ich. Aus dem Rheintal, sagte sie lachend, ob ich wisse, wo das sei?
Sie wohne vorübergehend bei Ferdi, sie wolle sich an der Akademie der Künste bewerben. Sie mache Kunst. Die junge Frau machte den Eindruck eines einfachen Bauernmädchens, ihre Wangen waren gerötet, und sie trug einen handgestrickten Pullover und eine weite Ballonhose mit afrikanischem Muster. Ich fragte sie, welche Art von Kunst sie mache. Sie zuckte mit den Schultern, alles Mögliche, im Moment beschäftige sie sich mit Brot. Was heißt das, du beschäftigst dich mit Brot? Mit Brot, sagte sie. Was Brot ist. Mit Brot, sagte ich. Ja, sagte sie, mit Brot. Ihr Vater sei Bäckermeister, sie heiße Elsbeth.
Er ist unmöglich, sagte Sonja im Taxi, wie der mich bequatscht hat. Was hat er dir denn die ganze Zeit erzählt?, fragte ich. Von Kuheutern habe Jakob gesprochen, sagte sie, und von Trachten. Er habe allen Ernstes gesagt, die Tracht sei die ideale Bekleidung für den weiblichen Körper. Dabei habe er sie angeschaut, als wolle er sie auf der Stelle ausziehen. Das wäre kein schlechtes Leben, sagte ich, als Frau eines Tierarztes im Bayerischen Wald. Sonja schnitt ein Gesicht. Du würdest ihm acht Kinder gebären und die Kühe festhalten, wenn er sie besamt, und seine alten Eltern pflegen. Was bildet der sich ein, sagte sie ehrlich empört. Er ist offensichtlich in dich verknallt, sagte ich, das ist nicht seine Schuld. Meine ist es auch nicht, sagte sie. Dauernd habe ich solche verrückten Typen am Hals. Wenn sich wenigstens einmal ein reicher Mann in mich verlieben würde oder einer, der nach etwas aussieht. Du hast doch mich, sagte ich. Sie war einen Moment lang still, und ich sah ihr an, dass sie im Kopf eine Frage formulierte. Dann atmete sie tief ein, machte ein skeptisches Gesicht und fragte, triffst du dich immer noch mit dieser Polin? Ich sehe sie gelegentlich, sagte ich. Hat sie den scheußlichen Pullover gestrickt, der in der Wohnung herumliegt? Ich nickte. Wenn etwas wäre, würdest du es mir sagen, nicht wahr? Ich schwieg, dann sagte ich langsam, es war etwas. Wie meinst du das? Es hat angefangen, bevor wir zusammen waren, sagte ich. Was hat angefangen?, fragte Sonja. Wovon sprichst du?
Der Taxifahrer schien sich nicht für unser Gespräch zu interessieren, er hatte das Radio angemacht und hörte stumpfe elektronische Musik. Trotzdem sprachen wir sehr leise. Ich hätte mich leicht herausreden können, schließlich hatte ich nie mit Iwona geschlafen. Aber ich tat es nicht. Ich sagte, ich hätte eine Affäre gehabt, ich könne es mir selbst nicht erklären. Ich habe Schluss gemacht, sagte ich, es ist vorbei. Vielleicht glaubte ich es in diesem Moment wirklich, ich wollte es glauben. Die Geschichte mit Iwona war eine große Dummheit gewesen, ich hatte die Beziehung mit Sonja aufs Spiel gesetzt für nichts. Sonja schien immer noch nicht zu verstehen, wovon ich sprach. Sie schaute mich an wie einen Fremden. Ich hatte sie noch nie weinen sehen, und es war kein schöner Anblick. Ihr Gesicht schien sich aufzulösen, ihr Mund verzerrte sich, ihre ganze Haltung war verschwunden. Ich versuchte, sie in den Arm zu nehmen, aber sie rutschte von mir weg und schaute aus dem Fenster. Sie sagte etwas, was ich nicht verstand. Was sagst du?, fragte ich. Warum? Ich weiß es nicht. Sie sieht nicht gut aus, und sie ist langweilig und ungebildet. Ich weiß es einfach nicht.
In dieser Nacht schliefen wir zum ersten Mal miteinander, seit Sonja wieder in der Stadt war. Sie war, ohne vorher ins Bad zu gehen, im Schlafzimmer verschwunden. Ich war ihr gefolgt und schaute zu, wie sie sich mit ungeschickten Bewegungen auszog. Sie hatte etwas Gebrochenes, erst jetzt fiel mir ein, dass sie vermutlich zu viel getrunken hatte. Sie setzte sich auf das Bett, noch immer mit hängenden Schultern. Ihr Haar war zerzaust, und als sie sich zu mir umwandte, sah ich, dass ihre Augen glänzten. Im Bett schmiegte sie sich mit dem Rücken an mich, und mir fiel auf, dass sogar ihr Geruch anders war als sonst, vielleicht, weil sie nicht geduscht hatte wie all die anderen Abende. Ihr Körper war weicher, entspannter und sehr warm, fast
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