Sieben Pfoten für Penny - Das Schloss der weißen Pferde - Brezina, T: Sieben Pfoten für Penny - Das Schloss der weißen
weg und schwieg.
War das alles ganz schaurig und schrecklich. Für Penny hörte es sich an wie ein Horrorroman.
»Kein Wunder, dass hier alle so sind«, murmelte sie vor sich hin. Sie wollte nur noch weg. Etwas heftiger als gewollt, stellte sie die Tasse auf dem Nachtschränkchen ab und sprang vom Bett.
»Ich … Ich fahre nach Hause!«
»Nein!« Blitzartig stand Nikolai neben ihr und verstellte ihr den Weg. »Du kannst jetzt nicht so einfach wegrennen. Ich habe dir Dinge erzählt, die keiner sonst weiß.«
»Und? Was meinst du damit?«
»Du bist doch jetzt mit uns verbunden. Vor allem mit mir!«
»Verbunden?«
»Ja. Ich mag dich sehr. Das weißt du, und jetzt … «
»Jetzt gehöre ich dir, weil du mich in das Familiengeheimnis eingeweiht hast?«, setzte Penny bitter fort.
»So ungefähr. Jedenfalls lasse ich nicht zu, dass du einfach wegläufst und das dann vielleicht sogar in deiner Deutscharbeit erwähnst.«
Er packte sie am Handgelenk.
»Lass los!«, fuhr Penny ihn an.
»Wir sind Ratstätts! Wir haben Bedeutung und Geschichte! Wir sind nicht irgendwer! Mit uns Ratstätts geht keiner so um!«
Voller Unverständnis schüttelte Penny den Kopf. »Nikolai, das hört sich total verrückt an. Du bist nicht besser als deine Großmutter, wenn du so denkst.«
Nikolai stand vor der Zimmertür und stemmte sich mit dem Rücken dagegen.
»Du wirst bleiben! Wir sind noch nicht fertig. Ich will mit dir reden, hast du verstanden?«
»Lass mich sofort raus, sonst schreie ich!«, kündigte Penny an.
Die Klinke der Tür wurde von außen nach unten gedrückt. Nikolai bemerkte es und sprang weg, als wäre das Holz auf einmal glühend heiß. Die Tür ging auf und – ohne angeklopft zu haben – trat die alte Gräfin ein.
Sie blieb stehen und musterte Penny.
»Mir wurde von reichlich merkwürdigen Ereignissen rund um dich berichtet. Ich möchte das von dir hören.«
Eingeschüchtert und verlegen stand Nikolai da. Sein Blick hätte nicht flehender sein können. Er bedeutete wohl: Verrate mich nicht, bitte nicht!
Aber musste sie das nicht? Nikolai hatte sie schließlich bedroht! Durch Pennys Kopf jagten jede Menge Gedanken.
»Dein Vater ist vorhin hier eingetroffen. Ich hatte ihn bestellt, um die Behandlung der weißen Pferde fortzusetzen«, erklärte Marie-Therese von Ratstätt.
»Dann gehe ich am besten zu ihm«, sagte Penny schnell. »Kann mich bitte jemand fahren?« Sie raffte ihre nasse Kleidung vom Boden zusammen.
»Das wird Guido übernehmen, und ich komme mit.«
Ohne sich von Nikolai zu verabschieden oder noch ein Wort an ihn zu richten, verließ Penny fluchtartig das Zimmer.
Sie lief den Gang hinunter. Hinter sich hörte sie die alte Gräfin.
»Man wartet gefälligst und rennt nicht einfach davon!«, schimpfte die Gräfin.
Penny verlangsamte ihre Schritte, drehte sich um und schaffte ein Lächeln.
»Verzeihung, das war unhöflich.«
Gräfin von Ratstätt nickte milde. Penny blieb kurz stehen, um sie dann zum Treppenhaus zu begleiten.
»Wer ist das Mädchen, das heute hier war?«, fragte Penny unvermittelt.
»Mädchen, welches Mädchen? Ich weiß nichts von einem Mädchen.«
Es klang ehrlich.
In der Halle kam ihnen Berta entgegen. Sie warf einen missbilligenden Blick auf Pennys Aufzug.
»Berta, haben Sie ein Mädchen im Schloss gesehen?«, wollte die Gräfin wissen.
Stumm deutete Berta auf Penny.
»Nein, ein jüngeres Mädchen. So elf Jahre ungefähr.« Penny beschrieb kurz Lottas Aussehen.
»Nein«, war Bertas knappe Antwort.
Die Gräfin und Penny verließen, gefolgt von Berta, das Schloss. Mit einigem Erstaunen sah Penny die Haushälterin auf ein altes schwarzes Fahrrad steigen. Berta trat fest in die Pedale und fuhr davon.
»Das hält sie in Schwung. Sie hat Kraft, unsere Berta, die gute alte Seele«, stellte die Gräfin zufrieden fest.
Ihr Sohn trat zu ihnen und startete den Wagen. Penny stieg ein, ohne sich noch einmal zu Nikolai umzudrehen. Sie wusste, dass er in der Tür stand, aber sie wollte und konnte ihn nicht ansehen.
Auf der Fahrt sagte Guido von Ratstätt: »Ist es wirklich nötig, dass der neue Tierarzt alle Pferde untersucht? Dadurch fallen hohe Kosten an, Mutter.«
»Die weißen Pferde von Ratstätt bestimmen über das Schicksal dieses Schlosses. Die Gesundheit der Pferde ist unser höchstes Gut. Das solltest du endlich verstanden haben, Guido!« Bitter fügte sie hinzu: »Ich müsste mittlerweile wissen, wie wenig Verständnis du für unser Erbe hast. Meine einzige
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