Sieben Jahre
gefüttert?, fragte ich. Sophie gab keine Antwort. Hörst du mich? Sophie schaute mich mit wütendem Gesicht an und sagte, Mathilda bekomme heute kein Abendessen, sie habe auf ihr Bett gemacht und das sei die Strafe dafür. Ich versuchte Sophie zu erklären, dass man eine Katze nicht wie einen Menschen behandeln könne, aber sie stellte sich taub. Ich wurde wütend und sagte, wenn sie Mathilda nicht sofort Futter gebe, kriege sie auch nichts zu essen. Ich zog ihren Teller weg, und sie stand schnaubend auf und verschwand in den oberen Stock. Ich aß fertig, immer noch wütend über Sophies Verhalten. Dann gab ich der Katze Futter und ging zu Sophie hinauf, aber sie reagierte nicht auf mein Klopfen, und ich hatte keine Lust nachzugeben. Als ich eine Stunde später nach ihr schaute, lag sie in den Kleidern auf dem Bett und schlief.
Ich ging auf den Dachboden und suchte das Modell, das Sonja mir damals geschenkt hatte, das Haus, das sie sich für uns beide ausgedacht hatte. Ich war ziemlich sicher, dass es in einer der Kisten mit meinen Studiensachen war, aber es dauerte lange, bis ich es endlich fand. Es war zusammen mit den Plänen in einem Schuhkarton. Das Modell war viel kleiner, als ich es in Erinnerung gehabt hatte. Die Pappe war vergilbt, und der Klebstoff hatte sich an einigen Stellen gelöst, die zwei Figürchen, die Sonja und mich darstellten, waren abgefallen. Ich fand sie unten im Karton. Es waren Plastikfiguren, wie man sie in jedem Modellbaugeschäft kaufen kann. Ich schaute mir die Pläne und Skizzen an. Man merkte noch stark den Einfluss Le Corbusiers. Das Haus hatte einen relativ kleinen Grundriss, aber drei Stockwerke und eine Dachterrasse. Die Raumaufteilung war großzügig, Licht kam durch eine Fensterfront und im obersten Stock durch Deckenlichter. Ich stellte mir vor, wie es wäre, in einem solchen Haus zu wohnen, fragte mich, ob es unser Leben verändert hätte. Das Haus, in dem wir jetzt wohnten, war viel gemütlicher, aber es hatte etwas Kleinliches mit seinem engen Treppenhaus und dem Satteldach. Es war in jeder Hinsicht konventionell und strahlte eine Bescheidenheit und Unauffälligkeit aus, die vielleicht zu mir, aber bestimmt nicht zu Sonja passte. Es ist absurd, hatte sie einmal gesagt, wir beschäftigen uns den ganzen Tag mit schönen Gebäuden, aber wir werden es uns nie leisten können, eines zu bewohnen. Und die Leute, für die wir bauen, wissen die Qualität nicht zu schätzen. Ich nahm das Modell mit hinunter ins Wohnzimmer und stellte es auf das Sideboard.
Sonja und Antje kamen erst kurz vor Mitternacht zurück. Antje war nicht begeistert vom Film, aber Sonja hatte wieder geweint. Ich kochte mir Tee, die beiden Frauen tranken Wein. Vermutlich hatten sie schon in der Stadt etwas getrunken, jedenfalls redeten sie viel und schnell und ließen mich kaum zu Wort kommen. Sie sprachen über den Film, aber ich hatte den Eindruck, es ginge um etwas anderes. Antje war aggressiv, und Sonja verteidigte sich, so gut sie konnte. Es schien ihr nicht gutzugehen, irgendetwas beschäftigte sie. Nach einer Weile stand sie auf und sagte, sie müsse ins Bett. Auf dem Weg zur Tür bemerkte sie das Modell. Sie nahm es in die Hand und drehte sich zu uns um, als wolle sie etwas sagen. Einen Moment stand sie da mit halboffenem Mund, dann stellte sie das Modell mit einer ungeschickten Bewegung wieder hin und verließ schnell den Raum.
Antje hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Sie lehnte sich zurück und betrachtete mich mit teilnahmslosem Blick. Was geht mich das alles an?, sagte sie endlich. Ich fragte, was sie meine, aber sie winkte ab. Wenn ich euch nicht verkuppelt hätte, wäret ihr sonst wie zusammengekommen, sagte sie. Was ihr daraus gemacht habt, ist eure Sache. Schließlich seid ihr freie Menschen.
Ich fragte mich, was Sonja ihr erzählt hatte, worüber die beiden gesprochen hatten. So seltsam es klingen mag, sagte ich, aber Iwona ist die Einzige in diesem Spiel, die keine Kompromisse gemacht hat, die von Anfang an wusste, was sie wollte, und die ihren Weg gegangen ist. Sehr glücklich ist sie dabei nicht geworden, sagte Antje. Wer weiß, sagte ich. Du hast mir die Geschichte noch gar nicht zu Ende erzählt, sagte sie. Ich weiß nicht, ob ich sie zu Ende erzählen kann, sagte ich, ich kann sie weitererzählen. Antje schenkte sich Wein nach und schaute mich erwartungsvoll an.
Ich erzählte ihr, wie ich während Sonjas Praktikum wieder angefangen hatte, Iwona zu treffen. Das weiß ich schon,
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