Sieben Jahre
runzelte die Stirn, als denke er nach. Nein, sagte er dann, das sei endgültig vorbei. Er habe seit Ewigkeiten nichts von ihr gehört. Ich habe sie einmal gesehen bei einem deiner Feste, sagte ich, da habe ich schon gedacht, sie sei ein wenig durchgeknallt. Damals hatte sie irgendein Projekt mit Brot. Rüdiger lachte. Ihr Vater war Bäckermeister, das hat sie geprägt. Eine Zeit lang habe sie Figuren geknetet aus zerkautem Brot, das habe ausgesehen, wie diese Salzteigsachen, die wir als Kinder gemacht hätten. Ihre Tragödie sei, dass sie nichts zu sagen habe. Da helfe es nichts, wenn man tausend Ideen habe.
Er schüttelte den Kopf, als könne er selbst nicht glauben, jemals in Elsbeth verliebt gewesen zu sein. Er habe die ideale Frau noch nicht gefunden. Vielleicht verlangst du zu viel, sagte ich. Die ideale Frau gibt es nicht. Entweder sind sie zu jung, sagte er, oder sie sind geschieden und haben Kinder. Eine Zeit lang war ich mit einer Lehrerin zusammen, die hatte zwei liebe kleine Mädchen, aber ich will meine eigenen Kinder, und sie sagte, sie wollte nicht noch eine Schwangerschaft durchmachen. Das süße Junggesellenleben, sagte ich. Ach was, sagte Rüdiger, ich habe die Nase voll davon, mich dauernd bemühen zu müssen, suchen zu müssen. Ich möchte einfach mal zu Hause sitzen können und ein Fußballspiel schauen und zufrieden sein.
Ich hatte schon die dritte Maß bestellt, während Rüdiger immer noch bei der ersten war. Mitten im Satz unterbrach ich ihn und sagte, ich müsse zur Toilette. Beim Händewaschen betrachtete ich mich im Spiegel und fand, ich sehe immer noch gut aus, nicht wie ein Versager, ein Alkoholiker, nur etwas müde. Ich hatte Pech gehabt. Irgendwann würde ich wieder auf die Beine kommen, ich war schließlich noch jung, alles war möglich.
Zurück am Tisch, saßen wir uns eine Weile lang schweigend gegenüber. Das Lokal hatte sich gefüllt, und Rüdiger zeigte mit einer Kopfbewegung in eine Ecke, wo eine einzelne Frau saß und in einem Buch las. Weißt du noch, wie wir diese Polin aufgerissen haben, sagte er. Da sitzt wieder so eine Kandidatin. Hast du eigentlich damals etwas mit ihr gehabt?
Ich gab keine Antwort. Ich überlegte, wie ich anfangen sollte. Schließlich fragte ich Rüdiger, ob er glaube, dass Sonja mich liebe. Er schaute mich erstaunt an. Wie meinst du das? Ob sie mich liebt. Natürlich, sagte Rüdiger. Warum habt ihr euch damals eigentlich getrennt?, fragte ich. Rüdiger lachte kurz auf. Keine Ahnung, das ist so furchtbar lange her. Wer von euch beiden hat Schluss gemacht? Ich glaube, das war ich, sagte Rüdiger langsam. Wie kann man eine so perfekte Frau verlassen? Jetzt wurde Rüdigers Blick besorgt. Habt ihr Probleme? Ich meine nicht das mit der Firma. Hast du sie geliebt?, fragte ich. Ich habe sie gern, sagte Rüdiger, sie ist absolut perfekt, ein wunderbarer Mensch. Er lächelte aufmunternd. Ihr kommt da schon wieder raus. Die Baubranche wird sich erholen, du wirst sehen.
Ich war sicher, dass er nicht mehr über seine Beziehung zu Sonja sagen würde, vielleicht aus Loyalität, vielleicht, weil er sich wirklich nicht erinnerte. Ich sagte, ich müsse los. Das nächste Mal sehen wir uns wieder alle zusammen, ja?, sagte Rüdiger.
Als wir das Lokal verließen, tippte Rüdiger mir auf die Schultern. Schau, flüsterte er. Ein Mann stand am Tisch der Frau mit dem Buch. Er redete auf sie ein, und sie lächelte scheu. Rüdiger war an mir vorbeigegangen und hielt mir die Tür auf. Und wieder fängt eine Geschichte an, sagte er.
Ich hatte Sophie vor dem Treffen zu den Schwiegereltern gebracht. Es war kurz nach zehn, als ich klingelte. Sonjas Mutter meinte, ich solle Sophie doch über Nacht bei ihnen lassen. Ich sagte, ich nähme sie mit. Meinst du nicht, wir sollten sie schlafen lassen? Ich trage sie ins Auto, sagte ich, da kann sie weiterschlafen. Hast du getrunken?, fragte Sonjas Mutter. Nicht viel, sagte ich, nicht zu viel. Sonjas Vater war aus dem Wohnzimmer gekommen, in der Hand die Zeitung. Auch er sagte, ich solle Sophie doch bei ihnen lassen. Er könne sie morgen mit dem Auto zur Schule bringen. Ich hatte keine Lust weiterzudiskutieren und ging in den oberen Stock und holte Sophie. Sie war im Halbschlaf, als ich sie die Treppe hinuntertrug. Sie klammerte sich an meinem Hals fest und hielt den Kopf auf meiner Schulter, und es war mir, ich weiß nicht weshalb, als befreie ich sie aus der Gefangenschaft. Sonjas Eltern standen unten an der Treppe mit ernsten
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