Sieben Pfoten für Penny - Jungs und andere Esel
ruckartige Bewegungen aber würden sie auf die Bedrohung aufmerksam machen. Nur absolute Ruhe konnte sie retten.
Die Verspannung im Körper von Kurt Sesch löste sich ein wenig, das Zittern ebbte ab. Er zwang sich dazu, langsam ein- und auszuatmen.
Noch immer lag die schwarze Mamba auf dem Bretterboden wie ein scheinbar harmloses eingerolltes, dickes Tau.
Wie sollte es weitergehen?
Aus Sekunden wurden Minuten. Weder Penny noch Kurt Sesch wagten auch nur die kleinste Bewegung. Die Panik niederzukämpfen und sich selbst daran zu hindern, loszurennen, war anstrengend wie ein Marathonlauf. Sie konnte nicht nur hier stehen bleiben. Sie mussten sich von der Mamba entfernen.
»Wie in Zeitlupe«, raunte Penny Herrn Sesch zu. »Wie in Zeitlupe.«
Er nickte sehr langsam.
Millimeter für Millimeter hoben Penny und er das hintere Bein und verlagerten das Gewicht nach vorne. Die Mamba ließen sie nicht aus den Augen, während sie die Füße bewegten. Der schwierigste Teil war das Aufsetzen, weil sie davor die meiste Angst hatten. Die Berührung mit dem Boden war beinahe schmerzhaft. Genauso führten sie den nächsten Schritt aus. Schließlich wurde der Abstand zwischen der Mamba und ihnen größer.
Der Schwanz der Schlange glitt über den Boden, und beide erstarrten, die Füße in der Luft. Einander stützend, hielten sie sich fest.
Der Kopf der Schlange blieb unbewegt. Trotzdem warteten Penny und Herr Sesch. Jede Sekunde erschien ihnen wie ein Jahr.
Die Mamba war wieder regungslos.
Sie schafften es, die Füße aufzusetzen und noch zwei weitere sehr langsame Schritte zu machen. Als sie aus dem direkten Gefahrenkreis entkommen waren, hielt sie nichts mehr zurück. Sie stürmten zur Tür, warfen sich dagegen und flüchteten in die Kühle hinaus. Mit aller Kraft schleuderte Herr Sesch die Tür hinter ihnen zu.
Eine Weile war nur das heftige Keuchen von Penny und ihm zu hören. Dann aber tat er etwas Unerwartetes.
Unfall im Regen
Herr Sesch brüllte los. Sein Schreien kam völlig überraschend, und im ersten Moment dachte Penny, es würde ihr gelten. Entschuldigend hob sie die Arme und wich zurück.
»Ich bin unschuldig!«, versicherte sie erschrocken, aber der Tierfilmer beruhigte sich nicht. Er gab die schlimmsten Flüche von sich, schob Penny zur Seite und raste wutentbrannt auf den Wohnwagen zu.
Die gute Nachricht war, dass er sich nicht über Penny aufregte. Die schlechte Nachricht, dass er auf seine Frau sauer war.
Noch immer stand Penny bei dem ehemaligen Schafstall und kontrollierte zur Sicherheit die Tür. Sie war verschlossen, und die Mamba konnte nicht aus dem Raum.
Von der Vorderseite des Wohnwagens kam ein heftiger Wortwechsel.
»Brüll mich nicht so an! Das lasse ich mir nicht bieten!«, schimpfte Frau Sesch.
»Das darf doch nicht wahr sein! Du hast das Mamba-Terrarium offen gelassen. Sag, hast du sie noch alle?«
»So sprichst du nicht mit mir«, drohte seine Frau, aber Herr Sesch beruhigte sich nicht.
»Was ist in dich gefahren? Vielleicht brauchst du einen Arzt. Ich halte das nicht mehr aus.«
»Ich auch nicht!«, giftete Frau Sesch zurück. »Dieser verdammte Wohnwagen geht mir auf die Nerven. Und diese Ställe ebenfalls. Du hast versprochen, ein Haus zu bauen. Wo ist es?«
»Darf ich dich erinnern, dass ein Haus Geld kostet und wir davon nicht gerade viel haben. Wer hat denn unbedingt ein zweites Auto kaufen müssen?«
»Meinst du, ich will hier festsitzen? In dieser Einöde?«
Frau Sesch kam mit großen Schritten angelaufen und steuerte auf den verrosteten VW zu.
Penny war es mehr als unangenehm, Zeugin dieses Streits zu sein. Sie überlegte, wie sie sich unbemerkt davonstehlen konnte. Ihr Fahrrad lag im Gras, unweit der geparkten Autos. Also musste sie an den Seschs vorbei. Ohne Fahrrad konnte sie nicht weg, und der Weg bis zur Bushaltestelle war weit.
Der VW Käfer wurde gestartet. Leiernd und jaulend ertönte der Anlasser. Erst nach dem vierten Versuch sprang der Wagen an.
»Wohin fährst du?« Herr Sesch riss die Fahrertür auf und versuchte, seine Frau wieder herauszuziehen.
»Nimm deine Finger von mir! Ich kann dich nicht mehr sehen.« Sie trat auf das Gaspedal. Zuerst lief Herr Sesch ein paar Schritte nebenher, dann blieb er stehen und machte eine wegwerfende Handbewegung.
Klappernd holperte der Wagen über den löchrigen Weg davon. Kurt Sesch verbarg das Gesicht in den Händen. Weinte er? Das wäre für Penny noch schlimmer gewesen. Sie fühlte sich unwohl. Voller Wut trat
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