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Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Aschberg
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zwischendurch ein paar Tage kürzer treten. Dafür
war ich auf Messen und Kongressen rund um die Uhr im Einsatz. Die besten
Kontakte knüpfte man an der Hotelbar, und zwar kurz bevor sie endgültig dicht
machte. So gegen vier Uhr morgens in der Regel.
    Bei aller Begeisterung für unsere Produkte – ich mußte
aufpassen, dass ich nicht den Rest meines Leben im Hotel verbrachte, geschweige
denn, es dort beendete.
    Hotelbestattungen, das wäre mal was Neues, schmunzelte ich,
während ich in meinen Anzug schlüpfte. Eine schöne Idee für das Buch, das ich
eines Tages schreiben würde.
    Trivialliteratur natürlich, aber mit Schmackes. Ich dachte
da in Richtung Dan Brown, nur mit weniger Eingeweiden um die Schauplätze der
Handlung verteilt. Dafür vielleicht eine Prise mehr Humor. Wer mörderische
Psychopathen wollte, brauchte nur die Nachrichten einzuschalten. Da mußte niemand
extra ein Buch schreiben. Aber verkaufszahlenmäßig dachte ich definitiv in Richtung Dan Brown.
    Ich hielt Amira zwei Krawatten hin, und sie wählte die Gelbe
mit den kleinen Punkten aus. Ohne hinzuschauen. Amira war nicht der
Krawattentyp, soweit ich das beurteilen konnte. Ich nahm trotzdem die Gelbe und
machte mich an den Knoten.
    So flexibel die Arbeitszeiten phasenweise waren, so hart
waren sie, wenn sich eine gute Gelegenheit für eine vielversprechende
Präsentation bot. Da waren die Regeln fast noch strenger als im Beratergeschäft
und auch ein Geburtstag keine Entschuldigung.
    Heute zum Beispiel fand ein Kongreß statt, auf dem die Créme
de la Créme der Bekleidungsindustrie von morgen versammelt war. Ein absoluter
Pflichttermin. Es hatte Monate gedauert, einen festen Platz auf der
Referentenliste zu ergattern. Da konnte ich mich unmöglich ausklinken.
    Also hatte ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden
und Amira gefragt, ob sie mich nicht begleiten wolle. Klar wollte sie. Amira
war ein unkomplizierter Typ. Wir waren erst seit kurzem zusammen. Sie fand es
okay, wenn ich unterwegs war und sie liebte Vier- oder Fünf-Sterne Hotels. Ich
sollte dankbar sein für eine so unkomplizierte Freundin. Und so attraktiv
obendrein.
    Natürlich hatte ich uns in die beste Kategorie des
Veranstaltungshotel eingebucht. Ich wußte, was ich meinem Status als High Tech
Guru schuldig war. Und Amira. Gab außerdem Extra-Meilen, und die durfte ich
sogar privat einlösen.
    Es bestand wenig Gefahr, dass Amira sich langweilen würde,
während ich bei meiner Zuhörerschaft das Verlangen nach unseren Produkten zu
wecken versuchte. Amira war leidenschaftliche Shopperin, und wir waren hier in
einer ausgesprochenen Modestadt. Die Flaniermeile auf der Kö hielt genug
Sehenswürdigkeiten aus der Welt des Glamours und Konsums bereit, um problemlos
mehrere Tag zu überstehen, ohne dem gleichen Paar Schuhe zweimal über den Weg
zu laufen.
    Für heute abend hatte ich ein Tisch im Fernsehturm
reserviert. Blick auf Vater Rhein und die putzige Hundertwasser-Siedlung hinter
der Uferpromenade. Zum Nachtisch würden wir dann wieder ins Hotel gehen. So wie
es aussah, würde es etwas besonders Leckeres geben.
    „Wann ist denn dein großer Auftritt?“, wollte Amira wissen.
    „Mittags, kurz vor der Essenspause. Ich muß also schauen,
dass ich mit meinem Vortrag nicht überziehe. Die Leute werden hungrig sein.“
    „Du schaffst das spielend“, lächelte sie. „Wo steigt das
Ganze?“
    „Unten im Kongreßbereich. Wir sind gestern abend dran
vorbeigelaufen, erinnerst Du Dich?“
    „Klar. Ich meine, in welchem Saal?“
    „Rheinsaal, glaube ich“. Das war ein sicherer Tipp. Jedes
Hotel in Düsseldorf hatte einen Rheinsaal. Manche sogar mehrere.
    Normalerweise interessierte sich Amira nicht für die Details
meiner Arbeit. Was ich tagsüber so trieb, gehörte nicht zu unseren Gesprächsthemen.
Schade eigentlich, dachte ich manchmal, aber man konnte nicht alles haben.
Heute zeigte sich Amira jedoch überaus interessiert. Lag das an meinem
Geburtstag oder sollte ich sie einfach öfter mal mitnehmen?
    „Wieviele Leute werden denn da sein?“, wollte sie wissen.
    „Na ja, es ist nicht natürlich nicht die Pariser Woche, aber
ich denke, dass die Veranstaltung trotzdem gut besucht ist. Alles von Rang und
Namen wird da sein. Ein paar hundert Leute bestimmt.“
      „Nervös?“
    „Nö, eigentlich nicht. Ich preise ja ständig wildfremden
Menschen unsere Produkte an. Das ist mein Job.“
    Ich hatte eine Theorie. Diese Theorie besagte, dass jeder
Redner einen individuellen

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