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Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Titel: Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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uns eine würdige Schwester sein«, bestätigte Morgwen nickend. »Und deshalb sollst du erfahren, was der Plan des großen Abakus ist.«
    Dea spannte sich, als stünde sie vor einer schweren körperlichen Herausforderung. Sie konzentrierte sich so gut wie möglich, um sich alles ganz genau einzuprägen.
    »Hast du je von den Meistern des neuen Jahrtausends gehört?«, fragte Morgwen.
    Dea verneinte. »Sollte ich denn?«
    »Wohl kaum«, gestand die Hexe ihr zu. »Kaum jemand weiß, dass es sie gibt. Die Meister des neuen Jahrtausends existieren im Verborgenen. Sie sind die Erzähler der Welt. Sie entscheiden, was geschehen wird.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Morgwen forderte sie auf, auf den Steinstufen vor dem Podest Platz zu nehmen. Dea setzte sich, und die Hexe hockte sich neben sie wie eine große Schwester. Verflucht, es war so schwierig, in Morgwen das böse Weib zu sehen, das sie in Wirklichkeit war!
    »Die Meister des neuen Jahrtausends sind zu allererst Geschichtenerzähler. Du kennst doch Geschichtenerzähler, nicht wahr? Die alten Männer und Frauen, die auf Marktplätzen von Abenteuern in fremden Ländern berichten, von Helden und Prinzessinnen und Feuer speienden Drachen. Aber im Gegensatz zu diesen Geschichtenerzählern sind die Meister des neuen Jahrtausends zugleich auch Geschöpfe der Magie. Am Ende eines jeden Jahrtausends treffen sich die sieben Meister an einem verborgenen Ort zwischen den Welten und erzählen einander die Geschichten des folgenden Jahrtausends. Und genau so, wie sie es erzählen, wird alles eintreten.«
    »Wie bei Wahrsagern?«
    »Sie sind viel mehr als das. Ein Wahrsager berichtet nur, was er in der Zukunft beobachtet. Die Meister des neuen Jahrtausends aber bestimmen die Zukunft. Aus ihnen sprechen Wesen, die größer sind als wir oder gar der Gott der Christen. Was sie sagen, wird geschehen.«
    »Dann wissen sie jetzt schon, was in hundert Jahren sein wird?«, fragte Dea ungläubig. »Oder in fünfhundert?«
    »Im Augenblick berichten sie einander nur, was sie während der letzten tausend Jahre erlebt haben. Aber in zehn Monaten, zu Beginn des Jahres 1000, werden sie anfangen, sich ein Jahr lang die Zukunft zu erzählen. Und von da an wird alles feststehen, unabänderlich. Unser aller Schicksal entscheidet sich am Lagerfeuer der Meister.«
    »Und was hat das mit dem Arkanum zu tun?«
    Morgwen blickte sie durchdringend an. »Begreifst du nicht? Die Meister haben die Macht über die nächsten tausend Jahre, von heute bis zum Jahr 2000. Wer aber Macht über die Meister hat, der ist der Herr der Welt!«
    »Dann wollt ihr die Meister des neuen Jahrtausends in eure Gewalt bringen?«
    »Nein, Dea, wir wollen sie töten! Und dann die Geister, die in ihnen wohnen, in uns aufnehmen.«
    Morgwen lächelte voller Stolz, wie ein Kind, dem man ein besonders großes Geschenk gemacht hat.
    »Fortan werden wir es sein, die das Schicksal der Welt bestimmen – für alle künftigen Jahrtausende!«

Der Schatten der Zukunft
    Zehn Monde vergingen.
    Zehn Monde, die Dea in den Fängen des Arkanums verbrachte. Tag für Tag wurde sie von Morgwen und den anderen in den schwarzen Künsten unterwiesen, und mit jedem Tag und jeder Nacht wurde ihr Wissen um die Macht der Magie ein wenig größer und gefährlicher.
    Am Ende des Sommers gelang es ihr zum ersten Mal, einen von Morgwens Zaubern nicht nur nachzuahmen, sondern sogar zu übertreffen.
    Im Herbst verwandelte sie versehentlich einen der Hexenkater zu Stein, und als seine Besitzerin ihr vor Wut Blitze entgegenschleuderte, versetzte Dea ihr einen magischen Hieb, der die Frau drei Tage ans Bett fesselte. Die anderen lachten schadenfroh und freuten sich, dass ihre Schülerin solche Fortschritte machte.
    Zu Beginn des Winters schließlich spürte Dea erstmals, dass die anderen Hexen sie fürchteten – alle außer Morgwen, denn ihre Lehrerin war die stärkste der sechs Frauen, und in den meisten Belangen der Magie war sie Dea immer noch ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen.
    Ende Dezember nahm Morgwen ihre Schülerin beiseite. »Du bist jetzt eine Hexe des Arkanums«, sagte sie. »Du hast mehr Macht als unsere fünf Schwestern, und bald wirst du auch stärker sein als ich.«
    »Ich werde niemals eine größere Hexe sein als du«, widersprach Dea, und ihr wurde ganz übel dabei.
    »Doch, das wirst du, Dea.« Morgwen lächelte und sah dabei dennoch ein wenig traurig aus. »Die Zeit seit deiner Ankunft hier in der Festung hat gezeigt, dass mehr in dir

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